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Der Hort der Waechter

Der Hort der Waechter

Titel: Der Hort der Waechter
Autoren: Vampira VA
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Giuseppes Denken. Ein leises Stöhnen entrang sich seiner mager gewordenen Brust, doch eine Bewegung neben ihm lenkte ihn ab von dem plötzlichen Schmerz.
    Gabriel - diesen Namen hatte der Knabe als den seinen genannt -erhob sich von dem Stein, auf dem er gesessen hatte, und trat vor den Mann hin, der ihn wie ein Vater aufgenommen hatte. Fest sah er ihm in die aschgrauen Augen, deren Iris vom Alter fast gelb wie Eiter geworden war.
    »Was ist?« fragte Giuseppe verwundert.
    »Ich möchte mich verabschieden«, sagte Gabriel.
    »Verabschieden?«
    Der Junge nickte. Dann schloß er die kleinen Arme um den Nacken des alten Mannes und drückte sich gegen ihn.
    »Weil du sterben wirst«, sagte der Junge.
    »Ja, schon«, begann Giuseppe, »aber .«
    »Jetzt!« behauptete Gabriel.
    Sein Gesicht rutschte an der faltigen Wange des Alten entlang, noch einmal begegneten sich ihre Blicke, und dann berührten die Lippen des Jungen Giuseppes Mund.
    Ungerührt beobachtete Gabriel wie das letzte bißchen Glanz in den Augen Giuseppe Mazzanos verlosch, während er den Atem des unter seinen Küssen altgewordenen Mannes trank und ihm damit sein Leben vollends nahm, nachdem er all die Zeit, die er nun schon hier zubrachte, nur davon gezehrt hatte.
    Jetzt aber war die Zeit gekommen, da er es nicht länger aufsparen mußte und es sich zur Gänze nehmen durfte.
    Denn endlich war die Zeit reif, da er demjenigen den Weg hierher weisen durfte, von dessen Energie Gabriel sich wahre Wunderdinge versprach.
    Er hatte das Potential dieser Kraft selbst in der Vision gespürt -und es war überwältigend gewesen!
    Überwältigender fast noch, als es ihm in Erinnerung war ... Denn dem Jungen war, als würde er den anderen schon seit langer, seit sehr langer Zeit kennen. Obgleich es doch unmöglich sein konnte, denn er war vor wenigen Monaten erst geboren worden von einer jungfräulichen Nonne namens Mariah .. . 4
    Nun, auch dieses Geheimnis würde nicht mehr lange eines bleiben ...
    ... denn was an Lebenskraft in jenem »Fremden« mit der häßlichen Narbe im Gesicht war, würde ihm, Gabriel, reichen, um zu genügender Reife zu gelangen. Dann endlich würde in ihm schlummerndes Wissen erwachen und Kräfte entfalten, die ihn zu tun befähigten, weswegen er an diesen Ort gekommen war.
    Wieder wanderte der Blick des Knaben die felsige Flanke des Berges hinauf .
    Selbst im Sterben noch um Jahre gealtert, sank Giuseppe Mazzano tot um und schlug knirschend zu Boden.
    Gabriel hatte sich längst abgewandt, während die Züge seines Gesichtes sich kaum merklich veränderten, ein kleines bißchen »reiften«. Er sah nun in jene Richtung, aus welcher der Fremde kommen mußte. Er bereitete ihm den Weg, nachdem er ihn lange in die Irre geführt hatte, weil andere Dinge erst noch zu besorgen gewesen waren, und legte ihm endlich die richtige Spur.
    Der Wind würde sie ihm einflüstern und den rechten Weg weisen.
    In den Tod.
    *
    Und ich sah ein Tier aus dem Meer steigen, das hatte zehn Hörner und sieben Häupter... Offenbarung, Kap 13, Vers 1 Obgleich sein Fuß nicht wirklich den Boden berührte und nichts von allem um ihn her von wirklicher Substanz war, wünschte Salvat sich nichts sehnlicher, als die Augen schließen zu können und nie mehr öffnen zu müssen. Aber wie alles ringsum war auch er in diesen endlosen Momenten nur Vision, reiner Geist - der auf ewig besudelt und befleckt sein würde, wenn er dieser Hölle auf Erden je entkam.
    Wenn er ihr entkam .
    Denn obwohl Salvat wußte, daß nichts um ihn herum wirklich war, so spürte er doch mit einer Deutlichkeit, die des Körperlichen nicht bedurfte, daß der Odem, der alles hier tränkte, längst auch nach ihm griff, ihn vergiftete und zu einem Teil dieser Unwirklichkeit werden ließ. Jeder Augenblick, den er zu lange hier verweilte, konnte ihm eine Rückkehr unmöglich machen.
    Um so wichtiger war es, die Zeit zu nutzen, alles aufzunehmen, was es zu sehen gab, um es hernach zu deuten und danach zu handeln.
    Im allerersten Augenblick sah er in eine Welt, die öd und leer war - doch der Eindruck währte nur für die Dauer dieses Augenblicks. Dann wurde offenbar, daß es eine zerstörte, eine verwüstete Welt war. Und Salvat hatte das Empfinden, sie zu einem viel größeren Teil übersehen zu können, als es normal gewesen wäre. Fast meinte er, diese ganze Welt mit einem Blick zu erfassen .
    Und es war nicht irgendeine Welt, sondern die Erde selbst, deren Antlitz ein Krieg verwüstet hatte, der alle bisherigen
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