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Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)

Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Christine Feehan
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1. KAPITEL
    Ich war tausend Jahre lang nur halb am Leben
und hatte die Hoffnung aufgegeben,
dass wir uns in dieser Zeit begegnen würden.
Zu viele waren die Jahrhunderte.
Alles verschwindet, wenn Zeit und Dunkelheit
die Farbe und die Verse stehlen.
    Dominic an Solange
    K arpatianische Männer ohne eine Seelengefährtin träumen nicht. Sie sehen keine Farben und verspüren keine Emotionen. Schmerz, den ja, aber keine Emotionen. Warum hatte er also in den letzten drei Jahren immer wieder nach einem Traum gesucht? Er war ein alter, erfahrener Krieger und hatte keine Zeit für Fantasien oder Illusionen. Seine Welt war kalt und öde; das war eine notwendige Voraussetzung, um einen Feind zu bekämpfen, der zwangsläufig einmal ein Freund oder ein Familienmitglied gewesen war.
    In den ersten hundert Jahren nach dem Verlust seiner Emotionen hatte Dominic nicht aufgehört zu hoffen. Als die Jahrhunderte jedoch vergingen, war die Hoffnung verblasst, seine Seelengefährtin zu finden. Er hatte sich damit abgefunden, dass er ihr im nächsten Leben begegnen würde, und hielt sich an den Vorsatz, seine letzte Pflicht seinem Volk gegenüber zu erfüllen. Doch da lag er – einer der Ältesten von großer Erfahrung, Dominic aus der Linie der Drachensucher, eines Geschlechts so alt wie die Zeit selbst, ein Mann von Weisheit und ein berühmter und gefürchteter Krieger – in der heilenden schwarzen Erde und träumte vor sich hin.
    Träume hätten sich gegenstandslos anfühlen müssen – und zu Anfang war der seine es auch gewesen. Dominic sah eine Frau, hatte aber nur eine vage Vorstellung ihrer Erscheinung. Sie war sehr jung im Vergleich zu ihm, doch bereits eine Kriegerin. Sie hatte nicht seiner Vorstellung von der Frau entsprochen, die eine Beziehung zu ihm eingehen würde, aber als er sie mit den Jahren besser kennenlernte, erkannte er, wie gut sie zu ihm passte.
    Dominic hatte viel zu lange gekämpft, um sein Schwert je ablegen zu können; er kannte keine andere Lebensweise. Pflichtbewusstsein und Opferbereitschaft waren ihm schon in die Wiege gelegt worden, und er brauchte eine Frau, die ihn in diesem Punkt verstand.
    Vielleicht war es das, was Träume ausmachten. Bis vor ein paar Jahren hatte Dominic nie geträumt. Niemals. Weil Träume Emotionen waren, die er schon vor langer Zeit verloren hatte. Und sie waren Farben, wenn auch nicht die seinen. Aber sie begannen, sich wie Farben anzufühlen , als die Jahre die Frau formten. Sie war ein Rätsel; wenn sie kämpfte, strahlte sie pures Selbstvertrauen aus. Oft hatte sie frische Prellungen und Verwundungen, die Narben auf ihrer zarten Haut zurückließen. Dominic hatte sich angewöhnt, sie jedes Mal, wenn sie sich im Traum begegneten, zu untersuchen – sie zu heilen, war zu einer Art Begrüßungsritual bei ihnen geworden. Er ertappte sich dabei, dass er lächelte bei dem Gedanken, welch genaues Gegenteil von selbstbewusst sie war, wenn es darum ging, sich selbst als Frau zu sehen.
    Für eine Weile überlegte er, wieso er eigentlich lächelte. Lächeln war gleichzusetzen mit Glück, und ihm fehlte die Fähigkeit, dergleichen zu empfinden. Aber statt noch mehr zu verblassen, wie er eigentlich erwartet hatte, verschärften sich seine Erinnerungen an Gefühle, jetzt, da er auf das Ende seines Lebens zuging. Denn wann immer er den Traum heraufbeschwor, verspürte er ein Gefühl des Trostes, der Behaglichkeit und des Glücks.
    Mit den Jahren war sie durchschaubarer für ihn geworden. Sie gehörte zu den Jaguarmenschen, war eine tapfere Kämpferin und hatte genau die gleichen Wertvorstellungen wie er, was Loyalität, Familie und Verantwortung anging. Nie würde er die Nacht vor etwa einer Woche vergessen, in der er ihre Augen in Farbe gesehen hatte. Einen Moment hatte er nicht atmen können, sondern sie nur staunend angesehen, verblüfft darüber, dass er sich noch lebhaft genug an Farben erinnern konnte, um ihren Katzenaugen einen ganz konkreten Farbton zuzuschreiben.
    Ihre schönen Augen waren von einem leuchtenden Grün, mit goldenen und bernsteinfarbenen Sprenkeln. Sie verdunkelten sich, wenn er es schaffte, ihr ein Lachen abzuringen. Die Frau lachte nicht leicht oder oft, und wenn es ihm gelang, sie dazu zu bringen, erschien es Dominic wie ein größerer Sieg als alle Kämpfe, die er in seinem langen Leben gewonnen hatte.
    Die Träume, die sich nur dann einstellten, wenn er wach war, waren immer ein bisschen unscharf, doch er freute sich darauf, die Frau zu sehen. Er fühlte
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