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Der Khmer-Job

Der Khmer-Job

Titel: Der Khmer-Job
Autoren: Barry Eisler
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Bürgersteige von Kratern übersät waren wie nach einem Bombenangriff. Es gab einzelne Neubauanlagen – Hotels und Bürogebäude und dergleichen –, aber das schien den prekären Zustand von allem anderen nur noch zu betonen. Die Familien mussten sparen und fuhren zu dritt und manchmal sogar zu viert gleichzeitig auf den allgegenwärtigen Motorrollern herum, überall gab es Bettler und Nahrungsmittel waren anscheinend so knapp, dass man nirgendwo einen übergewichtigen Khmer sah. Und trotz allem summte der Ort von Optimismus und Hoffnung. Die Kambodschaner waren jahrhundertelang unterdrückt und geknechtet worden, von den Vietnamesen, den Franzosen und vor allem den einheimischen Roten Khmer – doch egal, wie viele Schläge ihnen das Leben versetzte, sie standen immer wieder auf. Sie eilten zur Arbeit, gingen mit ihren Kindern an der Uferpromenade spazieren und hörten nie auf zu lächeln. Irgendwo hatte Dox einmal gelesen, dass wilde Tiere unfähig zu Selbstmitleid waren, egal wie schlimm es kam, und das schien auch auf Kambodscha zuzutreffen. Mit Sicherheit beschrieb es Chantrea.
    Gant tauchte um Punkt zwölf auf wie ein Anfänger. Entweder sein taktisches Gespür war nicht besonders ausgeprägt oder er machte sich keine großen Sorgen. Schwer zu beurteilen bei jemandem, den man nicht kannte. Der Mann war in jeder Hinsicht unauffällig: ein Weißer mit schütter werdendem, sauber geschnittenem, braunen Haar, durchschnittlicher Größe und Statur; gebügeltes Hemd, Kakihose, Leinenschuhe, teure Sonnenbrille und eine Kamera um den Hals. Dox sah genauer hin und erkannte, dass es sich um eine ältere, digitale Olympus handelte, das vereinbarte Signal.
    Dox stand auf, während der Mann näherkam – natürlich auch aus Höflichkeit, aber vor allem, weil er lieber beweglich war,wenn er einem Fremden wie diesem gegenübertrat. Gants Hände waren leer und sein Hemd steckte im Hosenbund, aber Dox kannte eine Menge Möglichkeiten, wo ein Mann sonst noch eine Waffe verstecken konnte.
    »Das hier ist nicht etwa Wat Phnom, oder?«, fragte der Mann und nannte damit das Codewort, das man Dox gegeben hatte. »Nein, dahin müssten sie schon ein Tuk-Tuk nehmen«, erwiderte Dox. Die zweite Hälfte der vereinbarten Parole.
    Der Mann streckte die Hand aus. »Dox?«
    Dox schlug ein und registrierte einen mäßig festen Händedruck, der ihm wenig über den Mann mitteilte. »Und Sie sind …?«
    Der Mann lächelte, anscheinend amüsiert über die zusätzliche Vorsichtsmaßnahme. »Gant«, erwiderte er. »Wollen wir uns nicht setzen?«
    Das taten sie. Dox behielt seinen taktisch vorteilhaften Sitzplatz bei und Gant erhob keine Einwände dagegen, seinen Rücken exponieren zu müssen. Abermals staunte Dox über die Zuversicht des Mannes. Wer immer der Typ war, er musste schon über außergewöhnliche Verbindungen verfügen, wenn er sich benahm, als wäre er unverwundbar.
    »Amüsieren Sie sich gut in Phnom Penh?«, erkundigte sich Gant im Plauderton.
    Dox konnte den Akzent schwer einordnen. Amerikaner, aber nicht aus Texas oder sonst wo aus dem Süden, wo Dox aufgewachsen war. Abgesehen davon konnte er von überall herstammen.
    »Klar, gefällt mir hier. Und Sie?«
    Gant wedelte ein Insekt fort. »Ich hasse diese Dreckslöcher in der Dritten Welt. Ich hoffe immer, dass es mal in London Probleme gibt, oder an der Côte d’Azur. Irgendwo, wo einen das Leitungswasser nicht gleich umbringt und sie einen anständigen Martini mixen.«
    Dox wusste einen anständigen Martini durchaus zu schätzen, aber der Typ klang wie ein Vollarsch. »Tja, man muss Prioritäten setzen«, meinte er unverbindlich.
    Gant zog die Augenbrauen hoch. »Und Sie?«
    »Was, ich?«
    »Ihre Prioritäten.«
    »Ach, ich weiß nicht. Hauptsache, die Weiber sind billig und willig.«
    Gant lächelte. »Anspruchslos.«
    Dox erwiderte das Lächeln. »So sagt man.« Er hätte hinzufügen können: Das lasse ich die Leute gerne glauben.
    »Ich denke, in Phnom Penh wird es Ihnen nicht schwerfallen, willige Frauen zu finden. Was die Bezahlung angeht: Sie haben den Vorschuss erhalten?«
    Dox nickte. »Zwanzig Prozent plus Spesen.«
    »Gut. Dann unterhalten wir uns darüber, wie Sie sich den Rest verdienen können. Was brauchen Sie von mir?«
    »Tja, wenn Sie keinen USB-Stick oder so etwas dabei haben, nehme ich an, Sie haben die Datei auf die sichere Website hochgeladen.«
    »Ich glaube nicht, dass Sie eine Datei brauchen werden.«
    »Wie soll ich die Zielperson dann finden?«
    »Ich
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