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Der Hort der Waechter

Der Hort der Waechter

Titel: Der Hort der Waechter
Autoren: Vampira VA
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eigenes Ende bedeuten würde . Aber etwas zu wissen und etwas wissentlich zu tun, waren zwei verschiedene Dinge. Und ihr Zögern machte sie für Salvat auf eine Weise menschlich, die ihm Schmerz verursachte. Und Zweifel weckte an der Richtigkeit dessen, was er im Begriff war zu tun .
    Mit einem unnötig heftigen Ruck setzte er sich in Bewegung, ihre Hand an seinem Arm haltend und mit sich zerrend.
    Ihre Hand ... Sie ...
    Warum nannte er sie nicht einmal in Gedanken mehr bei ihrem Namen?
    Morphea .
    Seit langem war sie schon bei ihnen, hatte sie geschlafen im Fels unter Monte Cargano - geschlafen und geträumt.
    Einer der Gesandten, deren Mission es war, außergewöhnliche Talente in aller Welt zu suchen, war einst in Griechenland auf das Mädchen aufmerksam geworden - oder vielmehr auf den Umstand, daß sie nicht zu altern schien und in der Folge in ihrer Heimat als »Hexe« verrufen gewesen war.
    Ihre außergewöhnliche Gabe hatte der Gesandte erst danach entdeckt. Eine Gabe, die in ihren Träumen bestand - darin, daß sie Macht darüber hatte. Ihre Träume konnten Wirklichkeit werden, und sie selbst konnte die Träume anderer aufsuchen, als wären sie Wirklichkeit. Stets war sie daraus zurückgekehrt, unversehrt und ewig jung. Aber sie wußte, daß dies anders sein würde, wenn sie auch nur einmal einen Alptraum »betrat« ...
    Der Gesandte hatte sie mit sich genommen und nach Monte Car-gano gebracht. Ob ihre Gabe der Illuminati zum Nutzen und Vorteil gereichen würde, hatte zu jener Zeit niemand gewußt. Viele außergewöhnliche Talente hatte man im Laufe langer Jahre gewissermaßen »gesammelt«, allein der Möglichkeit wegen, daß man ihrer Hilfe irgendwann einmal bedürfen könnte. Die allerwenigsten indes würde man wirklich brauchen. Morphea war eine von ihnen ...
    Ob Morphea ihr wirklicher Name war, wußte Salvat nicht. In jedem Fall paßte er zu ihr. Und womöglich war sie ja tatsächlich ein Abkömmling desjenigen, den die Griechen als Gott des Traumes verehrt hatten . Wer vermochte das schon zu sagen? Derjenige, der es zu sagen gewußt hätte, sprach schon lange nicht mehr zu Salvat Mit jedem Schritt, den sie der Kammer näherkamen, wuchs Mor-pheas Widerstreben. Bis Salvat schließlich nichts anderes mehr blieb, als das Mädchen förmlich mit sich zu schleifen. Erst als sie unmittelbar vor der Tür anlangten, erlosch ihr Widerstand - so unvermittelt, daß Salvat einen Moment lang fürchtete, sie könnte ...
    Ruckartig wandte er den Blick.
    Nein, durchfuhr es ihn, das darf nicht sein! Nicht jetzt, so kurz vor dem Ziel .!
    Seine Befürchtung war unbegründet, und die keimende Panik verging so rasch, wie sie aufgeflammt war.
    Morphea hing zwar reglos in seinem Griff, doch der Glanz ihrer Augen und das vage Beben ihrer gläsernen Züge verrieten ihm, daß sie sehr wohl noch am Leben war.
    Noch .
    Salvat schluckte den bitteren Geschmack, der seinen Mund plötzlich füllte, hinab, ohne ihn dadurch völlig vertreiben zu können.
    Mit der einen Hand das Mädchen haltend, klemmte er sich den Gehstock unter den Arm, um mit der freien Hand die Riegel der Bohlentür zurückzuziehen. Dann stieß er sie auf- und das Klagen der vielleicht bedauernswertesten Kreaturen dieser Welt brandete ihnen mit der Gewalt eines Orkans entgegen!
    Morphea krümmte sich darunter, und auch Salvat hatte Mühe, nicht kurzerhand zurückzuweichen wie unter einem tatsächlichen Sturmwind. Es lag nicht an der plötzlich ungedämpften Lautstärke der Wehlaute; was sie mit der Gewalt von Hammerschlägen traf, waren vielmehr der Schmerz und das Leid, die dem Chor inne-wohnten - und die sie beide nun empfanden, als wären es ihre eigenen.
    Um wieviel schlimmer mußte es da sein, wenn es die eigenen Empfindungen waren? Und welches Grauen mußte solchen Gefühlen zugrundeliegen .?
    Sie würden es erfahren. Bald schon .
    »Komm«, sagte Salvat nur und trat ein.
    Morpheas Blick flehte ihn an, ihr das nicht anzutun. Er konnte ihren Blick spüren, wenngleich er es vermied, das Mädchen anzusehen. Doch ihre Lippen blieben stumm, versiegelt von einem Entsetzen, an dem sie bisher nur teilhatte - und das trotzdem schon jetzt genügte, ihren Geist zu geißeln.
    Die Kammer der Träumer war weit mehr als nur eine »Kammer« -von fast domartigen Ausmaßen war sie, und die Felsendecke verschwand in der Finsternis hoch oben. Nur ein paar aufragende Steinsäulen verrieten, daß dort in unsichtbarer Höhe etwas war, das sie stützten. Kerzen tauchten den Raum in
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