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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein
Autoren: Barbara Goldstein
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Schwertes haste ich weiter.
    Der Gang macht zuerst eine Biegung nach rechts, dann nach links.
    Ein Lichtschimmer!
    Ich haste zurück, verberge meine Fackel in einer Nische des aus Bruchsteinen gemauerten Ganges und spähe vorsichtig um die Ecke.
    Ein Mann mit einer Fackel nähert sich mit schnellen Schritten.
    Tristão.
    Um ein Haar wäre er direkt in die Klinge meines Schwertes gelaufen. Überrascht springt er zurück. Seine Hand zuckt zum Griff seiner Waffe. Schwungvoll werfe ich mich gegen ihn und drücke ihn mit dem Rücken gegen die Wand.
    »Dreh dich um! Hände an die Wand!«
    »Verfluchter Jude!« Er bewegt sich nicht.
    Ich ramme ihm meine Faust in den Unterleib. Er japst nach Luft und presst beide Hände auf den Bauch. Grob packe ich ihn an den Schultern, drehe ihn um und stoße ihn gegen die Bruchsteine.
    »Beine auseinander! Und Hände an die Wand! Na wird’s bald!«
    »Verreck doch, Jude!«
    Als er mir seinen Ellbogen ins Gesicht rammen will, versetze ich ihm einen Hieb in sein Rückgrat. Schmerzerfüllt stöhnt er auf. Er muss sich mit beiden Händen an der Wand abstützen, um nicht zu Boden zu stürzen.
    »Na also, es geht doch!«, kommentiere ich trocken, während ich ihm den Schwertgurt abnehme. »Wo ist sie?«
    Er antwortet nicht.
    »Ich habe gehört, wie sie deinen Namen gerufen hat. Sie ist nicht weit entfernt. Wo ist sie?«
    »Du wirst sie niemals finden, Jude!«
    Ich atme tief durch, um mich zu beruhigen.
    »Du weißt, wo mein größter Schatz verborgen ist, ich weiß, wo dein größter Schatz begraben ist«, stößt er hasserfüllt hervor.
    »Begraben?«, stöhne ich entsetzt. »Wie geht es ihr?«
    »Sie lebt – noch.«
    »Du verdammter …«
    »Wenn du mich tötest, siehst du sie nicht wieder!«
    »Was hast du mit ihr gemacht?«
    »Du hast nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.«
    »Nun sag schon!«
    »Du musst mir folgen.«
    »Wohin?«
    Er lacht höhnisch.
    »Also gut. Was willst du?«, knirsche ich.
    »Das Notizbuch. Den Plan der Templer, der mich zur Bundeslade führt.«
    Ich zögere.
    »Du hast es doch bei dir.«
    Ich antworte nicht.
    »Sobald ich es habe, bekommst du Alessandra zurück.«
    »Wenn du ihr auch nur …«
    »Zum letzten Mal: Ich will das Notizbuch!«, brüllt er zornig. »Hast du das kapiert, Jude?«
    Wenn ich ihm das Büchlein gebe, hat er alle Trümpfe in der Hand. Wenn ich ihm folge, um Alessandras Leben zu retten, kann er mich jederzeit in eine Falle locken und töten. Dann wird auch Alessandra sterben.
    Das Gefühl der Ohnmacht ist unerträglich. Zornig umklammere ich den Griff meines Schwertes. Am liebsten würde ich ihn jetzt töten. Es wäre so einfach …
    »Entscheide dich!«, presst Tristão hervor. »Der Mörtel trocknet schnell. Ich habe sie lebendig begraben!«

· Alessandra ·
Kapitel 79
    Im Labyrinth des Tempelbergs
    20. Dhu’l Hijja 848, 23. Nisan 5205
    Osterdienstag, 30. März 1445
    Nach zwei Uhr nachts

    Keuchend schiebe ich mich zur Mauer hinüber.
    Mein Mund ist trocken von dem Staub in meiner Gruft, meine Hände sind taub vor Kälte. Ich zittere am ganzen Körper.
    Keine Panik!, versuche ich mich zu beruhigen. Wenn es nur nicht so finster wäre!
    Mit den gefesselten Händen drehe ich meinen Gürtel, sodass die silberne Zunderdose nach hinten rutscht. Es ist schwierig, den Korkdeckel zu öffnen, doch schließlich springt er auf. Ich lasse das Feuerzeug auf den Boden gleiten und taste nach dem Zündstein. Da ist er! Und die kleine Kerze! Ich schiebe den trockenen Zunder ganz nah an die Wand und versuche, einen Funken hineinzuschlagen. Vergeblich! Der Zunder fängt kein Feuer.
    Nicht aufgeben!
    Dann endlich fliegt ein Funke. Der Zunder glüht.
    Ich lasse den Feuerstein fallen, taste mit zitternden Fingern nach der Kerze und halte sie in den glimmenden Zunder. Wenn ich doch nur etwas sehen könnte! Brennt die Kerze?
    Es wird heller.
    Die Kerze brennt … flackert …
    Ich halte den Atem an und bewege mich nicht, damit sie nicht verlischt.
    Das Licht brennt weiter. Erleichtert atme ich auf.
    Neben der Kerze liegend, warte ich ab, bis ein wenig Wachs geschmolzen ist. Dann setze ich mich wieder auf, tropfe es auf den Boden und drücke die Kerze hinein, damit sie aufrecht stehen bleibt. Es gelingt!
    Vorsichtig halte ich das zerfaserte Seil meiner Fesseln über die Flamme. Der Strick beginnt zu glimmen und fängt schließlich Feuer. Ich stöhne vor Schmerz. Doch schließlich kann ich meine Hände befreien und die Fesseln abstreifen. Jetzt noch die
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