Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
losrannte.
    Sie lief mitten auf der unbeleuchteten Straße und drückte das Baby an ihre Brust, während ihre langen Beine pumpten und die Turnschuhe so leise über den Asphalt federten, als würde sie fliegen. Ihr Atem wurde zu einem lauten Keuchen, und das Herz hämmerte in ihrer Brust.
    Sie blickte über ihre Schulter und sah Amara im Scheinwerferlicht.
    Die Mumie war aufgestanden und folgte ihr.
    Sie rannte auf seltsame Weise, die Arme flatterten durch die Luft, das lange Haar wehte hinter ihr.
    In blinder Raserei.
    Mit ungeheurer Schnelligkeit.
    Mit grausamen Absichten.
    Susan spürte, wie sich ein Schrei aus ihrer Brust löste. Sie hörte, wie er sich mit Geoffreys Heulen vermischte.
Der hysterische Lärm steigerte ihre Panik noch mehr.
    Sie biss die Zähne zusammen, und der Schrei riss ab.
    Als sie sich umsah, bemerkte sie, dass die schreckliche Kreatur aufholte.
    »O Gott!«, keuchte sie. »Großer Gott …«
    Sie versuchte, schneller zu laufen. Ihre Beine fühlten sich an, als wären sie aus Stein. Sie schienen sich zu verkrampfen und die Schrittlänge zu verkürzen.
    Beweg dich …
    Ihre Füße wurden immer schwerer.
    Als würden die Sohlen ihrer Turnschuhe auf dem Asphalt festkleben. Jeder Schritt wurde zur Qual. Schmerz schoss durch ihre Waden- und Oberschenkelmuskeln. Ihr Herz raste. Sie wollte erneut einen Schrei ausstoßen, doch es war nicht mehr genug Luft in ihrer Lunge.
    Hinter ihr hörte sie die Mumie näher kommen. Sie keuchte nicht. Sie atmete überhaupt nicht. Die einzigen Geräusche waren das schnelle Rascheln ihrer Füße auf dem Pflaster und das leise Knistern, als statische Energie in ihrem Haar Funken schlug wie ein Hexenfeuer.
    Schmerz durchfuhr ihre Schulter. Sie hörte das Reißen von Kleidung. Spürte ein Ziehen. Sie wirbelte herum und schlug mit dem Arm nach dem Stoffstreifen, der von ihrem Rücken hing. Die Mumie hielt fest, doch der Stoff zeriss.
    Plötzlich frei taumelte Susan zur Seite.
    Amara stand reglos mit dem Stück Stoff in der Hand da, als wäre sie verwirrt.
    Susan legte Geoffrey auf den staubigen Standstreifen. Sie tat einen Schritt zurück und warf ihm einen
kurzen Blick zu; seine Augen leuchteten hell in der Dunkelheit. Dann drehte sie sich um und trat Amara gegenüber.
    Der Stoffstreifen hing von der dunklen Klaue der Mumie herab. Ein Windstoß erfasste ihn und wehte ihn gegen ihr knochiges Bein, ehe er die Straße entlangflatterte.
    Mit dem Unterarm wischte sich Susan den Schweiß aus den Augen. Sie rang um Atem.
    Die Mumie torkelte zur Seite, als wollte sie um Susan herumgehen. Ihr Haar wiegte sich im Wind.
    Susan ging ebenfalls einen Schritt zur Seite und schnitt der Kreatur den Weg ab. Sie strich sich mit dem Handrücken über die Oberlippe.
    Die Mumie trat zur anderen Seite.
    Susan ebenfalls.
    Amara öffnete langsam den Mund, zog die Lippen zurück wie ein knurrender Hund und zeigte ihre zerschossenen Zahnstümpfe.
    Mit einem wütenden Aufschrei griff Susan an. Sie warf sich gegen den Bauch der Kreatur und stieß sie zurück. Es fühlte sich an, als würde sie mit einer Puppe aus Pappmaché ringen. Die Mumie klappte über ihr zusammen und kratzte mit den Fingernägeln über ihren Rücken.
    Amara schlug mit dem Hinterkopf auf das Pflaster.
    Wild keuchend umklammerte Susan ihre Kehle. Durch den offenen Mund und die Schusslöcher in ihrem Hinterkopf sah sie den Asphalt.
    Ihre Daumen bohrten sich durch die spröden Knochen der Luftröhre; ein Gefühl, als würde sie ungekochte Spaghetti zerbrechen.

    Aber keine Wirkung. Wie auch? Das Ding hat nicht mal eine Lunge.
    Keine Lunge, kein Gehirn, kein Herz, kein Blut.
    Und trotzdem versuchte sie, es zu töten.
    Sie musste es töten. Es wollte Geoffrey.
    Die Klauen zerkratzten die Seite ihres Gesichts, rissen vorn einen Streifen aus ihrer Bluse, zogen Furchen von ihren Brüsten bis zu den Rippen.
    Wenn sie nur den Kopf der Kreatur unten halten konnte, damit die zerbrochenen Zähne sie nicht erwischten … aber der Schmerz betäubte sie. Je stärker sie blutete, desto schwächer wurde sie.
    Und das Ding war unglaublich stark.
    Eine gekrümmte Hand schoss in ihr Gesicht. Sie drehte schnell den Kopf. Die Finger verfehlten ihr Auge und bohrten sich stattdessen in die Wange. Die andere Hand schlug gegen ihre Schläfe und raubte ihr fast das Bewusstsein.
    Susan fiel neben der Kreatur auf den Boden. Sie spürte, wie das Ding sich bewegte.
    Es schien die Mumie nicht anzustrengen, als hätte sie bisher nur mit ihr gespielt. Mit einer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher