Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Killer im Lorbeer

Der Killer im Lorbeer

Titel: Der Killer im Lorbeer
Autoren: Arthur Escroyne
Vom Netzwerk:
rief sie ihre Freundin an. Sie warnte Emily, dass sie nicht länger schweigen kann.« Rosy springt vom Hocker.
    »Wo willst du hin?«
    »Zu Gaunt.«
    »Ins Gefängnis?«
    »In sein Haus.«
    »Der Durchsuchungsbefehl ist auf morgen ausgestellt.«
    »Und wenn schon. Ich kläre diesen Fall – jetzt! Wenn nötig, hole ich die ganze Mordkommission aus dem Bett.« Sie hält inne. »Entschuldige, Ralph. Geh nach Hause. Du brauchst wirklich Ruhe.«
    Ralph ist die Diskussion darüber leid, was er tun oder lassen soll. Er wirft zwei Geldscheine auf den Tresen und folgt der Kommissarin.

E in akkurates Haus. Sitzgarnitur und Fernsehecke, zwei Sessel vor dem offenen Kamin. Gardinen und Vorhänge, heimelige Tischlampen, anspruchslose Topfpflanzen. Ein offener Durchgang ins Esszimmer. Mrs Gaunts Stock hängt über der Lehne. In der Vitrine das gute Geschirr. Obwohl Mrs Gaunt im Krankenhaus ist, wirkt alles sehr ordentlich.
    Sie stehen da und wissen nicht, was sie suchen. Rosy öffnet die Lederjacke. »Ob er das Kaliumchlorid im Haus versteckt?«
    »Deshalb bist du hier?«
    Sie wirft Ralph ein Paar Latexhandschuhe zu. »Du gehst ins Bad, ich in den Keller.«
    Missmutig mustert er die Gummidinger. »Wenn du das Haus durchsuchen willst, wieso haben wir nicht Onkel und Neffen mitgebracht und das Team?«
    »Wir brauchen Ideen.«
    Ralph zuckt mit den Achseln und schlurft ins Bad.
    Minuten später treffen sie sich wieder. Die Ausbeute ist mager. Ralph hat ein paar Medikamente, Rosy ein Pflanzenschutzmittel.
    »Dachtest du, Gaunt lässt die Beweise offen rumliegen?« Ralph setzt sich an den Esstisch. Es ist der Platz des Hausherrn.
    Rosy nimmt auf Emilys Stuhl Platz. »Hier haben sie gesessen, Tag für Tag, jahrelang. Er hat ihr Kaffee serviert, Limonade, warme Milch.«
    »Und Milchreis.«
    »Manchmal war etwas von dem Zeug in Emilys Mahlzeit, eine kleine Dosis, mehr nicht. Der Mann sah zu, wie das Gift seine Frau nach und nach zerstörte.«
    Der Stock in ihrem Rücken stört Rosy. Sie nimmt ihn in die Hand.
    »Welch eine Kälte ist nötig, so etwas monatelang durchzuziehen, was für eine Herzlosigkeit? Du vernichtest ein Menschenleben, ganz bewusst. Kein Mitleid, keine Reue, Gaunt machte immer weiter.« Sie betrachtet den silbernen Knauf. »Eines Tages konnte seine Frau nicht mehr richtig laufen, hatte Gleichgewichtsprobleme, sie ging am Stock. Sie machte sich Vorwürfe, dass sie ihrem wunderbaren Edward zur Last fällt. Sie muss es gehasst haben, auf dieses Ding angewiesen zu sein.« Hart pocht Rosy auf den Boden.
    »Und sie hält auch jetzt noch zu ihm. Wenn das unter bedingungslose Liebe läuft, kann ich darauf verzichten.«
    Rosy dreht den schwarz lackierten Holzstab zwischen den Fingern. »Der Stock ihres Vaters. Der Mann, der Emily vorwarf, dass sie sich für Edward aufgibt. Sie wäre gern gereist, wollte Archäologie studieren. Für die Ehe mit Edward hat sie sich alles versagt.«
    »Und jetzt gibt sie sich wieder auf«, sagt Ralph, »durch ihr Schweigen.«
    Sie starren in das stille Haus.
    »Nein.« Mit einem Ruck kommt Rosy hoch. »Das lasse ich nicht zu.« Sie packt den Stock mit beiden Händen. »Wir hindern sie daran. Wie spät ist es?«
    »Gleich halb neun.« Einäugig beobachtet er, wie Rosemary zum Telefon greift.
    Es ist Nacht. Belebte Stille herrscht in dem großen Betrieb, der Menschen heilen, ihr Leid erträglich machen soll. Da sind die langen Korridore in den unterschiedlichen Farben, die Haltegriffe, die Hinweisschilder, die Behindertentoiletten.
    Durch den lindgrünen Korridor bewegen sich die Polizisten auf das Zimmer zu, in dem sie die Wahrheit erwarten. Man wird sie ihnen nicht freiwillig sagen, erst muss ein Damm brechen, ein Relais fallen. Vor dem Zimmer bleiben sie stehen. Rosy betrachtet den kahlen Schädel vor sich. Einem pickenden Vogelkopf ähnlich, hebt und senkt er sich. Sie gibt Ralph ein Zeichen. Er tritt als Erster ein.
    Neigt Rosemary zu drastischen Ermittlungsmethoden? Geht sie zu weit? Strapaziert sie ihren Einfluss als ranghohe Polizeibeamtin? Trotz der späten Stunde hat sie mit dem Chefarzt der Pflegeeinrichtung gesprochen, in der Emilys Vater untergebracht ist. Ein gutes Heim, ein teures, das dem alten Mann einen würdigen Lebensausklang bietet. Der Leiter stimmte Rosys Bitte unter der Auflage zu, dass der alte Mann vor 23.00 Uhr zurück sein muss.
    Emily Gaunt liegt im Bett und starrt zum TV-Gerät, dessen Bilder lautlos zucken. Zwei Finger ihrer linken Hand schaben am Daumen der rechten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher