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Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter
Autoren: Jack London
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natürlichste von der Welt.
    »Oui, Madame«, sagte er zuvorkommend. »Welchen Weg, Madame – Dawson?«
    »Nein«, antwortete sie vollkommen ruhig und gleichmütig. »Aufwärts, nach Dyea – «
    Worauf er sich auf die schlafende Bootsmannschaft stürzte und sie mit Fußtritten aus ihren Decken herausbrachte. Murrend machten sie sich an ihre Arbeit, während seine Stimme, vor Eifer zitternd, über das ganze Lager scholl. Im Handumdrehen war das winzige Zelt Frau Saythers abgerissen, Töpfe und Pfannen zusammengepackt, Decken aufgerollt, und die Männer schwankten unter ihrer schweren Last zum Boot.
    Hier am Ufer wartete Frau Sayther, bis alles Gepäck an Ort und Stelle verstaut und ihr Nest instand gesetzt war.
    »Wir steuern nach oberes Ende von Insel«, erklärte Pierre, während er die lange Schleppleine klar machte. »Dann wir folgen den Kanal, wo das Wasser nicht so schnell, und ich denken, wir haben gute Fahrt.«
    In diesem Augenblick fing sein scharfes Ohr das Geräusch von Schritten in dem trocknen vorjährigen Gras auf, und er wandte den Kopf. Die junge Indianerin kam, umgeben von einer ganzen Schar knurrender Wolfshunde. Frau Sayther bemerkte, daß das Gesicht des jungen Weibes, das während des ganzen Auftritts in der Hütte völlig schlaff und ausdruckslos gewesen war, jetzt vor Zorn flammte.
    »Was du tun mein Mann?« fragte sie plötzlich, sich zu Frau Sayther wendend. »Ihn legen Bett, und ihn sehen krank aus – ganze Zeit. Ich sagen: ›Was ist, Dave? Du krank?‹ Aber ihn nicht sagen wollen. Dann ihn sagen: ›Gutes Mädchen, Winapie, geh weg. Ich bald wieder gut.‹ Was du tun mein Mann, wie? Ich glauben, du schlechte Frau.«
    Frau Sayther sah neugierig das Barbarenweib an, das Teil am Dasein dieses Mannes hatte, während sie selbst allein in der Finsternis der Nacht fortziehen sollte.
    »Ich glauben, du schlechte Frau«, wiederholte Winapie langsam und mechanisch, wie jemand, der nach ungewohnten Worten in einer fremden Sprache sucht. »Ich glauben, es besser, du gehen weg, nicht kommen wieder, wie? Was du glauben? Ich haben einen Mann. Ich Indianerfrau. Du Amerikanerfrau. Du schön anzusehen. Du finden viele Männer. Deine Augen blau wie Himmel. Deine Haut so weiß – so weich – «
    Mit ihrem braunen Zeigefinger strich sie über die weiche Wange der andern. Und zu Karen Saythers Ehre sei gesagt, daß sie nicht zurückschauderte. Pierre, der daneben stand, machte eine Bewegung, als wollte er auf sie zutreten. Aber sie bedeutete ihm, daß er gehen sollte.
    Er trat ehrerbietig zurück, bis er außer Hörweite war, und dort stand er, brummte etwas vor sich hin und überlegte, wie weit die Entfernung in Sprüngen sein mochte.
    »Ihn weiß, ihn weich wie kleines Kind«, Winapie strich über die Wange der andern und zog dann die Hand zurück.
    »Bald Moskitos kommen. Haut tun weh in Flecken: ihn schwellen, ach so sehr, ihn tun weh, ach so viel! Menge Moskitos, Menge Flecken. Ich glauben, du lieber reisen, ehe Moskitos kommen den Weg«, sie zeigte den Fluß hinab. »Du gehen St. Michael; den Weg.« Sie zeigte den Fluß hinauf. »Besser du gehen Dyea. Leb wohl.«
    Aber da tat Karen Sayther etwas, was Pierres tiefste Verwunderung erregte: Sie schlang die Arme um die Indianerin, küßte sie und brach in Tränen aus. »Sei gut zu ihm. Sei gut zu ihm!« rief sie.
    Dann ließ sie sich den steilen Uferhang hinabgleiten, rief noch einmal »Lebe wohl!« und sprang ins Boot. Pierre folgte ihr und warf los. Er hakte das Steuerruder ein und gab das Zeichen. Le Gloire stimmte ein altes französisches Chanson an, die Bootsleute, die im Sternenlicht wie eine Reihe Gespenster aussahen, warfen sich mit gebogenem Rücken in die Schleppleine. Das Steuerruder durchschnitt die schwarze Strömung, und das Boot schoß in die Nacht hinein.

Was sie nie vergessen

    Fortune la Pearle bahnte sich seinen Weg durch den Schnee, stöhnend, kämpfend, sein Unglück, Alaska, Nome, die Karten und den Mann, den sein Messer gefällt hatte, verfluchend. Das warme Blut gefror auf seinen Händen, und der ganze Auftritt stand immer noch mit grellen Farben vor seinen Augen – der Mann, der sich an der Tischkante hielt und langsam zu Boden sank, und die Karten, die nach allen Seiten flogen, der Schauder, der sich schnell durch den ganzen Raum fortpflanzte, und die tiefe Stille; die Croupiers, die nicht mehr riefen, und das Rasseln der Jetons, das plötzlich verstummte; die entsetzten Gesichter, der endlose Augenblick der Stille und dann
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