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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1
Autoren: Alexandre Dumas
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Mann: »Nun, Katalonier, willst du kommen?«
    Ferdinand wischte sich den Schweiß, der ihm von der Stirn rann, und trat langsam unter die Laube, deren Schatten und Frische ihn etwas zu beruhigen schienen.
    »Guten Tag«, sagte er, »habt ihr mich gerufen?«
    Und er fi el mehr, als daß er sich setzte, auf eine der Bänke, welche den Tisch umgaben.
    »Ich habe dich angerufen, weil du wie ein Besessener ranntest und ich Angst hatte, daß du dich ins Meer stürzen wolltest«, erwiderte Caderousse lachend. »Teufel auch, man hat seine Freunde nicht nur, um ihnen ein Glas Wein anzubieten, sondern auch, um sie zu hindern, ein Dutzend Liter Wasser zu schlucken.«
    Ferdinand stieß ein Stöhnen aus, das einem Schluchzen glich, und ließ den Kopf auf seine auf den Tisch gelegten Hände sinken.
    »Na, soll ich dir was sagen, Ferdinand«, nahm Caderousse wieder das Wort, »du siehst aus wie ein aus dem Felde geschlagener Liebhaber.« Und er begleitete diesen Scherz mit einem lauten Lachen.
    »Pah«, erwiderte Danglars, »ein Bursche, der so aussieht, ist nicht danach gemacht, um unglücklich in der Liebe zu sein. Du spaßest, Caderousse.«
    »Nein«, entgegnete dieser, »höre doch, wie er seufzt. Nun, Ferdinand, die Nase in die Höh’ und antworte uns. Es ist nicht liebenswürdig, Freunden, die sich nach unserem Befi nden erkundigen, nichts zu antworten.«
    »Mein Befi nden ist gut«, gab Ferdinand zurück, indem er die Fäuste ballte, aber den Kopf nicht erhob.
    »Ah, siehst du, Danglars«, meinte Caderousse, indem er seinem Freunde zuzwinkerte, »die Sache ist die: Unser guter Ferdinand, ein braver Katalonier und einer der besten Fischer von Marseille, ist in eine Schöne namens Mercedes verliebt; leider aber scheint die Schöne ihrerseits in den Ersten Offi zier des ›Pharao‹ verliebt zu sein, und da der ›Pharao‹ heute in den Hafen eingelaufen ist … so, verstehst du?«
    »Nein, ich verstehe nicht«, antwortete Danglars.
    »Der arme Ferdinand wird den Abschied bekommen haben«, fuhr Caderousse fort.
    »Nun, und?« fragte Ferdinand, den Kopf erhebend und Caderousse ansehend wie jemand, der einen sucht, an dem er seinen Zorn aus-lassen kann. »Mercedes hängt doch von niemand ab, nicht wahr?
    Und es steht ihr frei, zu lieben, wen sie will.«
    »Wenn du die Sache so nimmst«, entgegnete Caderousse, »so ist das was anderes! Ich hielt dich für einen Katalonier, und man hat mir gesagt, die Katalonier seien nicht die Leute, die sich durch einen Nebenbuhler aus dem Feld schlagen lassen; man hat sogar hinzuge-setzt, der Ferdinand sei besonders schrecklich in seiner Rache.«
    Ferdinand lächelte mitleidig.
    »Ein Verliebter ist nie schrecklich«, sagte er.
    »Der arme Kerl!« nahm Danglars wieder das Wort, indem er sich stellte, als ob er den jungen Mann aus tiefstem Herzen beklagte.
    »Was willst du? Er war nicht darauf gefaßt, Dantès so plötzlich wiederkommen zu sehen; hielt ihn vielleicht für tot, untreu oder was weiß ich! Dergleichen Sachen treff en um so empfi ndlicher, wenn sie einem plötzlich über den Kopf kommen.«
    »Na, auf alle Fälle«, rief Caderousse, bei dem der Wein seine Wirkung auszuüben anfi ng, »auf alle Fälle ist Ferdinand nicht der einzige, dem die glückliche Ankunft Dantès’ in Marseille in die Quere kommt; nicht wahr, Danglars?«
    »Nein, da hast du recht, und ich möchte fast sagen, daß ihm das Unglück bringen wird.«
    »Einerlei aber«, entgegnete Caderousse, indem er Ferdinand ein-schenkte und sein eigenes Glas zum achten oder zehnten Male füllte, während Danglars das seine kaum berührt hatte, »einerlei, inzwischen heiratet er Mercedes, die schöne Mercedes; zu dem Zweck ist er wenigstens zurückgekommen.«
    Währenddessen musterte Danglars mit scharfem Blick den jungen Mann, auf dessen Herz die Worte Caderousses wie geschmol-zenes Blei fi elen.
    »Und wann ist die Hochzeit?« fragte er.
    »Oh, die ist noch nicht gefeiert!« murmelte Ferdinand.
    »Nein, aber sie wird gefeiert werden«, entgegnete Caderousse,
    »so wahrhaftig, wie Dantès Kapitän des ›Pharao‹ wird, nicht wahr, Danglars?«
    Danglars erbebte bei diesem unerwarteten Hieb und wandte sich gegen Caderousse, dessen Gesicht er musterte, um zu sehen, ob der Schlag mit Vorbedacht geführt sei; aber er las auf diesem durch die Trunkenheit schon fast blöden Gesicht nichts als Neid.
    »Na«, sagte er, die Gläser füllend, »trinken wir also auf das Wohl des Kapitäns Edmund Dantès, des Gemahls der schönen
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