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Die Terranauten 033 - Der Kampf um Aqua

Die Terranauten 033 - Der Kampf um Aqua

Titel: Die Terranauten 033 - Der Kampf um Aqua
Autoren: Michael Roberts
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Wie lange dauert die Ewigkeit?
    Irgendwann hatte Gunther V. einmal eine husche Antwort auf diese Frage bekommen: Auf Phädra gibt es einen Berg, der achtzehntausend Meter hoch ist. Alle hundert Jahre kommt ein kleines Tier und wetzt seine Krallen am Fuß der Felsen. Wenn das Tier den ganzen Berg abgetragen hat, ist eine Sekunde der Ewigkeit vorbei.
    Ein bißchen kam sich Gunther V. wie jenes kleine Tier vor. Nur daß er keinen Berg abwetzte, sondern die durchsichtige Protop-Wandung seines Gefängniskubikels. Dazu verwendete er nicht seine Hände oder irgendein Werkzeug, denn damit wäre dem Protop kaum beizukommen gewesen. Vielmehr setzte er die telekinetischen Kräfte seines PSI-begabten Treiberhirns ein. Und das seit inzwischen mehr als anderthalb Erdenjahren. So lange war es her, daß die Polizeibehörden Aquas ihn und die anderen Mitglieder seiner Loge verhaftet und hier festgesetzt hatten.
    Das Bemühen, eine Fluchtöffnung in der Wandung zu schaffen, war an sich der helle Wahnsinn. Der Gefängniskubikel war ringsum von Wasser eingeschlossen, in dem die mörderischen Schlangenhaie nur darauf lauerten, ein Opfer zwischen ihre messerscharfen Reißzähne zu bekommen. Wenn die Wandung jetzt brach, wären Gunther V. und sein Zellengenosse und Freund Urs Ursus wohl verloren gewesen. Und wann die Flut so weit zurückging, daß die Stadt Middlehaven aus dem Ozean auftauchte, konnten die Gefangenen nicht abschätzen. Außerdem gingen die telekinetischen Anstrengungen schwer an die Substanz Gunthers. PSI-Kräfte konnten nicht nach Belieben freigesetzt werden, denn auch sie unterlagen den universellen thermodynamischen Gesetzen. Gunther V. war sich ziemlich sicher, daß ihn der bisherige Aufenthalt in der Zelle mehrere Jahre seiner Lebenserwartung gekostet hatte. Dennoch dachte er nicht daran, seine Anstrengungen einzustellen. Was war die Zukunft schon wert, wenn er sie in diesem öden Gefängnis verbringen mußte? Die Hoffnung, daß man ihn und seine Freunde in absehbarer Zeit freiwillig wieder nach draußen lassen würde, hatte er längst aufgegeben. Die aquanischen Polizeibehörden waren dem Konzil Terras treu ergeben. Und das Konzil der Konzerne hatte allen Treibern den Krieg erklärt – einen Krieg, in dem das Wort »Gnade« nicht existent war. Deshalb machte Gunther V. weiter – auch auf die Gefahr hin, daß er sich selbst das Grab schaufelte.
    Mit geschlossenen Augen saß er da, voll konzentriert auf seine Aufgabe. Seine PSI-Kräfte strömten in die toten Zellen der erstarrten Mikroorganismen, aus denen das Protopmaterial bestand, und lösten ihre Struktur auf. Der Prozeß war unendlich mühsam, denn es gab Millionen und Abermillionen von Zellen, von denen jede einzelne zerstört werden mußte, um zum Erfolg zu kommen. Neben der geistigen und körperlichen Anstrengung war Geduld die höchste Tugend bei Gunthers Arbeit. Und wenn er von Natur aus auch kein sonderlich geduldiger Mensch war, so hatte er inzwischen doch gelernt, seiner Unruhe zügelnde Fesseln anzulegen.
    Erst als er spürte, daß die Schwäche ihn zu übermannen drohte, stellte er für diesen Tag seine Bemühungen ein. Morgen würde er die Arbeit fortsetzen.
    Er schlug die Augen auf und ließ sich auf die Pneumoliege zurücksinken.
    Urs Ursus trat sofort an seine Seite.
    »Erschöpft?« fragte er teilnahmsvoll.
    Gunther V. verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. »Erschöpft? Aber nein, wie kommst du denn darauf?«
    Anschließend strafte er sich selbst Lügen, indem er die Augen erneut schloß und Körper und Geist entspannte. Nach mehreren Minuten fühlte er sich schon wieder besser. Hungergefühle machten sich bemerkbar. Er richtete sich auf.
    »Gibt’s nichts zu essen in diesem Drecksstall?«
    »Sicher, Gunther, sicher«, erwiderte Urs Ursus.
    Er ging hinüber zur linken Ecke des Gefängniskubikels, wo sich die unterarmbreiten Ver- und Entsorgungsrohre befanden, die die einzige Verbindung zur Außenwelt herstellten. Mit einem Knopfdruck öffnete er die Klappe und entnahm dem Schacht das Tablett mit dem Abendessen.
    Die Lippen Gunthers kräuselten sich angewidert, als sein Freund das Essen vor ihn hinstellte.
    »Fisch und Algengemüse«, schimpfte er erbittert. »Tagaus, tagein dasselbe Zeug. Das ist psychologische Folter!«
    Urs Ursus zuckte die Achseln. »Was erwartest du? Aqua ist nun mal eine Wasserwelt. Ganz klar, daß die Speisekarte keinen saftigen Braten enthält.«
    Natürlich wußte Gunther V., daß Urs recht hatte. Aqua war einer der
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