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Der heilige Erwin und die Liebe

Der heilige Erwin und die Liebe

Titel: Der heilige Erwin und die Liebe
Autoren: Jasna Mittler
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flüstert der Außenminister und drückt ihm die Schulter. »Weil auf Erden doch heute der 24. Dezember ist!«
    Â»Das hätte ich ja fast vergessen!«
    Mit einem Sprung ist Gott an Jesus’ anderer Seite und umarmt ihn überschwänglich. »Auch von mir alles Gute, mein Junge«, jubelt Er. »Und ich danke dir, dass du mich diesmal auf meiner Reise begleitet hast. Du warst mir eine große Hilfe!«
    Jesus ist völlig überrumpelt. Er drückt seinen Vater fest an sich. »Ach was – ich danke dir, dass du mich mitgenommen hast«, sagt er mit erstickter Stimme. »Ich habe unser Abenteuer wirklich sehr genossen!« Er löst sich aus der Umarmung und wischt sich verstohlen ein Tränchen aus seinem Augenwinkel. Dann räuspert er sich und sagt laut: »Jetzt kommen wir endlich zu der Überraschung, die ich dir versprochen habe. Erinnerst du dich daran, wie ich dir von der irdischen Musik erzählt habe?«
    Gott nickt.
    Â»Diese Musik wollen wir als Medium benutzen, um den Menschen unsere Botschaft zu vermitteln«, erklärt Jesus. »Die Idee hat Potential, das kann unser Außenminister dir bestätigen!« Er weist auf den Heiligen Geist, der vor Ungeduld bereits auf und ab hüpft. Auc h aus den Reihen der Engel ist unruhiges Hüsteln und aufgeregtes Getuschel zu vernehmen. Alle sind gespan nt darauf, wie Gott reagieren wird.
    Nun ergreift der Heilige Geist das Wort. »Ich habe also, in Ergänzung zu eurer Mission, eine Reihe von Liedern für die Menschheit geschrieben. Und eines davon – sozusagen das Herzstück, da es um die Liebesbotschaft geht – wollen wir euch nun präsentieren.« Er macht eine kunstvolle Pause, atmet tief ein und aus. Schließlich sagt er feierlich: »Höret nun: Die Ballade von Erwin und Rita!«
    Zunächst ist nur ein Säuseln zu vernehmen, sphärische Klänge, die an- und abschwellen, dann setzen die Stimmen ein, sammeln sich in ihrer grenzenlosen Schö nheit zu einem vollen Klang, aus dem sich dann einzelne Sänger lösen, um die Strophen zu singen:
    Â»Ich erzähl’ euch die Geschicht’
    Von einem Pah – har
    Mann und Frau, sie heißen schlicht:
    Erwin und Ritaha,
    Erwin und Rita – ha
    Erwin hört Rita zu
    Sie tauschen sich a -haus
    doch lässt sie ihn auch in Ruh’
    Will er mal ra – haus
    Erwin und Rita – ha«
    Nun schließen sich die Stimmen wieder zusammen, so dass der Refrain mit voller Kraft aus allen Engelskehlen dringt:
    Â»Die Liebe ist
    Nicht immer leicht
    Doch die beiden
    Sind zufrieden
    Sie sind sehr gern zu zweit
    Weil sie sich vertrau – hen
    Mit Interesse und Achtsamkeit
    Aufeinander bau – hen
    Erwin und Rita – ha
    Die Liebe ist
    Nicht immer leicht
    Doch die beiden
    Sind zufrieden
    Sie tanzen auf dem Eis
    Tagaus, taga – hein,
    Mal auf, mal ab, mal im Kreis
    zusammen woll’n sie sa – hein
    Erwin und Rita – ha«
    Die Stimmen werden leiser, ein Engel nach dem anderen steigt aus dem Chorgesang aus, bis schließlich nur eine einzige Stimme übrig bleibt, die leise singt:
    Â»Ja, die Liebe ist
    Nicht immer leicht
    Doch Erwin und Rita
    Sind zufrieden,
    ja sie sind zufrieden!«
    Gott und Jesus stehen da wie vom Donner gerührt. Alle Augen sind auf sie gerichtet. Selbst die Engel verharren in vollkommener Stille.
    Da löst sich Gott aus seiner Erstarrung und beginnt, schallend in die Hände zu klatschen. »Bravo!«, ruft Er, und noch einmal, lauter: » BRA-VO !!!«
    Jesus strahlt vor Freude. Auch er klatscht nun stürmisch Beifall. »Phantastisch!«, ruft er aus. »Das ist größer, als ich erwartet habe. Das ist … das ist … das ist größer als die Beatles!!!«
    Der Heilige Geist verneigt sich. »Auf dass unsere Botschaft diesmal endlich bei den Menschen ankommen möge«, sagt er.
    Und Gott und Jesus fügen unisono hinzu: »Amen!«

Es ist der Abend des vierundzwanzigsten Dezember. Auf der Theke und den Tischen stehen rote Gläser mit Teelichten darin, die warmes Licht verbreiten. Der Baum, den Erwin am Nachmittag aufgestellt hat, verströmt frischen Tannenduft. Aus der Küche, wo Rita gerade die letzten Vorbereitungen trifft, strömt das köstliche Aroma des Weihnachtsessens und lässt Erwin das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er holt zehn tiefe und zehn flache Teller aus dem Geschirrschrank und beginnt, den Tisch zu decken. Sie
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