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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf
Autoren: Adam Frank
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König von Britannien und Kurfürst von Hannover – neben allen anderen Titeln –, verhandeln sollte, ein Professor der Universität Göttingen mit seiner Frau und der junge Heißsporn.
    Seine Eltern hatten ihn dem Kapitän für die Überfahrt besonders ans Herz gelegt. In London sollte ihn sein Onkel abholen, Stadtrat und Schiffsausrüster aus Portsmouth. Der Junge hieß David Winter, war der Sohn eines Arztes aus Stade und einer gebürtigen Engländerin, deren Schwester den Stadtrat aus Portsmouth geheiratet hatte.
    David, einziger Sohn seiner Eltern, sollte ein halbes Jahr bei den englischen Verwandten leben, da sein Vater zu Vorträgen an die Universitäten in Prag und München eingeladen war und dort seinerseits neue Methoden bei der Heilung von Knochenbrüchen studieren wollte.
    Davids Vater, Absolvent der medizinischen Fakultäten in Edinburgh und Göttingen, wollte diese für ihn so ehrenvolle Reise nicht ohne seine Frau antreten, und so war für David der Aufenthalt bei Onkel und Tante, Vetter und Base arrangiert worden, ein Abenteuer allzumal, aber er würde es sicherlich gut haben, Erfahrungen sammeln und seine englischen Sprachkenntnisse verbessern, wie sich seine anfangs doch recht besorgte Mutter getröstet hatte.
    David wirkte auch nicht so, als ob ihn jeder Windhauch umblasen würde. Für sein Alter mittelgroß, war er gewandt und kräftig, hatte eine schnelle Auffassungsgabe und drückte mitunter seine Meinung etwas sehr direkt aus, was ihm nicht nur Freunde einbrachte.
    Eben war seine helle Stimme schon wieder vom Niedergang her zu hören. Vor ihm tauchten jedoch der Professor und seine Frau auf und wurden vom Kapitän freundlich und respektvoll begrüßt.
    »Wir haben Purfleet, ein kleines Fischerdorf, Steuerbord querab, Frau Professor, und laufen in den nördlichen Themsebogen ein«, erklärte der Kapitän. »Halfway Reach liegt Steuerbord voraus.«
    »Sehr einladend bietet sich uns England aber nicht gerade dar«, sagte die Angesprochene gleichermaßen zu ihrem Mann und dem Kapitän. »Die Ufer sehen so eintönig aus. Wenn nicht die weißen und braunen Segel, die Möwen und Reiher den Fluß belebten, könnte man direkt melancholisch werden.«
    »Das ist meist Marsch- und Sumpfland«, ließ sich von hinten der Baß des dicken Lübecker Wollhändlers vernehmen. »Das wird auch kaum besser bis London. Und von der Stadt ist über die Hälfte auch nicht des Hinsehens wert, wenn Sie mich fragen. Dreckige Gaunerviertel allzumeist.«
    Andere Passagiere, eben hinzugetreten, widersprachen, und im Nu war eine lebhafte Unterhaltung über die Vor- und Nachteile dieser Riesenstadt im Gange.
    »Herr Kapitän!« übertönte alle wieder Davids helle Stimme. »Sehen Sie doch nur, da vorn die vielen Segel und ganz vorn, das sind ja Riesenschiffe.«
    Alle schauten voraus, und einige beugten sich über die Reling, um besser zu sehen.
    »Das sind die Schiffe, die mit Beginn der Ebbe aus dem Londoner Hafen ausgelaufen sind. Vorn sind zwei Ostindiensegler, die haben ihre 1.200 bis 1.300 Tonnen«, informierte der Kapitän und ließ sich das Fernrohr geben. »Hab' ich's mir doch gedacht! Voraus segelt die Northington , ein feines Schiff. Ich kenne ihren Kapitän aus der Zeit, als wir beide Maate waren. Er ist jetzt etwa sechs Monate unterwegs bis Bombay und sieht England frühestens in zwölf Monaten wieder, wenn überhaupt.«
    Als einige fragten, was einen dazu bringen könne, so gefährliche und lange Reisen zu unternehmen, wies der Kapitän auf den Reiz der Fremde und vor allem auch auf die verführerischen Gewinnaussichten hin.
    »Mein Freund kriegt nicht nur sein gutes Gehalt. Er ist auch nebenbei Kaufmann. Bis zu fünfundzwanzig Tonnen Frachtraum auf der Ausreise und fünfzehn Tonnen auf der Heimreise können Offiziere und Mannschaften der Ostindischen Gesellschaft an eigenen Waren frei transportieren und auf eigene Rechnung verkaufen. Und der Kapitän hat seinen guten Anteil. Manche haben ihr Vermögen gemacht und sind selbst Schiffseigner geworden.«
    Erstauntes Gemurmel war zu hören. Vielleicht sah der eine oder andere Händler ein wenig neidischer zu den majestätischen Großseglern als zuvor.
    Aber David sagte unberührt von Profitaussichten: »Ich würde gern mitsegeln. Es soll am anderen Ende der Welt ganz wunderbare Dinge zu sehen geben.«
    »Ja, vor allem tolle Weiber«, brummelte der Rudergänger in sich hinein.
    Der Wind stand jetzt querab, und die auslaufenden Schiffe hatten Mühe, gegen die Flut
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