Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter
Autoren: Jack London
Vom Netzwerk:
dort. Ja, und ich war froh, als ich wieder wegkam. Die Männer im Norden sind ein wenig primitiv, weißt du ja, und recht gewaltsam in ihren Gefühlen.«
    »Das muß man werden, wenn man der Erde so nahe kommt. Alles, was Konvention heißt, läßt man mit den Sprungfedermatratzen zu Hause. Aber du hast einen sehr vernünftigen Zeitpunkt für deine Heimreise gewählt. Da wirst du außer Landes sein, ehe die Moskitos kommen, und das ist ein Segen, den du bei deinem Mangel an Erfahrung kaum genügend schätzen wirst.«
    »Nein, das tue ich vielleicht nicht. Aber erzähl mir etwas von dir – von deinem Leben. Was für Nachbarn hast du? Denn du hast doch wohl Nachbarn?« Während sie fragte, behielt sie beständig das junge Mädchen am Feuer im Auge, das jetzt die Kaffeebohnen im Zipfel eines Mehlsackes auf einem Stein zerkleinerte. Mit einer Sicherheit und Gewandtheit, die bezeugten, daß ihr Nervensystem ebenso primitiv wie ihre Arbeitsmethode war, zerstieß sie die Bohnen mit einem schweren Quarzstück. David Payne folgte dem Blick seines Gastes, ein leichtes Lächeln kräuselte seine Lippen.
    »Ich hatte ein paar«, antwortete er. »Leute aus Missouri und Cornwall, aber sie sind nach Eldorado gezogen, um sich Proviant zu erarbeiten.«
    Karen Sayther sah jetzt das Mädchen nachdenklich an. »Aber natürlich gibt es eine Menge Indianer hier herum?«
    »Jede lebende Seele ist längst nach Dawson gereist. Es gibt nicht einen Eingeborenen mehr im ganzen Lande außer Winapie hier. Und sie stammt vom Koyokuk – ja, sie ist tausend Meilen flußabwärts zu Hause.«
    Karen Sayther fühlte sich plötzlich so matt, und obwohl ihr aufmerksames Lächeln nicht einen Augenblick verschwand, war ihr doch, als sähe sie das Antlitz des Mannes weit fort wie durch ein Opernglas, und die Reihe von Baumstämmen, die die Wände der Hütte bildeten, vollführten einen trunkenen Tanz um sie her. Dann aber forderte er sie auf, sich zu Tisch zu setzen, und während der Mahlzeit kam ihr das Bewußtsein von Zeit und Raum wieder. Sie sprach nicht viel und meistens von Land und Leuten und vom Wetter, während der Mann begann, ihr eine lange Erklärung vom Sommergraben an der Oberfläche in den unteren Distrikten und vom Wintergraben in tieferen Erdschichten in den oberen Distrikten zu geben.
    »Du fragst nicht, weshalb ich gekommen bin«, sagte sie. »Du weißt es sicher.«
    Sie hatte ihren Stuhl fortgerückt, und David Payne hatte sich wieder an seinem Axtstiel zu schaffen gemacht.
    »Hast du meinen letzten Brief erhalten?«
    »Den letzten? Nein, ich glaube nicht. Der treibt sich wohl irgendwo im Birch-Creek-Lande herum oder ist in der Blockhütte irgendeines Handelsvertreters am unteren Flußlauf gelandet. Wie die Post hier besorgt wird, ist der reine Skandal. Keine Ordnung, kein System, keine – «
    »Laß nun die Dummheiten, David, hilf mir!« Ihre Stimme hatte einen Klang von Schärfe und Autorität angenommen.
    »Warum fragst du nicht nach mir? Nach unsern alten Bekannten? Interessierst du dich denn nicht mehr für die Welt? Weißt du, daß mein Mann gestorben ist?«
    »Ach, wirklich! Das tut mir leid. Dann – «
    »David«, sie wollte vor Ärger weinen, aber der Vorwurf, den sie in ihre Stimme legte, brachte ihr einige Linderung.
    »Hast du meine Briefe erhalten? Einige müssen doch angekommen sein, wenn du auch nie geantwortet hast.«
    »Nun ja, den letzten, in dem du mir offenbar den Tod deines Mannes mitteiltest, habe ich nicht erhalten, und mehrere andere sind wohl auch verlorengegangen, aber ein paar habe ich bekommen. Ich – ich habe sie Winapie als eine Art Warnung vorgelesen – verstehst du, um ihr zu zeigen, wie schlecht ihre weißen Schwestern sind. Und ich – ich glaube, es hat ihr gut getan. Meinst du nicht?«
    Sie tat, als verstände sie den Stachel nicht, und fuhr fort: »In dem letzten Brief, den du nicht bekommen hast, teilte ich dir, wie du schon erraten hast, mit, daß Oberst Sayther gestorben ist. Das ist jetzt ein Jahr her. Ich schrieb auch, wenn du nicht zu mir kämst, würde ich zu dir kommen. Und jetzt komme ich, wie ich dir so oft versprochen habe.«
    »Ich weiß von keinem Versprechen.«
    »Nicht aus meinen früheren Briefen?«
    »Doch, du versprachst es, da ich aber nie fragte oder antwortete, wurde das Versprechen nicht bestätigt, und deshalb weiß ich nichts von einem solchen Versprechen. Aber ich erinnere mich an etwas anderes, das du wohl auch nicht vergessen hast. Es ist sehr lange her.« Er ließ den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher