Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Titel: Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
Autoren: Neumeier Rachel
Vom Netzwerk:
der Hand des Königs entgegen. Der Arobarn legte es ihm auf die Handfläche, schloss anschließend die kräftige Hand um Annachudrans Faust und erklärte streng: »Diese Aufgabe erfordert einen Mann von sorgfältigem Urteilsvermögen. Das ist wichtig. Nicht zu gnädig, nicht zu hart, verstanden?«
    Annachudran neigte das Haupt. Er antwortete nicht überstürzt, sondern erst einen Augenblick später und in leisem, ernstem Ton. »Mein König, ich werde mich bemühen, Euer Vertrauen zu rechtfertigen.«
    »Ich denke, das wirst du«, sagte der Arobarn und ließ ihn los. Dann nahm er abrupt die Fluchgelübde-Ringe wieder zur Hand und reichte sie Gerent, der sie annahm.
    Die Ringe brannten mit einem seltsamen kalten Leben auf seiner Handfläche. Etwas Besonderes war an ihnen – etwas, das nichts entsprach, was er jemals erfahren hatte.
    »Sie gehören dir«, erklärte der König ernst. »Hatte ich nicht gesagt, dass es so sein würde?«
    »Ich glaube, ich kann dir zeigen, wie man die Verzauberung rückgängig macht«, sagte Beguchren gleichermaßen ernst. »Das wäre eine nützliche Übung.«
    Gerent verkniff sich die erste Antwort, die ihm dazu einfiel, und erwiderte stattdessen höflich und beherrscht: »Ich bin sicher, dass es andere Übungen gibt, die sich als ebenso nützlich erweisen werden.« Anschließend warf er die Ringe Tehre zu.
    Sie fing sie so mühelos auf, als hätte sie von Anfang an gewusst, was er plante. Sie lächelte. Es war ein strahlendes Lächeln, mit einem Hauch Ironie. »Silber ist nicht das Gleiche wie Gestein«, sagte sie zu ihm. »Ich denke nicht, dass genau die gleichen Berechnungen zum Tragen kommen.«
    »Brauchst du sie?«
    »Nein«, antwortete Tehre. »Für Metalle gilt eine andere Gleichung; ich habe sie gerade ausgearbeitet.« Sie warf die Ringe in die Luft. Das Licht glitzerte auf dem Silber und auf dem Frost, der sich wie Spitze über das Metall zog ... Und mit einer zarten, bebenden Musik, die an das Schlagen winziger Glocken erinnerte, lösten sich die Ringe zu glitzerndem Staub auf, der sich auf dem glänzenden Tisch des Arobarn verstreute.
    Die Zerstörung der Symbole der Sklaverei erwies sich auf eine seltsame Art als noch dramatischer als die Freiheit selbst. Gerent spürte, wie sich seine Lippen unwillkürlich zu einem Lächeln verzogen, vermutlich mit einer Spur geballten Irrsinns dahinter. »Du musst mich diese Gleichung lehren.«
    Tehre erwiderte seinen Blick; und in ihren Augen spiegelte sich eine vorsichtige, freudige Überraschung, die kaum die leidenschaftlichen Gefühle dahinter verbarg. »Ich lehre dich alle Gleichungen. Wenn du möchtest.«
    Gerent konnte nicht aufhören zu lächeln. Er fragte sich, wie lange es womöglich dauerte, bis dieser Ausdruck der Vorsicht aus ihrem Blick verschwand. Vielleicht gar nicht so lange, wenn man sich richtig Mühe gab. Und so fragte er: »Sie alle? Ich bin sicher, dass das lange dauert. Jahre, vermute ich. Ich kenne jedoch keine bessere Möglichkeit, Jahre zu verbringen.« Und er trat an sie heran, und wie er es fast von Anfang an hatte tun wollen, umfasste er ihre kleine Hand mit der eigenen Pranke und blickte ihr in die Augen.
    Tehre errötete und lachte, anschließend blickte sie sowohl ihren Vater als auch den König an ... legte dann aber den Kopf in den Nacken und sah Gerent an, schlang ihre andere kleine Hand halb um seine – so weit es halt ging – und sagte neckend und ernsthaft zugleich: »Es könnte ewig dauern. Denn wenn du alle gelernt hast, erfinde ich neue.«
    »Die Philosophen sagen, dass die Welt der Zahlen unendlich ist«, erwiderte Gerent mit tiefer Zufriedenheit. »Also besteht kein Grund, dass uns die Zahlen je ausgehen.«
    »Geht jetzt«, sagte der Arobarn erheitert. »Erfreut euch eurer unendlichen Gleichungen, und falls einige davon für den Bau von Bergstraßen und hohen Brücken nutzbar sind, umso besser.« Er gab ihnen allen mit einem Wink zu verstehen, dass sie gehen sollten.
    Gerent verweilte noch ein wenig und sah Beguchren lange an, denn er fürchtete, dieser könnte sich verlassen fühlen. Doch Beguchren lächelte. Diesmal erschien Gerent das Lächeln nicht gänzlich undurchschaubar, sondern erheitert und sogar erfreut; es vermied, wie er vermutete, bewusst jede Bitterkeit. Gerent nickte Beguchren zu, bat Aben Annachudran mit einem kurzen Nicken um Verzeihung und deutete damit an: Ich weiß, dass ich dich zuerst hätte fragen sollen! Aber diese Bitte um Verzeihung war nicht sonderlich ernst gemeint.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher