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Der Hort der Waechter

Der Hort der Waechter

Titel: Der Hort der Waechter
Autoren: Vampira VA
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das Leben in einem solcherart ausgemergelten Körper konnte nur die Hölle gewesen sein.
    Natürlich empfand Landru kein Mitleid. Er traf nur eine Feststellung, kalt und nüchtern. Aber das Gefühl von vorhin schlich sich wieder ein - wie schon beim Betreten des Gehöfts, so hatte er auch jetzt den letztlich nicht faßbaren Eindruck, als wäre das Alter dieses Mannes nicht wirklich, nicht echt . ..
    »Er war mir ein Vater.«
    Dieses Mal zuckte Landru zusammen!
    Als hätte jemand den Namen des Verhaßten genannt, so hastig fuhr der Vampir herum, und er hatte Mühe, sein augenblicklich in Zorn umschlagendes Erschrecken zu bezähmen.
    Der sich ihm bietende Anblick ließ ihn jedoch alle Wut vergessen.
    Einen zeitlosen Moment lang hatte Landru das Gefühl, sie wären allein auf der Welt. Er - und das Kind.
    Der Junge hatte sich völlig lautlos genähert. Jetzt sah er stumm zu Landru auf, sein Gesicht vor Blässe fast leuchtend in der Nacht, die Augen dunkel vor - Trauer?
    Nur für die Dauer des Gedankens verspürte Landru die Versuchung, kraft seines Geistes hinter diese Augen zu sehen, um zu erkunden, was sich dort verbergen mochte. Aber er widerstand und verbat sich schließlich den bloßen Wunsch, es zu tun. Wenn das Kind der Messias der Alten Rasse war, durfte er ihm nicht mit solchem Mißtrauen begegnen. Er durfte sich keinen Zweifel erlauben, nicht ungläubig sein .
    Der Hüter suchte nach Worten und sagte schließlich: »War er dein Vater?«
    Der Junge schüttelte den Kopf.
    »Nein. Aber er half mir zu werden, was ich bin.«
    »Und wer bist du?« fragte Landru nun doch, ohne allerdings die leiseste Spur eines Zweifels in seine Stimme zu legen. Seine Frage klang nur, als suchte er damit eine Bestätigung dessen, was er schon wußte.
    »Gabriel«, erwiderte der Knabe lediglich.
    »Gabriel ...«, wiederholte der Vampir leise und lauschte, ob der Name irgend etwas in ihm auslöste, vielleicht an altem Wissen rührte. Doch es geschah nichts derartiges.
    Er spürte den Blick des Jungen auf sich und wandte sich ihm wieder zu.
    »Möchtest du ...«, setzte Gabriel an, zaghaft und dann zögernd, wie es schien.
    »Ja?« forderte Landru ihn auf weiterzusprechen.
    ». mein Vater werden?« vollendete der Junge seine Frage.
    Um die Lippen des Hüters legte sich ein Lächeln, von dem niemand, der ihn kannte, auch nur angenommen hätte, daß er dazu fähig wäre. Als genieße er es selbst, ließ er sich mit der Antwort Zeit. Dann sagte er: »Ja, das möchte ich. Sehr gern sogar.«
    Und der träge Schlag seines dunklen Herzens ging ein klein wenig schneller.
    *
    Denn es ist gekommen der große Tag ihres Zorns, und wer kann bestehen? Offenbarung, Kap 6, Vers 17 Der Anblick der von schwarzem Blut besudelten Frau verging nicht wie alle anderen, die wie die immer neuen Bilder eines Kaleidoskops auf Salvat einstürmten. Und die unverhoffte »Begegnung« mit ihr stürzte Salvat für Momente in tiefste Verwirrung - lange genug, um seinen Geist fast spürbar bis zum Bersten anzufüllen mit Ein-drücken, die einander in Grauen und Rätselhaftigkeit stets zu übertreffen trachteten.
    Nicht mehr lange, erkannte Salvat, und das Gefäß seines Geistes würde zerbrechen unter dem immensen Druck!
    Gar nicht mehr lange .!
    Jetzt!
    Salvat spürte etwas wie den Stich einer glühenden Nadel inmitten seines Schädels. Sengender Schmerz fraß sich, Blitzen gleich verästelnd, durch seinen ganzen Körper.
    Er brüllte, bäumte sich auf, mobilisierte allen Widerstand, alle Energie, die im Wahnsinn zu vergehen drohte. Kraft seines Willens schuf er Schilde um sein Innerstes, an denen der Ansturm des Irrsinns abprallte. Sein Geist focht einen ebenso verzweifelten wie mörderischen Kampf gegen das Fremde, das ihn und alles in ihm verzehren wollte.
    Salvat gewann die Schlacht.
    Dieses Mal.
    Ein zweites Mal würde selbst er nicht die Kraft dazu aufbringen können. Denn sie war nicht einfach nur übermenschlich, sie war von überirdischer Qualität gewesen ...
    »Raus hier!«
    Salvat merkte erst, daß sein Gedanke laut geworden war, als ihm die eigenen Worte wie Donner in den Ohren dröhnten.
    Der Druck an seinem Arm, den er bisher kaum wahrgenommen hatte, weil ihn die gewaltigen Eindrücke und Empfindungen blind und taub für alles andere gemacht hatten, nahm ein klein wenig zu. Ein Laut ging damit einher, der ihn auf furchtbare Weise an das erinnerte, was eben noch nach ihm gegriffen hatte.
    Wahnsinn .
    Ein gespenstisches Kichern drang an Salvats Ohr.
    Zum
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