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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss
Autoren: Erich Kästner
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ihre Flugscheine und ihre
Fingerabdrücke. Die Pässe sind falsch. Das Flugziel war Madrid. Doch ich glaube
nicht, dass sie dort bleiben wollten.«
    »Aber
die Fingerabdrücke, die lassen sich nicht fälschen«, meinte Mäxchen. Er saß, in
der Mitte des Schreibtischs, auf der Kante des Aschenbechers und baumelte mit
den Beinen. »Fingerabdrücke sind immer echt.«
    »Stimmt
auffallend!«, bekräftigte Jakob Hurtig. »Jeder Mensch hat seine eignen. Nicht
einmal Zwillinge haben die gleichen. Und 30
    wer
früher schon mal im Gefängnis war, ist geliefert. Die Polizei vergleicht die
neuen Finger abdrücke mit denen von damals, und aus ist der Husten.«
    »Denkt
ihr, wir haben geschlafen?«, fragte der Kommissar.
    »Wir
haben kein Auge zugetan.« Er gähnte herzzerreißend. »Interpol in Paris,
Scotland Yard in London, FBI in Washington und das Bundeskriminalamt in Wiesbaden
wurden sofort verständigt.«
    Professor
Jokus von Pokus schien sich zu wundern. »Wozu die Umstände? Die zwei Strolche
haben Mäxchen geraubt und wollten ihn ins Ausland verschleppen. Dafür gehören
sie ins Zuchthaus, und an ihrer Verurteilung ist nicht zu zweifeln. Wie sie in
Wirklichkeit heißen und ob sie früher silberne Löffel oder goldene Uhren
gestohlen haben, spielt doch dabei überhaupt keine Rolle!«
    »Für
Sie nicht, aber für uns«, sagte Herr Steinbeiß nachsichtig.
    »Denn
erstens verschärfen Vorstrafen das bevorstehende Strafmaß. Und zweitens möchten
wir endlich dem sagenhaften Señor Lopez ans Leder. Der Kahle Otto hat dem
kleinen Mann sehr interessante Dinge erzählt. Vielleicht bringe auch ich ihn
ein bisschen zum Reden.«
    Mäxchen
erschrak. »Wollen Sie ihn foltern?«
    »Unsinn«,
knurrte Herr Steinbeiß.
    »Für
einen Räuber hat er sich nämlich ganz nett zu mir benommen. Er ist mehr dumm
als böse.«
    »Auch
die Dummen sind gefährlich«, stellte der Kommissar fest.
    In
diesem Moment kippte Mäxchen hintenüber und fiel mitten in den Aschenbecher.
Als er sich wieder hochgerappelt hatte, sah er ziemlich unschön aus und musste
niesen.

    Der
Jokus angelte den Dreckspatz mit spitzen Fingern aus der Zigarrenasche, putzte
ihn, so gut es ging, sauber und erklärte:
    »Aschenbecher
sind kein Aufenthalt für Nichtraucher. Merk dir das!«
     
    Im
Warteraum vorm Zimmer des Kommissars standen zwei braune Holzbänke. Auf der
einen Bank saß, zwischen zwei Wachtmeistern in Uniform, der Kahle Otto. Und auf
der anderen Bank saß Bernhard. Auch zwischen zwei Wachtmeistern.
    »Dämliche
Warterei«, brummte Otto. »Man sitzt rum wie beim Zahnarzt.«
    Bernhard
sah ihn drohend an. »Aber beim Zahnarzt muss man den Mund weit aufmachen. Bei
der Polizei hingegen…«
    »Ruhe!«,
rief ein Wachtmeister ärgerlich.
    »Sie
sollen den Mund halten!«, befahl ein andrer.
    »Da
hörst du’s«, sagte Bernhard und lächelte hinterhältig. »Sogar die Polizei
verlangt, dass du die Schnauze hältst.«
    »Das
gilt auch für Sie!«, rief der dritte Wachtmeister aufgebracht. »Und nun kein
Wort mehr!«
    »Einverstanden«,
gab Bernhard zur Antwort.
    »Einverstanden«,
wiederholte der Kahle Otto und blickte ängstlich zu Bernhard hinüber. Dann
schwiegen alle sechs und warteten weiter.
    Zuerst
wurde Bernhard geholt. Er nahm dem Kommissar gegen
    über
Platz, schlug ein Bein übers andere und musterte die Besucher flüchtig. Auch
dem kleinen Mann, der jetzt auf einer angebrochenen Zigarettenschachtel hockte,
schenkte er keine besondere Aufmerksamkeit. Er blickte sich seelenruhig in dem
hässlichen Büro um und sagte: »Schön haben Sie’s hier.«
    Der
Schüler Hurtig kicherte. Der Kommissar hatte heute keinen Sinn für Humor. Er
war zu müde. »Lassen Sie die Witze! Sie und Ihr Kumpan haben den minderjährigen
Artisten Max Pichelsteiner aus einem Berliner Hotel entführt, in der Wohnung
eines leer stehenden Hauses gefangen gehalten und wollten mit ihm ins Ausland
fliehen.«
    »Schon
jetzt darf ich einiges richtig stellen«, erklärte Bernhard.
    »Den
minderjährigen Artisten Max Pichelsteiner habe ich, als Kellner verkleidet,
ohne Ottos Mithilfe entführt. Und dass wir ihn ins Ausland mitnehmen wollten,
ist eine unbewiesene und unbeweisbare Behauptung Ihrerseits.«
    »Sie
wollten ihn also nicht nach Südamerika verschleppen?«
    »Das
hätte mir gerade noch gefehlt! Dieses kleine brüllende Ungeheuer?« Bernhard
schüttelte sich vor Abscheu. »Bis nach Südamerika? Warum? Das kenne ich nur aus
dem Schulatlas.«
    Mäxchen
sprang auf und drohte ihm mit den
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