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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt
Autoren: Trevor Shane
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dich uns wegnehmen zu können.
    »Gehört das also alles zu deinem Job als Mittelsmann?«
    »Tu mir das nicht an, Joe«, sagte Jared. »Du weißt, dass das weit darüber hinausgeht.« Jared sah kurz durchs offene Fenster nach draußen. »Ist dir eigentlich bewusst, dass du deine Mutter noch ins Grab bringst?«, sagte er zu deinem Vater.
    Joe nickte nur. Ich wusste, dass er deine Großmutter bereits abgeschrieben hatte. »Was ist mit Michael?«, fragte dein Vater und meinte damit seinen und Jareds besten Freund, den Dritten in ihrem Trio.
    »Michael packt das einfach nicht, Joe«, erwiderte Jared. »Er hat das Weite gesucht, als er gehört hat, dass du abgehauen bist. Das hat ihn völlig verunsichert. Er weiß nicht, was er ohne dich tun soll.«
    »Dann ist er ebenfalls auf der Flucht?« Hoffnung kehrte in die Stimme deines Vaters zurück.
    »Nein. Niemand verfolgt Michael. Er hat nichts Falsches getan. Wenn ich dich zurückhole, wird er im Nu von selbst zurückkommen. Alles wird wie in den alten Zeiten sein.« Jared legte die Hand auf die Pistole und schob sie in die Tischmitte, sodass sie genauso nah bei deinem Vater lag wie bei ihm. Mir war nicht klar, ob es sich dabei um ein Friedensangebot oder um eine Kampfansage handelte. Ich verstand die Rituale immer noch nicht. Ich wandte den Blick von der Pistole ab. Alle waren zu ruhig. Ich hätte am liebsten geschrien. Du warst in meinen Armen eingeschlafen. Draußen nahm der Himmel einen dunkelrosafarbenen Ton an, als die Sonne anfing unterzugehen. Im Haus machten sich lange graue Schatten breit.
    »Also, was willst du von mir, Jared?«, fragte dein Vater.
    »Ich möchte nur, dass du das Richtige tust«, erwiderte Jared. »Es geht nur um das Kind. Das Mädchen kannst du behalten.« Jared machte eine Kopfbewegung in meine Richtung. Ich hätte ihn gern einen Dreckskerl genannt und ihn gefragt, für wen er sich eigentlich hielt, wagte es aber nicht, den Mund aufzumachen. »Das ist nur zu deinem Besten, Joe. Ich kenne dich schon sehr lange. Ich mag dich. Ich versuche bloß, dir zu helfen.« Als ich Jared diese Worte sagen hörte, hätte ich ihm beinahe geglaubt.
    Dein Vater rieb seine Hände aneinander. »Ich möchte nicht, dass mein Sohn in irgendwas reingezogen wird, Jared. Ich möchte nicht, dass er zu einem Killer heranwächst.« Dein Vater schüttelte den Kopf. In seinem Tonfall lag eine Entschlossenheit, wie ich sie noch nie zuvor gehört hatte. »Was würdest du mit Christopher tun, wenn ich ihn dir aushändigen würde?«
    Jared lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Er kannte die Antwort auf diese Frage. »Ich werde dafür sorgen, dass er dort hinkommt, wo er hingehört. Ich werde ihn der anderen Seite aushändigen. Ich werde die Regeln befolgen, Joe, was du auch hättest tun sollen.«
    »Und wenn er achtzehn wird?«, fragte dein Vater, obwohl er die Antwort kannte, bevor er die Frage stellte.
    Jared schüttelte den Kopf. Ihm war bewusst, dass dein Vater wusste, was er antworten würde. »Dann werde ich den kleinen Scheißkerl eigenhändig umbringen«, erwiderte Jared. Ich schnappte nach Luft, als ich diese Worte hörte. Jared drehte sich um und sah uns mit unverhohlener Verachtung an. Sein Blick verriet mir, was er von mir dachte. Ich hatte seinen besten Freund korrumpiert. Ich hatte ihm seinen Bruder gestohlen.
    Ein knappes »Nein« war alles, was dein Vater kopfschüttelnd erwiderte.
    »Nein, was?«, fragte Jared.
    »Nein, du nimmst mir meinen Sohn nicht weg. Nein, mein Sohn wird nicht Teil dieses Krieges.« Dein Vater sprach diese Worte wie eine Zauberformel, als würden sie ihm Kontrolle verleihen. Doch es handelte sich nur um Worte. Wie sehr er es auch hoffte, sie hatten nichts Magisches an sich.
    »Es bricht mir wirklich das Herz, Joe, aber ich habe alles für dich getan, was ich tun konnte. Wir nehmen ihn mit. Eines Tages wirst du mir dafür dankbar sein.« Jared beugte sich vor und griff nach der Pistole auf dem Tisch. Dann stand er auf und steckte sie sich hinten in den Hosenbund. »Ich habe dir die Chance gegeben, das Richtige zu tun. Wenn du wieder zur Vernunft kommst, steht dir meine Tür offen. Hoffentlich wird es mir dann noch gelingen, sie dazu zu überreden, dich wieder aufzunehmen.« Jared ging auf uns zu. »Schnappt euch das Kind«, befahl er seinen Begleitern und deutete dabei wieder auf dich. Zwei der vier bewaffneten Männer traten auf mich zu. Einer richtete seine Pistole auf mich. Mir wurde plötzlich bewusst, was vor sich ging. Sie würden
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