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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf
Autoren: Adam Frank
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der Übersetzung nautischer Begriffe meist an folgendem Werk orientiert:
    Bobrik, E.: Allgemeines nautisches Wörterbuch mit Sacherklärungen. Leipzig: Hoffmann 2. Aufl. 1858
    Über das Leben in dieser Zeit berichten anschaulich viele Biographien. London und das Treiben der englischen Gesellschaft werden lebendig in:
    Lichtenberg in England. Herausgegeben und erläutert von H. L. Gumbert. Wiesbaden: Harassowitz 1977
    Von den Biographien der Seeleute habe ich besonders herangezogen:
    Childers, Sp. (Hrsg.): A Mariner of England. London: Conway Nachdruck 1970
    Choyce, J.: The Log of a Jack Tar. Maidstone: Mann Nachdruck 1973
    Parkinson, C.N. (Hrsg.): Samuel Walters. Liverpool: University Press 1949
    Parsons, G. S.: Nelsonian Reminiscences. Maidstone: Mann Nachdruck 1973

 

Ankunft in England
    »Herr Kapitän! Herr Kapitän!« klang näher kommend die helle Stimme vom mittleren Niedergang {Nautische Fachausdrücke werden im Glossar des Anhangs erklärt. Wer mehr wissen möchte, kann sich in dem Ullstein Buch, Frank Adam: Hornblower, Bolitho u. Co. Krieg unter Segeln in Roman und Geschichte, informieren.} her, begleitet vom Stapfen eiliger Schritte. »Herr Kapitän!« schallte es lauter jetzt, und ein Jungenkopf tauchte aus der Luke auf. »Wir sind ja schon auf dem Fluß«, stieß der junge Bursche hastig und mit allen Anzeichen der Enttäuschung hervor.
    Auf dem Achterdeck wandte sich eine hagere, graubärtige Gestalt im dunkelblauen Tuchmantel um. »Man sacht', jung' Heer! Du hest noch nix verpaßt. Die Sonne ist gerade heraus. Vorher war es so diesig, daß wir alle Not hatten, unseren Weg zu finden. Steuerbord querab«, wies sein ausgestreckter Arm, »kannst du jetzt Tilbury Fort erkennen.« Der Kapitän legte seine Hand auf die Schulter des Jungen und führte ihn an die Backbordseite: »Und dort liegt Gravesend, auch nicht größer als Stade, wo du herstammst.«
    Der Junge starrte mit seinen graubraunen Augen auf das kleine Nest am Themseufer, als wollte er Ähnlichkeiten mit seinem Heimatstädtchen beschwören. Aber die flache Hafenstadt bot ihm wenig Anhaltspunkte.
    »Wann sind wir denn in London?« wandte er sich dem Kapitän zu.
    »Das dauert noch manche Stunde, Herr Ungeduld«, erwiderte der Kapitän lächelnd. »Wir sind ja noch etwa fünfunddreißig Meilen vom Pool, also vom Hafen entfernt. Der Wind steht günstig, aber ich möchte nicht wetten, daß er sich hält. In zwei Stunden wird die Flut uns schieben. Wenn alles gut geht, sollten wir am Kai liegen, bevor sie kentert. Aber wenn du es eiliger hast, mußt du auf den Kutter umsteigen, der aus Gravesend ausgelaufen ist. Er segelt schneller als wir und fährt im Liniendienst nach Billingsgate, ganz in der Nähe, wo wir auch anlegen.« Der Alte unterbrach sich: »Segg 'moal, hast du denn schon gefrühstückt?«
    Der Junge schüttelte den Kopf.
    »Dann aber runter zum Smutje und ordentlich eingefahren, ehe du wieder an Deck kommst, und eine warme Jacke solltest du auch anziehen.«
    Der Protest folgte sofort: »Aber es ist doch so viel zu sehen, überall segeln Schiffe, sogar größere als unsres.«
    »Nichts da«, brummte der Kapitän, »Schiffe wirst du bald mehr sehen als in deinem ganzen Leben zusammen, und was soll ich deinem Onkel sagen, wenn er dich abholt, und du kannst vor Hunger kaum stehen?«
    Der Junge guckte prüfend an dem Graubart hoch, ob er es wirklich ernst meinte oder ob man ihn umstimmen konnte. Aber dann gab er auf und wandte sich mit einem »Jawohl, Herr Kapitän!« zum Niedergang.
    »Kannst dich schon an England gewöhnen!« rief ihm der Kapitän nach: »Dort sagen sie: Aye, aye, Sir!«
    Der Rudergänger deutete ein Grinsen an, das mit seinen Zahnstummeln eher erschrecken konnte: »Hei is 'n betten hitzig, disse junge Heer, wa Käpt'n?«
    »Tja, wei woin mit twelf woll 'n ganz Deel ruhiger, aber hei is von Vadder her 'n Stadtmensch un 'n halben Studierter, dat mach woll wehn. – Paß up up dien Rudder, Döskopp!« unterbrach er sich, »or wullt du uns up de Sandbank setten?«
    Wieder auf dem richtigen Kurs glitt die Brigg Aurora mit vollen Segeln vor dem leichten Wind dahin. Sie fuhr im Postdienst zwischen Hamburg und London und führte auch immer Ladung mit, kein Massengut, aber kleineres, wertvolleres Stückgut, das eben schnell wie die Post eintreffen sollte. Und sie hatte auch fast immer Passagiere.
    Auf dieser Fahrt waren es einige Woll- und Holzhändler, ein Finanzrat aus Hannover, der im Ministerium über Abgaben an George III.
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