Der Hund im Kuehlschrank

oder einem Text eine stringente Form geben möchten, kommt die strukturierende linke Gehirnhälfte zum Einsatz. Beim Brainstorming ist es wichtig, nicht zu früh zu formen, sondern erst einmal dem ungeordneten Chaos Raum zu lassen. Für eine bewusste Kommunikation brauchen wir den ganzen Kopf mit den unterschiedlichen, einander ergänzenden Qualitäten der rechten und linken Gehirnhälfte. Beide Seiten haben ihren Anteil daran, dass Gespräche lebendig werden. Kommunikation, die im Erzählen wurzelt, ist ganzheitlich. Gutes Geschichtenerzählen – und im Grunde jede schöpferische Tätigkeit – erwächst aus der produktiven Spannung zwischen dem regelgeleiteten Denken der linken und der staunenden, experimentierfreudigen Haltung der rechten Hirnhemisphäre – zwischen wortwörtlichem Gebrauch der Sprache und metaphorischem, bildhaftem Ausdruck, zwischen fixierter Form und dynamischem Prozess.
    Linke Gehirnhälfte
    Struktur, roter Faden
Ordnung
Wort
Realitätssinn
Gesagtes
Details
    Rechte Gehirnhälfte
    Spielerische Impulse
Chaos
Bild
Phantasie
Gefühltes
Ganzheitlichkeit
    Reizwortgeschichten
    Anhand von Schlüsselwörtern, auch Reizwörter oder Impulswörter genannt, lässt sich nicht nur spontan zu einzelnen Begriffen assoziieren, sondern auch eine ganze Geschichte erfinden. Das ist ein unterhaltsames Spiel, das man wunderbar an einem geselligen Abend gemeinsam mit Freunden ausprobieren kann. Man notiert dafür rund 25 Begriffe auf neutrale Zettel und legt diese mit der Schrift nach unten auf den Tisch. Dann dreht ein Mitspieler den ersten Zettel um und beginnt, in zwei bis drei Sätzen – nicht mehr! – eine Geschichte zu erzählen, in der dieser Begriff vorkommt. Wie die Geschichte weitergeht, bestimmt der nächste Zettel, der vom folgenden Mitspieler umgedreht wird, usw. Natürlich entsteht dabei oft Unsinn, aber manchmal entwickelt sich auch etwas überraschend Kreatives. Und vor allem: Es macht Spaß! Der innere Kritiker wird erneut geschickt ausgeschaltet, wir dürfen einfach Quatsch machen und das Blaue vom Himmel heruntererzählen. Gerade Menschen, die an sich selbst hohe Ansprüche stellen, alles perfekt machen wollen und überzeugt sind, nicht frei und ohne Konzeptpapier sprechen zu können, werden mit dieser spielerischen Übung schnell von Blockaden befreit. Manch einer ist überrascht, welcher Einfallsreichtum plötzlich aus ihm heraussprudelt und wie mühelos die Worte fließen. Und dazu entsteht in der Gruppe ein gemeinsames Erleben, das Anlass für weitere Gespräche bieten kann.
     
    Als Reizwörter fürs Geschichtenerfinden können Sie jedes beliebige Hauptwort verwenden. Wichtig ist allerdings, dass die Wörter aus möglichst unterschiedlichen Kontexten stammen und ein bunt-verrücktes Gemisch bilden. Hier ein paar Vorschläge: Millionär, Schlagader, Mörder, Handtasche, Kühlschrank,
Wiese, Limonade, Messer, Lottogewinn, Stiefmutter, Zwerg, Pfeife, Autoradio, Strohhalm, Dackel, Wecker, Radieschen, Schrank, Obstschäler, Dolch, Zauberstab . . .
    Der Hund im Kühlschrank
    Der italienische Schriftsteller, Grundschullehrer und Geschichtenerzähler Gianni Rodari beschreibt in seinem Buch Die Grammatik der Phantasie ein interessantes Phänomen. Er nennt es das phantastische Binom. Damit ist Folgendes gemeint: Unsere Kreativität wird in besonderer Weise angeregt, wenn wir zwei Begriffe aus möglichst unterschiedlichen Kontexten miteinander verknüpfen. Beispielsweise die Wörter »Hund« und »Kühlschrank«. Wie zwei elektrische Pole können diese beiden Begriffe einen kreativen Funken entfachen, der ein ganzes Geschichtenfeuer nach sich zieht. Wenn wir mit den beiden Wörtern mithilfe von Präpositionen ein wenig spielen, tun sich schnell phantasievolle Ideen auf. Durch die Unterschiedlichkeit der Kontexte sind wir gezwungen, das Gleis der gewohnten Denkmuster zu verlassen und neue Vorstellungswelten zu betreten. Etwa die folgenden:
     
    Der Hund im Kühlschrank
Der Kühlschrank im Hund
Der Hund unter dem Kühlschrank
Der Hund hinter dem Kühlschrank
Der Kühlschrank des Hundes
Der Hund mit Kühlschrank
     
    Tauchen verrückte Bilder in Ihrem Kopf auf? Spüren Sie die in diesen Wortpaaren verborgenen Geschichten? Vielleicht möchten
Sie ja eine davon erfinden und erzählen? Alles begann an dem Tag, als ich morgens den Kühlschrank öffnete und einem hechelnden und speicheltropfenden Berner Sennenhund in seine treuherzigen Augen sah . . . Oder: Mein Hund trägt einen Kühlschrank auf dem