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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl
Autoren: Robert Ludlum
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werden, nachdem der Präparator sein Werk getan hat. Es gab Augenblicke, wo Janson fast das Gefühl hatte, auch ihn habe man ausgestopft und an eine Wand gehängt. Beinahe jedes Raubtier stand jetzt unter Naturschutz, nicht zuletzt der weißköpfige Seeadler, das Wappentier der Vereinigten Staaten, und Janson wurde plötzlich bewusst, dass er selbst einmal so etwas wie ein Raubtier gewesen war -eine aggressive Macht gegen die Mächte der Aggression. Janson hatte ehemalige Krieger gekannt, die für Adrenalin und Gefahren süchtig geworden waren und die sich selbst, als man ihre Dienste nicht länger benötigte, zu einer Art Spielzeugsoldaten gemacht hatten. Sie verbrachten ihre Zeit damit, in der Sierra Madre mit Farbbeutelgewehren aufeinander zu schießen oder, noch schlimmer, sich an unappetitliche Firmen mit unappetitlichen Bedürfnissen zu verdingen, gewöhnlich in Teilen der Welt, in denen das Bakschisch regierte. Die Verachtung, die Janson für diese Leute empfand, ging tief. Und doch fragte er sich manchmal, ob die hoch spezialisierten Dienste, die er der amerikanischen Geschäftswelt lieferte, nicht lediglich eine etwas respektablere Version derselben Sache waren.
    Er war einsam, das war der Kern der ganzen Angelegenheit, und diese Einsamkeit war nie ausgeprägter als in den gelegentlichen Pausen seines meist von zu vielen Terminen gejagten Lebens - der Zeit, die er nach dem Einchecken und vor dem Start an übertrieben gestylten Orten verbrachte, die schlicht und einfach nur für das Warten bestimmt waren. Am Ende seines nächsten Fluges würde niemand seine Ankunft erwarten, mit Ausnahme eines weiteren livrierten Limousinenchauffeurs, der vermutlich seinen Namen auf einer weißen Papptafel falsch geschrieben vorwies, und danach ein weiterer Firmenmandant, ein besorgter Filialleiter eines Unternehmens der Leichtindustrie in Los Angeles - seine Einsätze führten Janson von einem Eckbüro zum nächsten. Es gab keine Frau und keine Kinder, obwohl es früher einmal eine Frau und zumindest Hoffnung auf ein Kind gegeben hatte, denn Helene war schwanger gewesen, als sie gestorben war. »Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, dann erzähle ihm von deinen Plänen«, pflegte sie ihren Großvater zu zitieren, eine Maxime, die sich auf schreckliche Weise an ihr erfüllt hatte.
    Janson musterte die mit bernsteinfarbener Flüssigkeit gefüllten Flaschen hinter der Bar, Flaschen, deren dicht bedruckte Etiketten ein Alibi für das Vergessen suggerierten, das sie boten. Er hielt sich in Form, trainierte verbissen, aber selbst wenn er im aktiven Einsatz war, vergönnte er sich hie und da einen Schluck oder auch zwei. Wem schadete das schon?
    »Ein Gespräch für Richard Alexander«, tönte eine nasale Stimme aus der Lautsprecheranlage. »Passagier Richard Alexander. Bitte melden Sie sich an einem beliebigen Pacifica-Schalter.«
    Das gehörte mit zu den Hintergrundgeräuschen eines jeden Flughafens, riss Janson aber aus seinen Träumen. Richard Alexander war ein Deckname, den er in der Vergangenheit häufig benutzt hatte. Er sah sich reflexartig um. Zufall, dachte er, und dann bemerkte er, dass im gleichen Augenblick sein Handy in den Tiefen seiner Brusttasche zu summen angefangen hatte. Er schob sich den Stöpsel des Dreiband-Nokia ins Ohr und drückte auf SND. »Ja?«
    »Mr. Janson? Oder sollte ich sagen Mr. Alexander?«
    Eine angestrengt, ja verzweifelt klingende Frauenstimme.
    »Wer spricht da?«, fragte Janson mit leiser Stimme. Stress wirkte auf ihn dämpfend, zumindest anfänglich -machte ihn ruhiger, nicht erregter.
    »Bitte, Mr. Janson. Es ist äußerst dringend, dass wir uns sofort treffen.«
    Ihre Aussprache war von jener ganz besonderen Präzision, die den gebildeten Ausländer verrät. Und die Hintergrundgeräusche waren noch auffälliger.
    »Werden Sie deutlicher.«
    Eine kurze Pause. »Wenn wir uns persönlich gegenüberstehen.«
    Janson drückte END, beendete das Gespräch. Er verspürte ein leichtes Prickeln im Nacken. Das Zusammentreffen der Lautsprecherdurchsage und des Anrufs, der Wunsch nach einem sofortigen persönlichen Treffen: Die Anruferin befand sich offensichtlich ganz in der Nähe. Die Hintergrundakustik des Anrufs hatte seinen Verdacht bestätigt. Jetzt huschten seine Augen von einem Insassen der Lounge zum nächsten, während er überlegte, wer wohl auf diese Weise versuchte, mit ihm Kontakt herzustellen.
    War es eine Falle, ein alter Gegner, der ihm nicht verziehen hatte? Es gab viele, die
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