Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hueter und das Kind

Der Hueter und das Kind

Titel: Der Hueter und das Kind
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
angesichts des furchtbaren Anblicks wie mit eisiger Kälte erfüllte und lähmte.
    Denn dort oben am Tor hing - sein eigener Sohn.
    Raphael Baldacci.
    Auferstanden von den Toten - nur um von neuem einen grausamen Tod zu sterben?
    »Nein«, flüsterte Salvat. »Bitte nicht ...«
    »Vater ...?« Die Stimme seines Sohnes wehte wie ein jenseitiger Hauch heran.
    »Du weißt es?« fragte Salvat, viel zu leise, als daß Raphael ihn über die Entfernung hätte hören können. Trotzdem tat er es.
    »Es gibt keine Geheimnisse hier«, antwortete der Gekreuzigte.
    »Hier?« echote Salvat.
    »Jenseits des ...«, wisperte Raphael.
    »Du bist nicht dahinter, du bist hier!« rief Salvat erregt. Mit fiebrigen Blicken sah er sich um nach einer Möglichkeit, dort hinaufzusteigen, um .
    Er erstarrte erneut, als er wieder zum Tor hinsah.
    Es war - leer.
    Wie ehedem, wie seit jener Zeit, da er zum ersten Mal die Innere Halle betreten hatte, wie seit Anbeginn .
    Um ihn her entstand Bewegung. Die Wächter erhoben sich. Nicht müde oder am Ende ihrer Kräfte, sondern schnell und sicher, als hätten sie sich nur eben einmal hingelegt.
    »Was ist geschehen?« flüsterte Salvat.
    »Was soll geschehen sein?« fragte der ihm am nächsten Stehende.
    Ohne eine Antwort zu geben, ging Salvat auf das Tor zu. Mit jedem seiner Schritte schien es noch zu wachsen, doch er verlor die bewußte Stelle nicht aus den Augen.
    Doch nichts geschah. Die Stelle blieb leer, sah aus wie immer.
    Oder?
    Schimmerten die Nieten dort an drei Punkten nicht dunkler als alle anderen auf dem Holz? Als wären sie mit etwas bedeckt?
    Wie mit... Blut verschmiert!
    Genau dort, wo sich Raphaels Hände und Füße befunden hatten! Salvat wandte sich um und lief hinaus, als säße ihm der Leibhaftige im Nacken. Oder etwas Schlimmeres .
    *
    Als Hector Landers verließ Landru den Flughafen Leonardo da Vinci und ließ sich per Taxi die dreißig Kilometer bis nach Rom bringen. Der Hügel Gianicolo war sein Ziel.
    Der Palazzo Gianicolo war verwaist. Natürlich. Landru spürte die Leere und den Tod, noch bevor er das riesige Haus betreten hatte. Aber er war auch nicht gekommen, um sich davon zu überzeugen, ob Tinto tatsächlich krepiert war. Er war schließlich Zeuge seines Todes gewesen.
    Von dem Vampir war zwischenzeitlich nicht mehr übrig als Staub und Asche, die aus den Öffnungen seiner Kleider rieselten. Sie lagen noch so auf dem Bett im Obergeschoß, wie Landru das Sippenoberhaupt selbst in der Kelchvision dort hatte liegen sehen. Sogar die seidigen Laken daneben wiesen noch den Abdruck eines Körpers auf.
    Eines ungleich kleineren, schmäleren Körpers.
    Landru fuhr behutsam mit der Hand über die Stelle. Und er glaubte noch den schwachen Hauch einer Macht zu spüren. Einer Macht, die ihm fremd war, die er aber kennenlernen wollte.
    Gemeinsam mit dem, der sie in sich trug, würde er die Alte Rasse neu begründen. Nichts anderes konnte seine Bestimmung sein.
    All sein Streben, den völligen Untergang seines Volkes zu verhindern, würden schließlich von Erfolg gekrönt sein, wenn sie erst Seite an Seite waren.
    Der Hüter und das Kind.
    *
    Das Kind saß auf seinem Stein und sah hinauf zum Kloster. Dinge waren dort in Bewegung geraten und wieder zum Stillstand gekommen. Trotzdem würde in Monte Cargano nichts mehr sein, wie es zuvor gewesen war.
    Und es würde sich noch viel ändern. Später .
    Zunächst standen andere Dinge an.
    Gabriel spürte, daß er Besuch bekommen würde. Bald schon. Er hatte Spuren hinterlassen, die der erkennen würde, dem er in jener Nacht »begegnet« war. Und den er schon so lange kannte. Es würde ihm ein doppeltes Vergnügen sein, die Bekanntschaft aufzufrischen - und dann mit einem Schlag zu beenden.
    Die andere Sache betraf jene, die er als Lilith Eden kannte.
    Auch sie hätte er nur zu gern ihrer Energie beraubt.
    Die andere Möglichkeit, die in ihrem Fall blieb, war, sie aus dem Weg zu schaffen.
    Gabriel entschied sich für letzteres. Denn die vom Widersacher Gesandte durfte ihm nicht erneut in die Quere kommen. Nicht nach all der langen Zeit .
    »Gabriel, kommst du? Ich habe uns etwas zum Mittagessen gemacht.«
    Der Junge wandte sich um und sah Giuseppe Mazzano unter der Tür des Hauses stehen. Längst nicht mehr so kräftig wie vor Tagen. Die Kräfte verließen den alten Mann ...
    »Ich komme«, antwortete Gabriel.
    ... und würden bald versiegt sein.
    ENDE
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher