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Der Hueter und das Kind

Der Hueter und das Kind

Titel: Der Hueter und das Kind
Autoren: Vampira VA
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schlagenden Herzens aus ihm heraus.
    Und er verebbte vollends, als Landru den letzten Tropfen Blut aus seinen Adern gesogen hatte.
    *
    Auch anderenorts, auf der jenseitigen Hälfte des Erdballs in Indien, wurde der Tod betrogen.
    Seit vielen Nächten schon.
    Augen, die Jahrhunderte geschaut hatten, öffneten sich in einem finsteren Gewölbe. Ein Stöhnen wehte durch die Dunkelheit, doch es war nicht von jener Art, mit dem letzte Müdigkeit nach langem Schlaf wich. Vielmehr kündete es von Enttäuschung, und Schmerz schwang darin mit.
    Enttäuschung und Schmerz - weil sich der Tod einmal mehr nicht als endgültig erwiesen hatte.
    Der Vampir versuchte sich aufzurichten. Aber es dauerte lange, bis sein verwüsteter Leib den gedanklichen Befehlen gehorchte, und selbst dann wollte sich ihnen noch jedes einzelne Glied widersetzen. Weil selbst die geringste Bewegung Qualen bedeutete, die an dem bißchen Kraft, das noch in dem geschundenen Körper steckte, zehrte, ohne es indes zur Gänze zu verschlingen.
    Etwas ließ nicht zu, daß jene allerletzte Neige von Energie aufgebraucht wurde. Jemand, der an diesem Rest von Leben hing, obwohl es nicht das seine war - und obwohl er dem Tode stets mehr zugetan gewesen war als dem Leben.
    Zu eigenen Lebzeiten ...
    »Parasit ...«, preßte Timot hervor. Selbst seine Stimme klang mürbe und kraftlos.
    Ein lautloses Lachen mengte sich zwischen seine Gedanken.
    Du bezahlst nur für das, was du mir angetan hast, wisperte es nicht nur im Schädel des Vampirs, sondern überall in ihm. Und für das, was du mir genommen hast...
    Timot schwieg. Doch die Erinnerung ließ sich auf diese Weise nicht unterdrücken. Wie in jeder Nacht stieg sie in ihm empor, brachte Bilder mit aus einer Vergangenheit, die noch gar nicht sehr lange zurücklag - und in der doch alles anders gewesen war .
    Die Vampire waren noch die geheimen Herrscher gewesen, überall auf der Welt, auch hier in Delhi. Stark und mächtig war die Alte Rasse, obgleich der Verlust des Lilienkelches wie ein Damoklesschwert über ihr gehangen hatte. Doch die Zeichen hatten sich gemehrt, daß sich ein anderer Weg auftun könnte, um vampirischen Nachwuchs zu schaffen. Die Delhi-Sippe - oder wenigstens doch ihr Führer, Tanor, und er selbst, Timot, - hatte ihr Scherflein dazu beigetragen. Sie hatten sich mit Landru, nachdem sie ihm sein Geheimnis entrissen hatten, verschworen, um diesen neuen Weg zu ebnen - - und hatten doch nichts anderes getan, als das Unheil heraufzubeschwören.
    So jedenfalls betrachtete Timot rückblickend die Ereignisse jener Nacht, in der sie in Landrus Auftrag die rätselhafte Opferschlange dem Nekromagier Sahya Patnaik übergeben hatten, damit er ihre Geheimnisse ergründete. 1
    Patnaik - der wegen seiner besonderen Gabe, Tote auf unsagbare Weisen zu reanimieren, auch der »Erwecker« genannt wurde - hatte die Aufgabe nicht gelöst. Er war daran zerbrochen, und Timot hatte ihn getötet, als er, dem Wahnsinn anheimgefallen, über das Oberhaupt der Delhi-Sippe hergefallen war.
    Zuvor jedoch hatte Timot seine besondere Gabe, die Kraft und die Talente anderer zu seinen eigenen zu machen, eingesetzt und Pat-naik im Moment des Todes etwas entrissen, das er später noch erproben wollte, um zu sehen, wie er es nutzen konnte .
    Nutzen hatte es ihm jedoch keinen gebracht. Statt dessen war ihm das Leichenfleddern zum Fluch geworden .
    Ein Fluch, der Timot zum Leben verdammte.
    Weil er nichts anderes wollte, als zu sterben - endlich und endgültig.
    Denn er starb durchaus - am Ende einer jeden Nacht holte der Tod ihn zu sich. Doch nur, um ihn mit dem Verlöschen des letzten Sonnenstrahls am Abend wieder in die Welt der Lebenden hinauszuweisen. In eine Welt, die nicht mehr die seine war, seit .
    Ja, seit was eigentlich?
    Seit alle seine Brüder und Schwestern auf qualvolle Weise krepiert waren - alle bis auf Tanor. Was immer ihren Tod verursacht hatte, es hatte ihren Blutvater verschont und ihn seine Kinder überleben lassen. In ihrem Volk hatte sich die Kunde verbreitet, daß es die Vampirsippen in aller Welt getroffen hatte.
    Und überall blieben die Oberhäupter, die ihr Blut einst in den Lilienkelch gegeben hatten, damit ihre Nachkommen daraus den schwarzen Keim vampirischen Seins empfingen, von der tödlichen Seuche verschont. Für sie hatte sich nichts geändert, während menschliches Blut die Angehörigen ihrer Sippen nicht mehr nährte. Sie erbrachen es, kaum daß sie es ihren Opfern genommen hatten, und so verdursteten
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