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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl
Autoren: Robert Ludlum
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einer erfolgreichen und wohlhabenden Baugesellschaft. Und wohlhabend war sie tatsächlich -oder war es zumindest bis vor kurzem gewesen.
    Der für das Tagesgeschäft zuständige Vizepräsident Steven Burt war der Meinung, dass die Geschäfte eigentlich wesentlich besser laufen sollten. Im Zusammenhang mit dem Gewinnrückgang der letzten Zeit waren da Aspekte aufgetreten, die ihn argwöhnisch gemacht hatten, und er hatte deshalb Paul Janson dazu veranlasst, sich mit Ross Harnett, dem Vorstandsvorsitzenden und CEO der Firma, zu treffen. Janson hatte gewisse Vorbehalte, einen neuen Mandanten anzunehmen: Er war zwar erst seit fünf Jahren als Sicherheitsberater für größere Wirtschaftsunternehmen tätig, hatte sich aber von Anfang an den Ruf ungewöhnlicher Effizienz und Diskretion erworben, und das hatte die Nachfrage nach seinen Diensten weit über seine Zeit und sein Interesse hinaus ansteigen lassen. Wenn Steven Burt nicht ein alter Freund gewesen wäre, hätte Janson diesen Auftrag nicht in Erwägung gezogen. Aber Burt hatte ebenso wie er früher einmal ein anderes Leben geführt eines, das er hinter sich gelassen hatte, als er in die zivile Welt eingetreten war -, und Janson wollte den Freund nicht enttäuschen. Zumindest wollte er sich mit ihm unterhalten.
    Harnetts Direktionsassistentin, eine freundlich wirkende Frau um die dreißig, kam in die Empfangshalle und führte ihn in Harnetts Büro, einen modernen, beinahe spartanisch eingerichteten Raum mit vom Boden bis zur Decke reichenden Fenstern, die nach Süden und Osten blickten. Die Wand aus polarisierendem Glas reduzierte das Licht der hellen Nachmittagssonne auf ein kühles Leuchten. Harnett saß hinter seinem Schreibtisch und telefonierte, und die Frau blieb mit fragender Miene in der Tür stehen. Harnett bedeutete Janson mit einer fast herablassend wirkenden Handbewegung Platz zu nehmen. »Dann werden wir eben die Verträge mit Ingersoll-Rand neu verhandeln müssen«, sagte Harnett. Er trug ein hellblaues, monogrammbesticktes Hemd mit weißem Kragen, dessen Ärmel hochgekrempelt waren, sodass man seine kräftigen Arme sehen konnte. »Wenn sie die zugesagten Preise nicht halten wollen, müssen wir ihnen eben klar machen, dass wir uns dann frei fühlen, die Teile anderweitig zu beschaffen. Zum Teufel mit ihnen. Dann ist der Vertrag eben hinfällig.«
    Janson nahm auf dem schwarzen Ledersessel vor dem Schreibtisch Platz. Er war etwas niedriger als Harnetts Sessel - primitive Regie, die Janson eher Unsicherheit als Autorität signalisierte. Er warf einen unverhohlenen Blick auf seine Uhr, schluckte die in ihm aufkommende Verstimmung hinunter und sah sich um. Das im siebenundzwanzigsten Stockwerk gelegene Eckbüro Harnetts bot einen weiten Blick auf den Michigan-See und die Innenstadt von Chicago. Ein hoher Stuhl, ein hohes Stockwerk: Harnett wollte keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass er alle Höhen erklommen hatte.
    Harnett war so etwas wie ein Kraftpaket, klein und kräftig gebaut, mit einer Reibeisenstimme. Janson hatte gehört, dass Harnett seinen Stolz darein setzte, regelmäßig die laufenden Bauprojekte seiner Firma zu besuchen und dabei mit den Vorarbeitern zu reden, als ob er selbst einmal einer gewesen wäre. In seinem ganzen Gehabe wirkte er jedenfalls wie jemand, der seine Karriere auf Baustellen begonnen und den Aufstieg in sein Eckbüro im siebenundzwanzigsten Stockwerk mit dem Schweiß seiner Hände geschafft hatte. Aber das entsprach nicht ganz den Tatsachen. Janson wusste, dass Harnett an der Northwestern University die Kellogg School of Management mit einem MBA absolviert hatte und dass seine Fähigkeiten eher in komplizierten Finanzkonstruktionen als im Baustellenbetrieb lagen. Die Harnett Corporation aufzubauen war ihm gelungen, weil er ihre Tochtergesellschaften zu einer Zeit aufgekauft hatte, als diese in finanziellen Schwierigkeiten steckten und daher billig zu haben gewesen waren. Da die Bauwirtschaft ständig von den Konjunkturzyklen abhängt, hatte Harnett begriffen, dass dies seine Chance war, mit gut platzierten Tauschoperationen zu Ausverkaufspreisen eine reichlich mit Bargeldreserven ausgestattete Gesellschaft ins Leben zu rufen.
    Endlich legte Harnett den Hörer auf und musterte Janson ein paar Augenblicke lang stumm. »Stevie sagt, Sie hätten wirklich einen hervorragenden Ruf«, meinte er mit gelangweilter Stimme. »Könnte sein, dass ich ein paar Ihrer anderen Mandanten kenne. Für wen waren Sie denn tätig?«
    Janson
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