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Der heilige Erwin und die Liebe

Der heilige Erwin und die Liebe

Titel: Der heilige Erwin und die Liebe
Autoren: Jasna Mittler
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Nase. Gott niest kräftig, und Jesus macht vor Schreck einen Satz zurück.
    Â»Hatten wir nicht vorgehabt, sie in ihrem mensch­ lichen Normalzustand zu belassen?«, fragt Gott tadeln d. »War das nicht sogar deine Idee?!«
    Â»Na ja«, entgegnet Jesus. »Pläne können sich auch ändern. Und so ein kleines bisschen Nachhilfe können die beiden bestimmt gebrauchen, oder?« Er blickt seinen Vater mit großen Augen an, bis Gott nachgibt.
    Â»Wie du meinst«, sagt Er. »Aber bei den Präriewühlmäusen läuft das so: Wenn sich ein Männchen und ein Weibchen zusammentun, dann verbringen sie eine sehr … liebevolle Zeit miteinander. Und dabei werden Hormone freigesetzt, die sie für immer und ewig als Paar verbinden. Bei Erwin und Rita ist diese verliebte Phase aber schon vorbei, daher fürchte ich, dass es bei den beiden zu spät ist für dieses Modell!«
    Â»Aber es ist doch nie zu spät für Zärtlichkeit!«, ruft Jesus aus. »Und es gibt so viele Arten davon: Ohrenkraulen, Rückenstreicheln, Bauchkraulen, …« Versonnen reibt er Marlenes Körper am Tischbein. »Ich kann davon jedenfalls nie genug bekommen!«
    Gott kratzt sich nachdenklich mit der Hinterpfote am Ohr. »Du meinst also, dass sich Erwin und Rita täglich kraulen sollten?«, fragt Er.
    Â»Kraulen, streicheln, oder meinetwegen auch umarmen!« Jesus, ganz in seinem Element, springt auf die Tischplatte. »Sie sollen sich mit kleinen Liebkosungen daran erinnern, wie gern sie sich mögen!«, propagiert er und hebt Marlenes Tatze, um die Wichtigkeit seiner Rede zu unterstreichen. »Und wenn es nur ein Küsschen auf die Wange ist, oder ein kurzes Händchenhalten. Wir Katzen, äh, ich meine, die Katzen fordern die Streicheleinheiten, die sie brauchen, einfach ein, deshalb geht es ihnen auch so gut! Aber die Menschen vergessen offensichtlich immer wieder, wie wohl das tut.« Jesus springt vom Tisch herunter und stolziert auf Gott zu. »Wie wär’s – wir verordnen Erwin und Rita eine tägliche Portion an Zärtlichkeitsaustausch. Eine gegenseitige Massage zum Beispiel! Das ist gut für das Wohlbefinden, es macht glücklich und es tut der Liebe gut!«
    Â»Und du meinst nicht, dass das gemogelt wäre?«, fragt Gott vorsichtig. »Weil wir doch wollten, dass sie sich so lieben, wie sie sind?«
    Â»Und wenn schon«, flüstert Jesus und blickt seinem Vater tief in die Augen. »Wenn Rita und Erwin ein Paradebeispiel für die zwischenmenschliche Liebe werden sollen, kann so ein bisschen Zärtlichkeitsdoping sicher nicht schaden!«
    Â»Hallo, ihr beiden!«, ertönt in diesem Augenblick Erbses fröhliche Stimme. Gleich darauf wird die Tür aufgestoßen, und das Mädchen klettert herein, Olli-Lolli im Schlepptau. Die Kinder sehen sehr aufgeräumt aus. »Ihr werdet nie erraten, was wir heute machen!«, behauptet Erbse.
    Â»Nie im Leben!«, setzt der Junge hinterher und grinst.
    Im nächsten Augenblick platzt es auch schon aus Erbse heraus: »Wir gehen Eislaufen! Mit Rita und Erwin!«
    Jesus schüttelt sich. »Eislaufen?«, fragt er entsetzt. »Das klingt aber nass!« Die Furcht vor Wasser steckt Marlene in den Knochen, und auch wenn sich Jesus den Katzenkörper nur ausgeliehen hat, kann er sich nicht von dieser Empfindung frei machen.
    Â»Ach, komm schon«, sagt Erbse aufmunternd und streichelt über den Katzenrücken. »Du musst ja gar nicht aufs Eis. Wir nehmen dich in der Tasche mit, dann kannst du vom Rand aus zusehen!«
    Olli-Lolli hat unterdessen das Essen für die Tiere aus seinem Rucksack gepackt. Er hält Gott ein Wurstbrot vor die Hundeschnauze. »Das mit dem Eislaufen war übrigens meine Idee!«, verkündet er stolz. »Weil wir Erwin und Rita doch mal dazu bringen wollten, dass sie was zusammen unternehmen. Erwin wollte zwar erst nicht, aber ich habe ihm gesagt, dass er damit Rita eine Freude machen kann. Und da hat er dann ja gesagt. Gut, nicht?« Er schaut die Tiere erwartungsvoll an, und Gott und Jesus nicken zustimmend.
    Â»Wir gehen jetzt erst mal mit euch raus, und heute Nachmittag um zwei geht’s dann los«, erklärt Erbse. »Und stellt euch vor, ich musste meine Eltern nicht mal anlügen – sie sind damit einverstanden, dass ich mit Erwin und Rita zum Schlittschuhlaufen gehe!« Erbse kann es selbst noch nicht glauben.
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