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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1
Autoren: Alexandre Dumas
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letztes Wort?«
    »Ich liebe Edmund Dantès«, antwortete das junge Mädchen ruhig und bestimmt, »und keiner als Edmund wird mein Mann werden.«
    »Und du wirst ihn immer lieben?«
    »Solange ich lebe.«
    Ferdinand ließ den Kopf sinken wie ein Verzweifelter und stieß einen Seufzer aus, der einem Stöhnen glich; dann plötzlich rief er, den Kopf erhebend:
    »Wenn er aber tot ist?«
    »Wenn er tot ist, werde ich sterben.«
    »Aber wenn er dich vergißt?«
    »Mercedes!« rief eine freudige Stimme draußen. »Mercedes!«
    »Oh!« rief das junge Mädchen, vor Freude aufspringend, »da siehst du, daß er mich nicht vergessen hat. Da ist er!«
    Sie stürzte zur Tür, riß sie auf und rief:
    »Hier, Edmund, hier bin ich!«
    Ferdinand fuhr bleich und zitternd zurück und sank auf einen Stuhl.
    Edmund und Mercedes lagen sich in den Armen. Der Sonnen-schein, der durch die Tür eindrang, umhüllte sie mit einer Lichtfl ut.
    In den ersten Augenblicken sahen sie nichts von dem, was sie umgab; ein unendliches Glücksgefühl trennte sie von der Welt, und sie sprachen zueinander nur in jenen abgerissenen Worten, die der Ausdruck einer unendlichen Freude sind und fast den Äußerungen des Schmerzes gleichen.
    Plötzlich gewahrte Edmund das fi nstere Gesicht Ferdinands, das ihm bleich und drohend aus dem Schatten entgegenstarrte; mit einer Bewegung, von der er sich selbst keine Rechenschaft gab, faß-
    te der junge Katalonier mit der Hand nach dem Messer in seinem Gürtel.
    »Oh«, sagte Dantès, seinerseits die Stirn runzelnd, »ich hatte nicht bemerkt, daß wir zu dritt sind.« Dann, sich an Mercedes wendend, fragte er: »Wer ist der Herr?«
    »Der Herr wird dein bester Freund sein, Dantès, denn er ist mein Freund; es ist mein Vetter, mein Bruder, es ist Ferdinand, das heißt, derjenige Mann, den ich nach dir, Edmund, auf der Welt am meisten liebe. Erkennst du ihn nicht wieder?«
    »O doch«, entgegnete Edmund, und ohne Mercedes loszulassen, deren Hand er fest in der seinen hielt, reichte er mit einer herzli-chen Bewegung die andere Hand dem Katalonier.
    Aber Ferdinand blieb stumm und unbeweglich wie eine Bildsäule.
    Da ließ Edmund seinen forschenden Blick von der bewegten und zitternden Mercedes auf den fi nsteren und drohenden Ferdinand gleiten. Der Zorn stieg ihm zu Kopfe.
    »Das wußte ich nicht, als ich zu dir eilte, Mercedes, daß ich einen Feind hier fi nden würde.«
    »Einen Feind!« rief Mercedes mit einem Blick des Zornes auf ihren Vetter; »einen Feind, sagst du, bei mir, Edmund! Wenn ich das glaubte, würde ich dich beim Arm nehmen und mit dir nach Marseille gehen, um dieses Haus nie wieder zu betreten.«
    Das Auge Ferdinands blitzte.
    »Und wenn dir ein Unglück zustieße, mein Edmund«, fuhr sie fort und zeigte damit ihrem Vetter, daß sie seine fi nsteren Gedanken erraten hatte, »würde ich auf das Kap Morgion steigen und mich mit dem Kopf voran auf die Felsen stürzen.«
    Ferdinand erblaßte.
    »Aber du täuschst dich, Edmund«, sprach sie weiter, »du hast hier keinen Feind; hier ist nur Ferdinand, mein Bruder, der dir die Hand drücken wird wie einem guten Freunde.«
    Und bei diesen Worten richtete das junge Mädchen ihren gebietenden Blick auf den Katalonier, der sich, als ob er unter einem Zauber stände, langsam Edmund näherte und ihm die Hand reichte.
    Sein Haß hatte sich an der Gewalt, die dieses Mädchen über ihn hatte, gebrochen wie eine Welle am Gestade.
    Aber kaum hatte er die Hand Edmunds berührt, so fühlte er, daß er das Äußerste getan hatte, was er zu tun vermochte, und er stürz-te aus dem Haus.
    »Oh«, rief er, wie ein Wahnsinniger laufend und sein Haar zer-wühlend, »wer wird mich von diesem Menschen befreien? Oh, ich Unglücklicher!«
    »He, Katalonier! He, Ferdinand! Wohin willst du?« rief eine Stimme.
    Der junge Mann blieb plötzlich stehn, blickte sich um und sah Caderousse mit Danglars in einer Laube am Tisch sitzen.
    »Heda!« sagte Caderousse, »warum kommst du nicht? Hast du es so eilig, daß du keine Zeit hast, Freunden guten Tag zu sagen?«
    »Besonders wenn sie noch eine fast volle Flasche vor sich haben«, fügte Danglars hinzu.
    Ferdinand sah die beiden mit verstörtem Ausdruck an und erwiderte nichts.
    »Er scheint ganz außer sich zu sein«, bemerkte Danglars, indem er Caderousse mit dem Knie anstieß. »Sollten wir uns getäuscht haben, und Dantès triumphiert am Ende doch?«
    »Na, das muß sich zeigen«, entgegnete Caderousse und wandte sich wieder an den jungen
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