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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein
Autoren: Barbara Goldstein
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Nachfolger Mohammeds als Gesandten Gottes. Er werde die Menschen zum wahren Glauben führen und die Ungläubigen in einem Djihad besiegen.
    Im Oktober 1187 erschien Sultan Salah ad-Din vor den Toren von Jerusalem und begann, die Stadt zu belagern. Die Lage war verzweifelt. Während Balian von Ibelin mit Salah ad-Din verhandelte, versiegelten die Templer die Schatzkammer. Sie wollten verhindern, dass die Lade nach der Eroberung von Jerusalem Salah ad-Din in die Hände fällt.«
    Yared hat inzwischen zwei Steine aus der Mauer entfernt. Ich helfe ihm, noch mehr herauszubrechen und auf den Boden zu werfen.
    Dann ist das Loch in der Mauer groß genug, dass ich den Arm mit der Fackel bis zur Schulter hindurchschieben und hineinspähen kann. Geblendet vom Feuerschein blinzele ich in den Raum. Vor Aufregung klopft mein Herz bis zum Hals. Meine Hände zittern.
    »Und?«, drängt Yared ungeduldig. »Was siehst du?«
    Ich senke die Fackel, und die Bewegung löst ein goldenes Glitzern in der Kammer aus.
    Zwinkernd versuche ich, etwas zu erkennen.
    Auf dem Boden liegt …
    »Ein goldener Cherub mit ausgebreiteten Schwingen!«
    Dann gleitet mein Blick tiefer in die Kammer. An ihrem Ende …
    »O mein Gott!», flüstere ich ergriffen. »Da schimmert etwas!«

· Yared ·
Kapitel 84
    Im Labyrinth des Tempelbergs
    20. Dhu’l Hijja 848, 23. Nisan 5205
    Osterdienstag, 30. März 1445
    Kurz vor fünf Uhr morgens

    Alessandra zieht ihren Arm zurück. Gemeinsam mit Benyamin reißen wir die Mauer ein.
    Ich betrete die Schatzkammer als Erster. In stummer Ehrfurcht bleibe ich stehen. Alessandra tritt neben mich und nimmt meine Hand. Ich kann kaum glauben, was dort im Schein unserer Fackeln glitzert und funkelt!
    Im Staub liegt die Statuette einer geflügelten Sphinx mit majestätischem Löwenkörper, Menschenkopf mit Königskrone und kraftvoll ausgebreiteten Adlerschwingen aus vergoldetem Elfenbein. Die Augen der Figur fehlen – sie bestanden vermutlich aus buntem Glas. Es ist der Cherub, den Alessandra gesehen hat. Ist er babylonisch? Oder ägyptisch? Sie hebt ihn auf, um ihn genauer zu betrachten. »Sieh nur, wie schön er ist!«
    Staunend kniet Benyamin vor den Scherben einer Schale aus weißem Alabaster und betrachtet die beinahe transparenten Steinsplitter. Wurde das Gefäß, das einst die Form einer voll erblühten Lotusblüte hatte, im Tempelkult verwendet?
    »Ich fasse es nicht!«, flüstert er, als er sich aufrichtet und mir die Splitter zeigt. »Yared, wir sind wirklich hier!«
    Ich nicke ergriffen.
    Drei Schritte weiter liegt eine Keilschrifttafel, die in sieben Fragmente zerbrochen ist. Alessandra beugt sich über die Bruchstücke. »Was ist das? Das Verzeichnis der nach Babylon verschleppten Tempelschätze?«, scherzt sie. Wie ihre Augen leuchten! Obwohl die Schatzkammer schon vor Jahrhunderten ausgeräumt wurde!
    Plötzlich hebt Benyamin den Kopf und lauscht. »War da nicht eben ein Geräusch? Ein Knirschen?«
    Ich horche in die Stille. »Ich habe nichts gehört.«
    Benyamin zuckt mit den Schultern. »Na, vielleicht habe ich mich getäuscht.«
    »Da ist ein Gang!« Alessandra deutet auf einen finsteren Durchgang. Ich folge ihr in die nächste Kammer …
    … und bleibe abrupt stehen.
    Sie ist eingestürzt.
    Mein Blick huscht zur gewölbten Decke, auf der das Gewicht des Felsendoms ruht. Einige der Gewölbesteine sind vermutlich seit einem Erdbeben gerissen. Der hintere Teil des geborstenen Gewölbes ist in sich zusammengestürzt. Zwischen den herabgefallenen Steinquadern schimmern Splitter von vergoldetem Akazienholz. Zwei lange Tragstangen ragen aus dem Haufen aus Staub und Steinen. Eine goldene Zierleiste. Tafeln aus Akazienholz. Und der Flügel eines goldenen Cherubs.
    »Allmächtiger Gott meiner Väter!«, flüstere ich entsetzt. Ein lähmendes Gefühl von Trauer und Hoffnungslosigkeit überwältigt mich.
    »Das glaube ich einfach nicht!« Benyamin blickt mich verzweifelt an. »Sieh nur, Yared, die Gesetzestafeln mit den Zehn Geboten!«
    Ich schüttele den Kopf und bringe kein Wort heraus.
    »Jetzt weiß ich, warum die Templer die Lade nie geborgen haben«, haucht Alessandra fassungslos. »Schon während der Eroberung durch die Babylonier war sie …«
    Ein Geräusch hinter uns lässt mich herumfahren.
    Es ist Tristão. Entsetzt starrt er die zersplitterten Trümmer der Bundeslade an.

· Alessandra ·
Kapitel 85
    Im Labyrinth des Tempelbergs
    20. Dhu’l Hijja 848, 23. Nisan 5205
    Osterdienstag, 30. März 1445
    Fünf Uhr
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