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Der große Fetisch

Der große Fetisch

Titel: Der große Fetisch
Autoren: L. Spraque de Camp
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Vereinigten Kirche von Vizantia, der Breiten Kirche von Anglonia, dem Barmadislam in Arabistan und so fort zusammengearbeitet und so in den letzten vierzig Jahren den Ausbruch eines gewaltigen Krieges verhindert. Möchten Sie diesen Frieden beenden?«
    Ein anderer Philosoph meldete sich zu Wort. »Sie mögen es vielleicht nicht glauben, aber auch wir haben unsere Ideale.«
    »Das habe ich Ihnen nie abgesprochen«, sagte der Patriarch.
    »Wir legen vor allem besonderen Wert darauf, die Wahrheit zu entdecken. Wir glauben, daß sie in sich gut ist. In dem besonderen Fall nehmen wir an, daß wir auf eine gewisse Wahrheit gestoßen sind, die unter dem Namen Herabkommen oder Herabkunft bekannt geworden ist. Sollen wir diese Wahrheit unterdrücken?«
    Yungbor erwiderte: »Ohne Zweifel halten Sie Czipollons Grundsatz für selbstverständlich, daß das Wahre das Rechte und das Rechte das Wahre ist. Überlegen Sie doch bitte, meine Herren. Gibt es einen Grund, irgendeine Idee von vornherein als wahr anzunehmen und andere nicht? Nehmen Sie zum Beispiel die Evolution. Nehmen wir einmal rein theoretisch an, daß die Lehre von der Herabkunft wahr ist. Wenn Sie diese Überzeugung jetzt mit aller Macht den Leuten aufdrängen, könnten Sie die Jahre des Friedens beenden und eine Reihe von Kriegen hervorrufen, schlimmer, als sie dieser verwirrte Planet je gesehen hat. Sie können sicher sein, daß die Anglonier und die Mingkwo nicht untätig bleiben werden, wenn Prem Mirabo sein Land auf Kosten der Iverianer vergrößert. Sie haben schon genug Angst vor ihm. Und mit der Flugmaschine, die die Anglonier jetzt erfunden haben, werden die Kriege schrecklicher als je zuvor werden.
    Man kann sogar sagen, daß all diese Erfindungen, auf die Sie jetzt so stolz sind, eines Tages dazu führen werden, daß sich die Menschheit auf Kforri auslöschen kann, so wie man es sich in den Sagen von den Vorgängern der jetzigen Götter erzählt, die sich auf der Erde gegenseitig vernichtet haben. Dann brauchen wir nur einen Wahnsinnigen, der sich die Gewalt über ein Volk verschafft hat … nun, wo liegt in diesem Fall das Gute?«
    Mensenrat sagte: »Da gibt es noch einen anderen Punkt, den Sie nicht berücksichtigt haben. Unsere Hälse.«
    Yungbor strich sich den Bart. »Das versteht sich von selbst. Unsere Hälse gibt es schließlich auch. Ich habe das nicht zur Sprache gebracht, weil es sich von selbst versteht, was uns auf der Ebene solcher niedrigen Motive das liebste wäre. Ich hoffte, ich könnte edlere Gefühle in Ihnen ansprechen.«
    Er schwieg und fuhr dann fort: »Und bedenken Sie den zweiten Punkt, von dem ich sprach. Ich weiß, meine Herren, daß viele von Ihnen nichts von unserem Glauben halten. Sie sagen, dies oder jenes sei objektiv nicht wahr, und verweisen auf Fälle, bei denen sich zeigt, daß unser Geist in der Vergangenheit begrenzt war und Fehler machte. Überlegen Sie jedoch! Dieser Glaube hält der Logik stand, ob er jetzt objektiv wahr ist oder nicht. Er ist in einem halben Jahrtausend von unseren großen Theologen gestaltet worden. Und mit seiner Hilfe halten wir die Menschen im Zaum. Wir bezähmen ihre natürliche Gewalttätigkeit, ihre viehischen Begierden. Wir ermöglichen es ihnen, als zivilisierte Bürger zusammenzuleben.
    Sie glauben, daß Sie die Zivilisation mit Ihren Erfindungen und Entdeckungen geschaffen haben. Die Leute sind bis vor fünfzig oder sechzig Jahren ganz gut zurechtgekommen, bevor Ihre Erfindungen und Entdeckungen so rasch aufeinanderfolgten, daß jegliche Gedankengebäude über den Haufen geworfen wurden. Die Kirche ist die einzige stabile Institution, an die sich die Leute noch halten können. Was nützen Erfindungen und Entdeckungen, wenn sie nicht von einer moralischen Kraft getragen werden, die den Menschen zur Mäßigung im Umgang miteinander verhilft? Wie lange würden sie sich denn zivilisiert betragen, wenn man einen Menschen alles tun ließe, er seinem Nachbarn eins über den Kopf geben, ihn in seine Küche schleppen und ihn dort braten und verzehren könnte?
    Sie blicken mich spöttisch an. Sie sagen, daß Ihnen so etwas nie einfallen würde. Sie führen ein moralisches, anständiges Leben ohne die Führung durch übernatürliche Gesetze. Aber Sie, meine Herren, sind keine Durchschnittsbürger, das ist doch keine Frage. Noch weniger gehören Sie zu der großen Randgruppe der Leute, die das Böse wirklich dem Guten vorziehen und ein gemeines Leben führen. Wenn Sie nicht glauben, daß es solche
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