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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss
Autoren: Erich Kästner
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will sie beide. In spätestens einer Minute will sie auch noch die Füße.«
    »Selbstverständlich
halte ich auch um seine Füße an«, sagte Rosa und machte einen zweiten Knicks.
»Ferner um seine Kniekehlen, Schlüsselbeine und Bandscheiben…«
    »Sie
will mich an die Anatomie verkaufen«, rief der Professor.
    Rosa
Marzipan knickste in einem fort und zählte dabei weiter auf. »Auch bitte ich um
seinen Schnurrbart, seine Augenbrauen, Ohrläppchen und Sorgenfalten. Ich werde
ihm eine gute Frau sein, und wenn seine Schädeldecke eines Tages zu dünn werden
sollte, häkle ich ihm eine neue.« Damit versank sie in einem abgrundtiefen
Knicks und erhob sich erst, als Mäxchen es gnädig erlaubte.
    »Sie
haben«, erklärte er salbungsvoll, »um seine Hand und alles Übrige angehalten.
Das genügt, und jetzt ist alles in Butter.
    Miss
Emily Simpson aus Alaska schließt sich meinem Jawort von Ja bis Z an.«
    »Besten
Dank, Exzellenz«, flüsterte Rosa.
    »Jubeln
Sie nicht zu früh«, warnte Mäxchen. »Unser Jawort hängt von zweierlei ab.«
    »Ich
habe geahnt, dass etwas dahinter steckt«, seufzte der Jokus. »Also? Heraus mit
der Sprache.«
    »Ihr
müsst einen richtigen Polterabend machen. Mit Blindekuh und Knallbonbons und
anderem Unsinn. Ja?«
    »Genehmigt.
Und zweitens?«
    »Der
Polterabend soll am Faschingsdienstag stattfinden. Mielchen hat beides noch nie
erlebt. Und wenn man beides am gleichen Tage feiert, wird es billiger. Mielchen
will für sich und mich rote Pappnasen machen. Das kann sehr lustig werden.«
    »Davon
bin ich überzeugt«, meinte der Jokus. »Nur an eines habt ihr nicht gedacht. Ihr
seid zwar ein geriebenes Pärchen, aber ihr habt vergessen, welcher Tag auf den
Faschingsdienstag folgt.«
    »Wieso?
Der nächste Tag ist der Aschermittwoch. Und?«
    »Und
an einem so traurigen Tage sollen wir heiraten?«, fragte Rosa.
    »Das
ist ein sehr praktischer Tag«, erklärte Mäxchen. »Da ist das Standesamt nicht
so überfüllt.«
     
    Der
Polterabend am Faschingsdienstag wurde ein großer Erfolg.
    Dazu
trugen nicht nur Mäxchen und Mielchen mit ihren karminroten Pappnasen bei,
sondern auch die Brautleute und, nicht zuletzt, die Trauzeugen, die pünktlich
eingetroffen waren: Mister John F. Drinkwater und Zirkusdirektor Brausewetter.
Auch den Kriminalkommissar Steinbeiß hatte man eingeladen, aber er musste in
Berlin einen Banküberfall aufklären. Das ging vor.
    Weil
Fasching war, hatten sich alle verkleidet. Mrs. Simpson zum Beispiel erschien
als Eskimomädchen, Mister Drinkwater als algerischer Seeräuber, Rosa Marzipan
als dressierter weißer Pudel – aber den ersten Preis erhielt dann doch, noch
dazu einstimmig, Direktor Brausewetter. »Mich wird keiner erkennen«, hatte er
schon am Nachmittag verkündet, und er behielt Recht. Denn er kam abends völlig
ohne Handschuhe!
    Da
riefen alle: »Das kann unmöglich unser lieber Brausewetter sein«, und damit
hatte er gewonnen. Als Preis wurde ihm vom Jokus ein Paar eiserner Handschuhe
aus der Ritterzeit überreicht, und er war selig. Eiserne Handschuhe besaß er
noch nicht.
     
    Weil
nicht nur Faschingsdienstag, sondern gleichzeitig Polterabend war, wurde
selbstverständlich auch mächtig gepoltert. Vor allem beim Topf schlagen.
    Es
ist gar nicht so einfach, mit einem Stock einen Topf zu treffen, wenn man die
Augen verbunden hat, und es wurde viel danebengehauen. Mister Drinkwater schlug
versehentlich so sehr daneben, dass er, statt des Topfes, Direktor
Brausewetters Zylinder traf!

    Na,
der arme Brausewetter sah ziemlich merkwürdig aus, mit dem Zylinder bis über
die Nase! Und es dauerte fünf Minuten, bis man ihn befreit hatte.
    Mäxchen
rief: »Sie sahen aus wie der Schwarze Prinz!«
    »Hauptsache,
dass es dir gefallen hat«, sagte Direktor Brausewetter und massierte sich die
Ohren.
    Anschließend
gab es heiße Würstchen aus Breganzona. König Bileam hatte zwanzig Dosen
geschickt. In jeder Dose steckten sechs Paar. Und so blieben schließlich, trotz
heißem Bemühen, elf Dosen übrig.
    »Für
unsere silberne Hochzeit«, sagte Rosa zum Jokus.
    Am
Aschermittwoch fuhren alle miteinander nach Lugano hinunter. Zum Standesamt.
Mäxchen hatte Recht gehabt: Das Rathaus war so leer, dass sich der Beamte
geradezu freute, als er Besuch bekam.
    Er
prüfte die Papiere. Das Brautpaar und die Zeugen schrieben ihre Namen. Mäxchen
und Mielchen durften neben dem Tintenfass sitzen. Der Beamte hielt eine schwungvolle
italienische An-sprache und schüttelte allen die Hand,
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