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238 - Herz aus Eis

238 - Herz aus Eis

Titel: 238 - Herz aus Eis
Autoren: Michelle Stern
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Der Schmerz ebbte ab, verlor sich wie eine Welle am Strand. Ek’ba ballte die Finger mit den Schwimmhäuten zusammen. Ein Rest an Wahrnehmung kehrte mit dem abflauenden Schmerz in sein Bewusstsein zurück.
    Es war kalt. Alles war kalt. Man hatte ihm seine schwarze Kleidung aus Fischhaut weggenommen. Der Schildkrötenpanzer und die Waffen waren fort. Er sah zur Seite. Neben seinem Kopf lagen mehrere Zentimeter hohe, aufgeschichtete Wälle aus glänzendem Weiß. Von ihnen ging die größte Kälte aus. War es Eis?
    Ek’ba versuchte sich zu sammeln. Wieder sah er hinauf in die kreisrunden Lichtelemente. Sie hingen an schwenkbaren Metallarmen. Ihr Licht wurde vom Gesicht des maskierten Menschen verdeckt. Eine weiße Haube saß auf dem Kopf des Fremden.
    Der Lungenatmer über ihm hielt etwas in der behandschuhten Linken zwischen Daumen und Zeigefinger. Einen winzigen Gegenstand. Ek’ba wollte nach dem Menschen schlagen, ihm das Fleisch mit Zähnen und Klauen vom Körper reißen und sich an ihm laben. Doch die Fesseln saßen fest.
    Quo’pok!, dachte er verzweifelt. Quo’pok, wo bist du? Er rief in Gedanken seinen Zwillingsbruder – und Kor’nak, den Rottenführer der Bruderschaft der Drachen.
    Quo’pok! Kor’nak! Helft mir!
    Die eisblauen Augen über dem weißen Gesichtsschutz wirkten zufrieden. Er mochte diesen Ausdruck nicht. Kein Lungenatmer sollte so zufrieden aussehen! Verachtung brannte in ihm.
    Der Lungenatmer griff nach einer Zange.
    Ek’ba spürte einen unangenehmen Druck im Kopf, als etwas ihn berührte. An einer unmöglichen Stelle berührte! Er wollte brüllen – und begriff: Sie hatten ihm den Kopf aufgeschnitten und einen Teil seiner Schädelplatte entfernt! Es war sein Blut, das an dem weißen Kittel des Lungenatmers klebte!
    Verdammtes Pack! Nichtswürdige Existenzen! Sie untersuchten ihn, schnitten ihn auf, wie es seinesgleichen früher schon passiert war! Er fletschte die Zähne und versuchte nach der blutverschmierten Hand zu beißen, die sich langsam zurückzog.
    Da! Eine Antwort! Ek’ba… Er spürte den Ruf Kor’naks und mit ihm den seines Zwillingsbruders. Wir hören dich, Ek’ba.
    Der Mar’oskrieger gab den beiden ein Bild seiner Situation: von einem weißgetünchten Operationssaal voller Instrumente und Monitore. Ich bin verloren. Bitte, tötet mich!
    Rote Schlieren durchzogen seine Sicht. Die Schmerzen nahmen zu, steigerten sich ins Unerträgliche. Er bäumte sich in den Fesseln auf.
    Er empfing die letzte Gnade. Der Rottenmeister ließ ihn nicht im Stich. Mit vereinten Kräften konzentrierten sich die restlichen Krieger des Drachen auf ihn. Die tröstende Nähe seiner Brüder gab ihm Kraft.
    Hasserfüllt sah er in diese eisblauen Augen mit den golden eingefassten Gläsern darüber. Bei Mar’os, mich bekommst du nicht, Oberflächenkriecher! Mich nicht!
    Ein letztes Mal bäumte er sich auf. Er riss das Maul auf, als würde er schreien. Dann sank er leblos in sich zusammen.
    ***
    7 Tage zuvor, Antarktis, Anfang März 2525
    Fluoreszierendes Licht an den Wänden erhellte das Wasser der überspülten Höhle. Es wurde von bionetischen Leuchtkörpern unterstützt.
    Kor’nak tätschelte den Kopf seines Soord’finns. Er hatte das Tier zusammen mit zwei anderen und einem Rochen in die wasserüberspülte Höhle gebracht, die ihm und seiner Rotte Schutz bot. Wie verabredet hatte Kor’nak mit seinen Kriegern den gefährlichen Weg von Gar’onn’ek zum Südpol auf sich genommen und wartete dort auf Agat’ol.
    Dreizehn sind wir nur noch, ging es dem Mar’osjünger durch den Kopf. Nur dreizehn von zweiundzwanzig. Sein Scheitelflossenkamm spreizte sich verärgert.
    Auf den Galapagos-Inseln war es zu Kämpfen mit den sonderbaren künstlichen Wesen dieses Landkriechers Crow gekommen. Leider hatte Kor’nak die Kampfkraft von Crows künstlichen Geschöpfen unterschätzt. Aber das war Agat’ols Fehler, nicht seiner. Die kleine schwarzrote Missgeburt mit dem doppelten Flossenkamm hätte ihn und seine Rotte besser warnen müssen!
    Kor’nak gab ein dumpfes Klacken von sich und sah zu, wie der Soord’finn über mehrere Nadelteppiche von abgestorbenen Schwämmen hinweg schwamm, die wie Matten aus Glaswolle am Boden lagen. Dann blickte er zu der blauschuppigen Mag’uz und den Zwillingen Quo’pok und Ek’ba, die schweigend am Rand der Höhle auf einem sandigen Stück Boden hockten und Tintenfisch aßen. Sie rissen dem toten Tier die langen Tentakel aus und verschlangen sie gierig.
    Seitdem der
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