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Der Hort der Waechter

Der Hort der Waechter

Titel: Der Hort der Waechter
Autoren: Vampira VA
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Reise auf dem Wind. Allenfalls war sie noch eine Spur kärglicher. Der Boden unter seinen Füßen und ringsum schien noch weniger ertragreich, und das Gehöft, das er in einiger Entfernung fast so mühelos wie bei Tage ausmachte, noch ärmlicher. Selbst über die Distanz nahm Landru die dort herrschende Verlassenheit wahr, und der davon rührende Geruch nach Verfall und Alter reichte bis zu ihm her.
    Dennoch machte der Vampir sich auf den Weg dorthin. Denn zum einen gab es weit und breit nichts, wo das Kind sonst Unterschlupf gefunden haben konnte, und zum anderen war die Spur hier noch nicht zu Ende. Sie führte geradewegs zu den geduckt am Fuße des Berges stehenden Gebäuden hin. Landru vermochte sie zu sehen; seinen Sinnen war es, als zeichneten sich die Abdrücke fremder Schritte wie glühend am Boden ab.
    Jenseits des nur noch in Fragmenten vorhandenen Zaunes, der sich um das einsame Gehöft zog, verschwanden sie jedoch - oder wenigstens ließen sie sich nicht mehr deutlich erkennen. Sie verliefen kreuz und quer durcheinander. Aber immerhin entfernten sie sich nicht.
    Landru wertete das als positives Zeichen. Denn es bedeutete, daß das Kind noch hier war, irgendwo auf dem Hof versteckt.
    Er blieb stehen und fragte sich, wie er weiter vorgehen sollte. Einfach nach dem Kind rufen, so wie die Menschen ihre Kinder zum Essen heimriefen? Das schien ihm - nun, nicht angebracht. Immerhin handelte es sich hier nicht um irgendein Kind. Und Landru wußte nicht, wie es reagieren würde, wenn man ihm auf solch respektlose Weise gegenübertrat. Nicht, daß er das Kind fürchtete - aber wenn es war, wofür er es hielt, dann durfte ihre Beziehung nicht auf solch banale und unwürdige Weise ihren Anfang nehmen.
    Nur - wie sollte er es anfangen? Und wichtiger noch schien ihm mit einemmal eine andere Frage: War sich das Kind seiner Rolle, seiner Bedeutung überhaupt bewußt? Oder würde es ihm, Landru, zufallen, es auf seine große Aufgabe vorzubereiten, es zu führen und anzuleiten? War dies vielleicht überhaupt der Grund, aus dem es ihn hierher gezogen hatte?
    Der einstige Hüter konnte es drehen und wenden, wie er wollte -es stellten sich ihm nur Fragen, die neue nach sich zogen. Antworten indes würde er erst finden, wenn er auch das Kind gefunden hatte. Also ging er weiter.
    Sein nachtsichtiger Blick schweifte bald hierhin, bald dorthin, und überall fand er bestätigt, was er schon von weitem angenommen hatte: Der Hof war verlassen. Die landwirtschaftlichen Geräte, die samt und sonders aus dem vorigen Jahrhundert zu stammen schie-nen, wurden offenbar seit einem Menschenalter nicht mehr benutzt. Die Dächer des Wohnhauses und der kleinen Ställe waren teilweise eingesunken und löchrig .
    . und doch empfand Landru etwas als störend an allem Offensichtlichen. Irgend etwas schien ihm nicht so, wie es hätte sein sollen. Vage keimte der Gedanke in ihm, die Verfallserscheinungen um ihn her hätten etwas - nun, Künstliches. Als wären sie nicht das Werk langer Jahre und Jahrzehnte, sondern - arrangiert .
    Er wußte nicht, worauf sein Verdacht sich gründete. Und vielleicht war es auch nicht wirklich von Bedeutung. Aber es war ihm zumindest ein Zeichen dafür, daß hier etwas nicht mit rechten Dingen zugehen mochte. Ein Zeichen dafür also auch, daß er am rechten Ort war .
    Etwa in der Mitte des totenstill daliegenden Hofes blieb der Vampir stehen. Scheinbar starr wie eine Statue, streckte er doch seine Fühler aus. Er ließ seine Macht, die jene »normalsterblicher« Vampire von jeher weit übertroffen hatte, fließen. Wie die Wellen, die ein ins Wasser geworfener Stein verursacht, lief sie in alle Richtungen, reflektierte jedes Hindernis, ob aus Stein oder woraus auch immer, und schuf so in Landrus Geist ein umfassendes Bild seiner Umgebung, das ihm auch zeigte, was außerhalb seines eigentlichen Gesichtsfeldes lag.
    Da!
    Landru hatte Mühe, ein Zucken zu unterdrücken.
    Das Abbild eines Körpers erschien vor seinem inneren Auge, ohne detaillierte Konturen zwar, aber zweifelsohne von menschlicher Gestalt. Er war reglos - wie tot .!
    Landru ortete ihn. Er lag hinter dem kleinen und baufällig gewordenen Wohnhaus. Eilends lief er hin - und gestattete sich ein erleichtertes Aufatmen.
    Es handelte sich nicht um das Kind, wie er insgeheim befürchtet hatte. Statt dessen sah er hinab auf den Leichnam eines Mannes, der ein wahrhaft biblisches Alter erreicht haben mußte, und der Tod mußte ihm eine Erlösung gewesen sein. Denn
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