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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher
Autoren: Roland Adloff
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schrie der Vater. »Schämen muss man sich!«
    Lips sah nun die anderen Männer, die um ihn herumstanden: Prager, der Böhmische Hans und der Schwarze Frieder.
    »Steh schon auf!«, befahl Tullian. »Wir müssen wissen, ob wir uns auf dich verlassen können.«
    »Was wollt ihr denn?«, rief Lips. »Vater, bitte…« Seine Stimme schrillte in Todesangst auf, denn er ahnte, was die Männer mit ihm vorhatten. Immer hatte er gehofft, sie würden ihn einfach vergessen, und hatte sich immer wieder eingeredet, er würde schon noch rechtzeitig abhauen, bevor sie ihn der Probe mit der Daumenschraube unterzogen.
    »Wir machen dich fest gegen die Tortur«, sagte Tullian. »Hart wie deinen Vater. Wird dich schon nicht umbringen. Jetzt steh schon auf!«
    Lips sah die Hände, die nach ihm griffen, und wusste, dass er ihnen nicht entkommen würde. Er schwankte auf den Beinen, die ihn nicht tragen wollten, und es durchzuckte ihn gleichzeitig heiß und kalt.
    »Da hinten!«, befahl Tullian. »Bei den Verstecken!« Er zeigte hoch in die schwarzen Wolken und ging mit Frieder vor. »Macht zu, es wird bald Regen geben.«
    Lips durchpulste es wild, er wollte um sein Leben schreien, war aber wie ohnmächtig und brachte nur ein Gurgeln heraus. Schon riss Prager ihn an der Jacke und entfernt hörte er dessen hochtönende Stimme, mit der er hinter Tullian herrief, dass es ja eine lustige Idee gewesen wäre, wie dieser neulich einem Pfaffen, der nicht damit herauswollte, wo sein Geld vergraben war, gedroht hatte, ihm das Ohr an den Küchentisch zu nageln, damit sie in aller Ruhe das Haus durchsuchen konnten. Wie schnell der Pfaffe das Versteck verraten hatte!
    Lips stockte in Todesangst, warf sich zurück, stemmte sich dagegen, Prager fasste nach und riss ihn weiter. Auf der anderen Seite zog der Böhmische Hans, der lauthals von Thüringer Weibsmenschen schwärmte. Er rieb sich im Gehen mit geiler Miene den Schritt und brüstete sich, dass er sich ja von Jugend auf mit Huren beholfen habe, aber seine neue Dirne, die Lene, sei so geilig, die wolle er nicht mehr hergeben, er hätte bei der mit seinem Bolzen mitten ins Schwarze getroffen und wolle davon noch eine!
    Prager prustete übertrieben los. »Du hast doch schon eine!«, tönte er mit Blick auf Tullian. »Ich meine, neben deiner Angetrauten! Jetzt bin ich mal dran!«
    »Kannst doch die Schleifer-Bärbel kriegen«, sagte Tullian, drehte sich um und lachte. »Der Safrans-Georg braucht jetzt keine mehr.«
    »Die ist gichtlahm«, sagte der Böhmische Hans ganz ernst.
    Lips versuchte, sich fallen zu lassen und mit einem Ruck zu entwinden, aber Prager fasste sofort mit der anderen Hand nach, drehte ihm den Arm auf den Rücken, sodass Lips aufschrie. In Panik sah er, dass der Böhmische Hans eine Daumenschraube aus der Hosentasche zog.
    »Kommt deine Gattin gleich zum Nachschmieren?«, fragte Prager, der sich einen Regentropfen aus dem Gesicht wischte und Lips mit einem Ruck weiterzog.
    »Wird schon da sein, das versoffene Luder«, lachte Tullian. »Da hat sie ja was weg mit der schwarzen Salbe! Ist auch das Einzige, sonst taugt sie nicht viel.«
    »Kocht auch nur Schweinefraß!«, setzte der Böhmische Hans eins drauf und griente vor sich hin.
    Tullian drehte sich abrupt um und fasste ihn mit beiden Händen fest am Rock. »Ich schlag dich tot, wenn ich das noch mal höre«, sagte er mit ruhiger Stimme und sah ihm hart ins Gesicht.
    »Schon gut! Schon gut! Wird nicht wieder passieren!«
    Es pochte und hämmerte in Lips, dass er meinte, der Schädel würde ihm platzen, ihm war hohl im Kopf, und es heulte hell in ihm wie von einem Wind, der scharf um die Ecke blies. Er sah den zerquetschten Daumen vom Safrans-Georg vor Augen und stemmte sich gegen das Weitergehen. Frieder stieß den Böhmischen Hans weg und fasste nun auf der anderen Seite mit an, und unerbittlich zogen sie ihn weiter. Lips wollte um Hilfe schreien, aber wen sollte er denn rufen?
    »Was wollt ihr denn?«, jaulte er auf. »Nein, nicht! Lasst mich!« Er ließ sich wieder fallen, da hörte er den Vater: »Du bist ein Tullian! Mach mir keine Schande!«
    Lips stellte sich wieder gerade. Die Beine zitterten. Jetzt waren sie auf dem Platz oberhalb der Schenke angelangt, wo im Dickicht einige Erdlöcher als Verstecke gegraben worden waren. Die Mutter saß wartend auf einem Holzstoß. Den Kragen ihres Mantels hatte sie trotz der Kälte weit zurückgeschlagen, sodass der tiefe Ausschnitt ihres Kleides zu sehen war. In der einen Hand hielt
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