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Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Titel: Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
Autoren: Neumeier Rachel
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hinab.
    Dann drehte sich Beguchren neben Annachudran zum König um und hatte die kleine Hand auf der Schulter des knienden Mannes liegen, eine Wiederholung der Geste Gerents auf der anderen Seite. Beguchren sah den König mit einer Zuversicht an, die niemand sonst empfinden konnte, und zeigte dabei womöglich sogar eine Spur Humor. Sanft erklärte er: »Mein König ... auch ich bitte um Gnade für diesen Mann. Nicht der Gerechtigkeit zuliebe, denn niemand muss einen gerechten König um Gerechtigkeit bitten. Wohl aber um Nachsicht für einen Mann, der Euch gedient hat; für den Vater einer Dame, die Euch gut gedient hat; für den Freund meines Schülers Gerent Ensiken, der Euch gut gedient hat. Und für mich, weil ich Euch darum bitte.«
    Schüler?, fragte sich Gerent verwundert. Er warf einen Seitenblick auf Beguchrens Gesicht, aber natürlich konnte er diesem nichts entnehmen.
    »Nun ...«, sagte der Arobarn ein wenig verblüfft. Dann fuhr er fort: »Ich hatte ohnehin vor, Nachsicht walten zu lassen, mein Freund.«
    »Das habe ich erwartet«, versetzte Beguchren und zeigte wieder sein leises, undurchsichtiges Lächeln. »Da ich jedoch der Architekt dieses Augenblicks bin, wollte ich im Hinblick auf seinen Ausgang auch ganz sichergehen.«
    »Ist er denn ein Bauwerk?«, überlegte der Arobarn. »Oder ein Kunstwerk, ha?«
    »Wenn es Euch gefällt«, erwiderte Beguchren und warf erneut einen Blick auf den knienden Annachudran. »Ich bin dir für deinen Beistand dankbar«, sagte er leise zu ihm. »Auch für deine Freundlichkeit und die deiner Frau Gemahlin. In meinem Namen, nicht in dem von ganz Casmantium.«
    Aben Annachudran senkte in stiller Dankbarkeit den Kopf und blickte dann wieder zum Gesicht des Königs auf. Er sprach kein Wort.
    »Ein für sein Mitleid berühmter König«, sagte der Arobarn in einem Ton, der von Ironie tropfte, »ist unweigerlich in gleichem Maße für seine Ungerechtigkeit berühmt.« Er hielt inne. Als niemand sich rührte, fügte der König hinzu: »Aben Annachudran, keiner meiner Richter darf straflos meine Gesetze missachten. Deshalb erkläre ich, dass du nicht länger ein Richter bist.«
    Annachudrans Lippen zuckten leicht, aber er nickte.
    »Allerdings denke ich, ja, dass ein Fluchgelübde keine geeignete Strafe für dich wäre, und ich habe ohnehin schon gesagt, ich würde Nachsicht zeigen.« Er warf die silbernen Ringe achtlos auf die glänzende Tischfläche und fuhr fort: »Du missbilligst das Mittel des Fluchgelübdes, denke ich. Nicht nur im eigenen Fall; du missbilligst es generell. Ich hingegen denke, es dient seinem Zweck. Kürzlich ist mir jedoch in den Sinn gekommen, dass es zuzeiten vielleicht eine zu harte Strafe für diesen oder jenen sein kann – oder wenn es unter zweifelhaften Umständen zur Anwendung gelangt. Mir ist durch den Kopf gegangen, dass ich einen Agenten ernennen könnte, der möglichem Missbrauch des Fluchgelübdes nachgeht. Der ermitteln soll, ob vielleicht einige Männer – und Frauen – zu Unrecht gebunden wurden oder ob sie mit gutem Grund ...«, er verzog leicht die Lippen, »... um Nachsicht bitten könnten. Diese Arbeit nähme jedoch viel Zeit in Anspruch, nicht wahr? Ich habe bislang keinen Agenten, den ich für sie abstellen könnte.« Er unterbrach seine Rede und holte eine scheibenförmige Knochenschnitzerei aus demselben Beutel hervor, in dem die Fluchgelübde-Ringe aufbewahrt worden waren. Gewöhnlich war ein solches Symbol mit zwei Farben bemalt: Saphirblau auf der Seite mit Speer und Schild, dunkles Purpurrot auf der Seite mit Baum und Falke. Der König warf die Scheibe hoch und fing sie wieder auf, ohne hinzusehen. Dann sagte er zu Annachudran: »Du könntest diese Arbeit für mich übernehmen, denkst du nicht? Sie würde dich von zu Hause wegführen, von deiner Familie; sie würde es erforderlich machen, dass du weite Reisen unternimmst und gewaltige Mühen aufbringst. Es ist also keine Belohnung, die ich dir damit anbiete. Es ist jedoch Ausdruck von Nachsicht, denke ich, ja?«
    »Ja«, flüsterte Annachudran. Er räusperte sich und fuhr lauter fort: »Ja, mein König. Ich danke Euch für Euren Großmut.«
    »Ha.« Der Arobarn warf die Scheibe erneut hoch und fing sie auf. Dann hielt er sie Annachudran hin. »Nimm sie!«, befahl er.
    Gerent griff dem älteren Mann unaufdringlich unter den Arm und half ihm auf die Beine; aber sobald das geschafft war, trat Annachudran aus eigener Kraft festen Schrittes vor und nahm das gefärbte Symbol aus
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