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Der Hueter und das Kind

Der Hueter und das Kind

Titel: Der Hueter und das Kind
Autoren: Vampira VA
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ehe er erwiderte: »Weil ich die Heilige Stadt besetzen will.«
    Nun war es Landru, der nicht gleich antwortete. Nicht dramatischer Effekthascherei wegen, sondern weil Saduks Worte ihn erstaunten, beinahe erschreckten. Sein Vorhaben war - Wahnsinn. Und hochlöblich zugleich.
    »Du willst die Unsrigen in Jerusalem ansässig machen nach all der Zeit?« vergewisserte er sich dann.
    Saduk nickte abgründig lächelnd.
    »So ist es«, sagte er. »Die Zeit scheint mir reif, die dortige Hinterlassenschaft der uns feindlich gesonnenen Kraft vollends zu tilgen, auf daß die wahren Herrscher dort wieder einziehen können.«
    Landru zögerte, dann erwiderte er: »Ich bin nicht sicher, ob ich dein Vorhaben gutheißen kann. Die Spuren, die SEIN Sohn vor tausend Jahren in Jerusalem hinterließ, sind noch heute tief. Zu tief vielleicht, um ausgelöscht zu werden.«
    »Woher willst du das wissen?« fragte Saduk.
    »Weil ich selbst schon dort war auf meinen Reisen.«
    »Sollte es nicht auch Aufgabe des Hüters sein, den Fortbestand der Alten Rasse über die Kelchtaufe hinaus zu sichern?« wechselte Sa-duk nur scheinbar das Thema, wohl wissend, daß seine Worte den Gralsverwalter an einer empfindlichen Stelle treffen mußten.
    Oh, er wußte, daß er ein Spiel mit dem Feuer trieb. Denn wenn er den Hüter erzürnte oder auch nur provozierte, mochte der ihn strafen für seinen Frevel. Vielleicht. Denn nie hatte es zuvor jemand versucht. Niemand jedenfalls, der seine Erfahrung noch hätte verbreiten können .
    »Wie könnte dein Plan der Alten Rasse in solcher Weise dienlich sein?« fragte Landru.
    »Weil ich mich nicht damit begnügen würde, Jerusalem zu besetzen«, erklärte Saduk. »Ich würde vielmehr eine Gegenkraft dort erzeugen, wo einst unser Gegner so machtvoll gewirkt hat. Ein dunkles Gegenstück gewissermaßen zu dem Mann, den erst Dornenkrone und Kreuz zur Räson zu bringen vermochten.«
    »Einen - Messias?« forschte Landru zweifelnd. Er mochte seinen Ohren kaum trauen.
    Und doch nickte Saduk mit einer Miene, deren Regung nicht Zufriedenheit allein diktierte. In seinen Augen glomm ein Funke, der zu Fanatismus werden konnte, wenn man ihn nur schürte.
    »Einen Messias für unser Volk«, bestätigte der jemenitische Vampir. Dunkler Quadsaft lief ihm mit Speichel vermengt übers Kinn.
    »Wie stellst du dir das vor?« wollte Landru wissen. »Woher sollte ein solcher Messias kommen?«
    Saduk grinste triumphierend. Er spürte, daß er das Interesse des Hüters geweckt hatte.
    »Es wird dereinst ein Kind geboren werden, das die Veranlagung dazu in sich tragen wird«, schilderte er seine Vision, unterstrich sie mit Gesten und flammendem Tonfall. »Und die Magie des Kelches wird seine Fähigkeiten fördern und das Kind schließlich zu dem werden lassen, was ihm bestimmt ist.«
    Landru lachte abfällig. »Es werden Tag für Tag Abertausende von Kindern geboren, in allen Winkeln der Welt. Wie sollten wir auf jenes eine, von dem du sprichst, aufmerksam werden?«
    »Dafür Sorge zu tragen möchte ich dich bitten«, erwiderte Saduk. »Dich und ihn.«
    Er wies auf den unscheinbaren Beutel, in dem unsichtbar das mächtigste Artefakt der Alten Rasse ruhte.
    Der Kelch.
    »Wie, meinst du, wäre das zu bewerkstelligen?«
    »Nutze die Magie des Grals«, antwortete Saduk, in der Stimme jenen Anteil von Unterwürfigkeit, der den Hüter empfänglich machen mußte für seine Bitte. »Laß sie wirken in einem der fünfzig Kinder, die wir ihren Eltern nahmen, um sie mit schwarzem Blut zu taufen. Verleihe diesem einen die Gabe, zu erkennen. Ich werde es aussenden, auf daß es überall nach jenem Kind sucht, das für die große Aufgabe bestimmt ist. Und ich bin sicher, die Kraft des Kelches wird den Gesandten an die Wiege dieses Kindes führen, kaum daß es den ersten Schrei getan hat.«
    Landru schwieg lange. Scheinbar überlegend. Doch sein Entschluß stand längst fest.
    Saduk war ein Narr. Der Quat-Genuß mochte ihm den Verstand zerfressen haben. Seine Idee war ein Gespinst, nichts weiter. Einen solchen Messias würde es nie geben. Wäre seine Geburt vorgesehen oder ihm ein Platz in der Geschichte der Alten Rasse vorbestimmt gewesen - der Hüter hätte längst davon gewußt.
    Dennoch sagte er: »Nun gut, so sei es. Laß uns keine Zeit mehr verlieren. Taufen wir die Menschenbälger, auf daß sie des Lebens wahrhaft würdig werden.«
    Zum Schein tat Landru später, als würde er ein Kind tatsächlich anders konditionieren als seine Leidensgenossen. Es
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