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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl
Autoren: Robert Ludlum
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wissen.«
    Harnett wirkte benommen, ja geradezu von panischer Angst erfasst; das von dem polarisierten Glas der riesigen Fenster gedämpfte Licht ließ kalte Schweißtropfen auf seiner Stirn erkennen. »Verdammte Scheiße«, murmelte er. Der Blick, mit dem er Janson jetzt musterte, erinnerte an den eines Ertrinkenden, der am Horizont ein Rettungsboot entdeckt hat. »Nennen Sie mir Ihren Preis«, sagte er.
    »Wie bitte?«
    »Ihren gottverdammten Preis sollen Sie mir nennen«, sagte Harnett. »Ich brauche Sie.«
    Er grinste, bemüht, seine Verzweiflung hinter einer Fassade von Jovialität zu tarnen. »Steven Burt hat gesagt, Sie seien der beste Mann, den es gibt, und damit hatte er ganz offensichtlich Recht. Wissen Sie, ich wollte Sie vorher bloß ein bisschen hochnehmen. Und jetzt hören Sie mir zu, Meister, Sie werden dieses Zimmer nicht verlassen, ehe wir beide, Sie und ich, zu einer Übereinkunft gelangt sind. Ist das klar?«
    Man konnte jetzt an seinem Hemdkragen und unter den Armen dunkle Schweißflecken erkennen. »Weil wir nämlich hier einen Deal machen werden.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Janson unverändert freundlich. »Ich habe mich nämlich gerade entschieden, diesen Auftrag nicht anzunehmen. Das ist ein Luxus, den ich mir als selbständiger Berater leisten kann: Ich entscheide ganz alleine darüber, welche Mandanten ich annehme. Aber wirklich - ich wünsche Ihnen viel Glück. Schließlich gibt es nichts Besseres als einen kleinen Aktionärsaufstand, um das Blut in Wallung zu bringen, stimmt's?«
    Harnett stieß ein lautes, gekünstelt wirkendes Lachen aus und klatschte in die Hände. »Ihr Stil gefällt mir«, sagte er. »Eine gute Verhandlungstaktik. Okay, okay, ich hab schon verstanden. Sagen Sie mir, was Sie verlangen.«
    Janson schüttelte den Kopf, lächelte, als ob Harnett etwas Komisches gesagt hätte, und ging zur Tür. Unmittelbar bevor er das Büro verließ, blieb er stehen und drehte sich um. »Aber einen Tipp will ich Ihnen geben - gratis«, sagte er. »Ihre Frau weiß Bescheid.«
    Den Namen von Harnetts venezolanischer Geliebten zu nennen wäre indiskret gewesen, und deshalb fügte Janson lediglich vieldeutig, aber letzten Endes unzweideutig hinzu: »Über Caracas, meine ich.«
    Ein vielsagender Blick folgte: Das war keine Verurteilung, er sprach schlicht und einfach als ein Profi zum anderen und bezeichnete einen Angriffspunkt, Jetzt konnte man auf Harnetts Wangen wieder kleine rote Punkte erkennen; er machte den Eindruck, als würde ihm übel: der Gesichtsausdruck eines Mannes, dem gerade klar geworden war, dass er sich neben einem Übernahmegefecht an der Börse, das er wahrscheinlich verlieren würde, auch noch mit einer ruinösen Scheidung würde auseinander setzen müssen. »Ich bin bereit, über Aktienoptionen zu sprechen!«, rief er Janson nach.
    Aber der Berater war bereits draußen auf dem Flur zu den Aufzügen unterwegs. Zuzusehen, wie der Dickschädel sich vor ihm wand, hatte ihm nichts ausgemacht; als er aber schließlich vor den Aufzugtüren stand, spürte er einen säuerlichen Geschmack im Mund und hatte das Gefühl, seine Zeit zu vergeuden. Und zwar nicht nur in diesem Augenblick.
    Eine Stimme aus der Vergangenheit - gleichsam aus einem anderen Leben - hallte schwach in seinem Kopf nach. »Und das ist es, was Ihrem Leben seinen Sinn gibt?«
    Phan Nguyen hatte diese Frage in tausend verschiedenen Variationen gestellt. Es war seine Lieblingsfrage. Janson konnte selbst jetzt die kleinen, intelligenten Augen, das breite, verwitterte Gesicht und die schlanken Arme sehen, die wie die eines Kindes wirkten. Alles, was Amerika betraf, schien die Neugierde dieses Mannes zu reizen, der ihn verhörte, schien ihn in gleichem Maße zu faszinieren und anzuwidern. Und das ist es, was Ihrem Leben seinen Sinn gibt? Janson schüttelte den Kopf: Zum Teufel mit dir, Nguyen.
    Als Janson in seine Limousine stieg, die die ganze Zeit draußen vor dem Eingangsportal an der Dearborn Street bereit gestanden hatte, beschloss er, jetzt gleich zum O'Hare Airport zu fahren; es gab einen früheren Flug nach Los Angeles, den er wohl noch schaffen würde. Wenn es nur möglich wäre, Nguyens Fragen ebenso leicht hinter sich zurückzulassen.
    Zwei uniformierte Frauen standen hinter der Theke, als er die Platinum Club Lounge der Pacifica Airlines betrat. Die Uniformen und der Tresen waren in dem gleichen blaugrauen Ton gehalten. Die Jacken der beiden Frauen trugen die Epauletten, die gegenwärtig so viele
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