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Der Killer im Lorbeer

Der Killer im Lorbeer

Titel: Der Killer im Lorbeer
Autoren: Arthur Escroyne
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dabei?«
    »Nein.« Mrs Gaunt schaut aus dem Fenster. »Harriet sagte, ich solle sie in Ruhe lassen. Niemand könne Edward retten. Sie lief die Treppe hoch. Ihre Absätze klapperten auf den Stufen.«
    Rosy tritt hinter Mrs Gaunt. »Ohne Stock sind Sie ihr nachgelaufen?«
    »Ich war wütend auf die verdammte Kindergärtnerin, die ihren Mund nicht halten kann. Diese Treppe kann mich nicht hindern, meinen Mann zu retten, dachte ich, und hatte die Kraft dazu.«
    »Was wollten Sie tun, wenn Sie oben sein würden?«
    »Stufe um Stufe. Weiter dachte ich nicht. Harriet war langsamer als erwartet. Ich hörte sie keuchen.«
    Im spiegelnden Fenster sehen die Frauen einander an. Zwischen ihnen bewegt sich der Baum im Wind.
    »Wie ist es passiert?«
    »Harriet war außer sich, erschöpft, wütend, weil ich sie nicht in Ruhe ließ. Sie hatte ein Blatt Papier in der Hand. Sie will eine anonyme Anzeige machen, dachte ich. Will den Zettel unter der Tür durchschieben und verschwinden. Gib das her, sagte ich. Sie schrie mich an. Schrie so laut, dass ich fürchtete, gleich würde das Tor über uns aufgehen. Ich packte ihre Hand mit dem Blatt. Sie ließ nicht los, das Papier zerriss. Ein Teil blieb in meiner Hand. Harriet stolperte rückwärts und fiel in einen Strauch. Ich wollte ihr aufhelfen. Sie stieß mich weg. Um ein Haar wäre ich selbst gestürzt. Da gab ich ihr einen Stoß. Nicht brutal, nicht besonders hart. Aber Harriet trug hohe Schuhe. Einen Augenblick ruderte sie mit den Armen, dann ist sie gefallen.«
    Die Gesichter der Frauen verschmelzen im Fensterglas.
    »Ich hätte ihre Hand packen können, es wenigstens versuchen. In diesem Moment war Edwards Bild vor mir. Ich wollte ihn retten. Ich habe die Hand meiner Freundin nicht ergriffen. Es dauerte schrecklich lange, bis ihr Sturz endete. Bis sie unten aufschlug. Sie rührte sich nicht mehr.«
    Aus der Ferne nähert sich ein Martinshorn. Blaulicht zuckt durch die Straße. In der Nähe der Klinik wird die Sirene abgestellt.
    Rosy betrachtet Emily in der Scheibe. »Danke, Mrs Gaunt.«
    Plötzlich ist ein Röcheln zu hören. Beide drehen sich um. Der alte Mann ist aufgewacht. Als sähe er die Welt zum ersten Mal, schaut er sich um. Seine Augen sind blank. Er mustert die Frau im Morgenmantel.
    »Emily?«, sagt er mit klarer Stimme. »Kommst du zum Mittagessen?«
    Mrs Gaunt geht auf ihn zu und küsst das freundliche Gesicht. »Gut siehst du aus, Papa. Warst wohl viel in der Sonne in letzter Zeit?«
    »Das ist die Rentnerbräune. Man kennt das ja.« Er lacht.
    »Ich bringe Sie jetzt nach Hause, Sir«, sagt Rosy.
    Mrs Gaunt ist einverstanden. »Auf Wiedersehen, Papa. Ich besuche dich bald.«
    Der kahle Kopf wippt auf und ab. Rosy dreht den Rollstuhl um. Ralph öffnet die Tür.
    »Eines noch«, fragt sie über die Schulter. »Was stand auf dem Zettel?«
    »Nichts von Bedeutung.« Mrs Gaunt zieht den Gürtel enger. »Nur die Adresse von Schloss Sutherly.«
    Die Polizisten bringen den alten Mann hinaus.

Z wei Tage später wird die Leiche von Gwendolyn Perry freigegeben. Auf Bitte ihrer Mutter überführt man den Sarg nach Birmingham. Dort wird er an einem Aprilmorgen beigesetzt. Es kommen nur wenige Menschen zu ihrer Beerdigung. Gwendolyn besaß nicht viele Freunde. Einen blinden jungen Mann hat man an ihrem Grab weinen sehen.
    Inspector Daybell bringt einen Campinghocker in den Garten und etwas zu trinken. Rosy verbringt ihren ersten freien Tag damit, mir beim Massenmord zu helfen. Wir sitzen im Sonnenschein und pulen den Lorbeerkiller von den Blättern. Zwischen uns steht ein Behälter mit Schwefelsäure. Wir werfen hinein, was uns in die Hände fällt.
    »Hm, war das fein«, sagt Rosemary.
    »Diesmal sind sie besonders gut gelungen.« Ich streife Wachs an meiner Schürze ab. »Vielleicht weil ich den Waffelteig so lange im Kühlschrank hatte. Muss ich mir merken.«
    »Ich könnte gleich noch was davon vertragen.« Sie wischt sich über die Stirn.
    »Kein Problem. Ich mache noch eine Ladung. Zu Mittag, vielleicht mit pikanter Füllung?«
    Rosy zeigt über den Lorbeergarten. »Ich bin froh, dass du sie nicht gefällt hast.«
    Ich betrachte ihr konzentriertes Gesicht. »Die vielen Läuseleichen – ist dir das nicht zu eklig?«
    »Ich habe in meiner Laufbahn schon ekligere Leichen gesehen. Allerdings nicht in solchen Mengen.« Sie strahlt. »Mit dir im Garten zu sitzen macht mich glücklich.«
    Ein Moment, von denen es so wenige gibt. Die Kommissarin hat den Fall der
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