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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl
Autoren: Robert Ludlum
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seinen Tod als Vergeltung empfinden würden; und für einige wenige von ihnen würde dieser Durst nach Rache nicht völlig unberechtigt sein. Und doch kam ihm das eher unwahrscheinlich vor. Er war nicht im Einsatz; er schaffte nicht gerade einen widerstrebenden »Überläufer« der Kurdischen Befreiungsfront von den Dardanellen über Athen zu einer wartenden Fregatte und überging dabei jede offizielle Grenzkontrolle. Um Himmels willen, er befand sich schließlich auf dem O'Hare Airport. Und das war möglicherweise der Grund, weshalb man gerade diesen Ort für das Treffen ausgewählt hatte. Die Menschen neigten dazu, sich auf einem Flughafen sicher zu fühlen, wo sie von Metalldetektoren und uniformiertem Sicherheitspersonal beschützt wurden. Es wäre wirklich schlau, diese Illusion der Sicherheit auszunutzen denn auf einem Flughafen, auf dem täglich beinahe zweihunderttausend Reisende abgefertigt wurden, war Sicherheit tatsächlich eine Illusion.
    All diese Möglichkeiten gingen ihm durch den Kopf, wurden erwogen und ebenso schnell wieder abgetan. Vor der dicken Glasscheibe, die den Ausblick auf die Piste bot, war eine blonde Frau im schräg einfallenden Sonnenlicht anscheinend damit beschäftigt, auf ihrem Laptop eine Tabellenkalkulation zu studieren; ihr Handy lag neben ihr, vergewisserte sich Janson, aber es war nicht mit einem Ohrhörer verbunden. Eine weitere Frau, näher beim Eingang, war in eine lebhafte Diskussion mit einem Mann vertieft, dessen Ehering an seiner sonst sonnengebräunten Hand lediglich als schmaler, heller Hautstreifen zu erkennen war. Jansons Augen schweiften weiter, bis er sie Sekunden später sah - die, die ihn angerufen hatte.
    Es war eine elegante Frau in mittleren Jahren, die täuschend ruhig und desinteressiert in einer Ecke der Lounge saß und sich ein Handy ans Ohr hielt. Sie hatte weißes Haar, das sie hochgesteckt trug, und war mit einem dunkelblauen Chanelkostüm mit diskreten Perlmuttknöpfen bekleidet. Ja, sie war es; er war jetzt ganz sicher. Nicht sicher war er dagegen, worin ihre Absichten bestanden. War sie eine Meuchelmörderin oder Mitglied eines Kidnapperteams? Das waren nur zwei von hundert Möglichkeiten, die er ausschließen musste, so unwahrscheinlich sie auch sein mochten. Standardtaktik, in vielen Jahren im Einsatz entwickelt und fester Bestandteil seiner Persönlichkeit.
    Janson sprang auf. Er musste den Standort wechseln: Das war eine Grundregel. Es ist äußerst dringend, dass wir uns sofort treffen, hatte die Anruferin gesagt. Wenn es zu einem Treffen kam, würde das nach seinen Regeln geschehen. Er schickte sich an, die Lounge zu verlassen, und griff sich beim Hinausgehen einen Pappbecher von einem Wasserspender. Mit dem Becher in der Hand, ihn so haltend, als ob er voll wäre, ging er auf die Empfangstheke zu. Dann gähnte er, drückte dabei die Augen zu und stieß mit dem korpulenten Inspektor der Luftfahrtbehörde zusammen, der ein paar Schritte zurücktaumelte.
    »Oh, tut mir Leid«, stieß Janson mit erschreckt wirkendem Blick hervor. »Du liebe Güte, ich habe Sie doch nicht etwa nass gemacht!?«
    Jansons Hände fuhren schnell über den Blazer des Mannes. »Hab ich Sie nass gemacht? Herrgott, es tut mir wirklich Leid, ehrlich.«
    »Nichts passiert«, erwiderte der Mann mit einem Anflug von Ungeduld. »Aber Sie sollten wirklich aufpassen, wo Sie hinmarschieren, ja? Auf diesem Flughafen gibt es eine Menge Leute.«
    »Ist schon schlimm genug, wenn man nicht weiß, in welcher Zeitzone man gerade ist, aber - Herrgott, ich weiß wirklich nicht, was mit mir los ist«, sagte Janson, das Urbild des verwirrten, vom Jetlag geplagten Passagiers. »Ich bin völlig fertig.«
    Als Janson die VIP-Lounge verließ und durch den Korridor ging, der in Abflughalle B führte, summte sein Handy erneut, wie er das erwartet hatte.
    »Ich glaube, Ihnen ist nicht ganz klar, wie dringlich das ist«, sagte die Frauenstimme.
    »Das stimmt«, fiel Janson ihr ins Wort. »Das ist mir nicht klar. Warum sagen Sie mir nicht einfach, was das alles soll?«
    Er entdeckte eine kleine Nische in der Wand, vielleicht einen Meter tief, und dort die Stahltür, die er gesucht hatte, eine Tür in einen Raum, zu dem Reisende keinen Zugang hatten. UNBEFUGTEN IST DER ZUTRITT VERBOTEN stand in großen Lettern auf einem Schild.
    »Das kann ich nicht«, sagte die Frauenstimme nach kurzer Pause. »Nicht am Telefon, leider. Aber ich bin im Flughafen und wir könnten uns treffen.«
    »Dann rufen Sie mich in
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