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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel
Autoren: Lucius Apuleius
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Ein jeder ging nach seiner Phantasie aufs komischste maskiert. Der eine, mit einem Degengehänge über die Schulter, stellte einen Soldaten vor; der andere, eine Chlamys um, einen Säbel an der Seite und einen Jagdspieß in der Hand, war ein Jäger. Ein dritter, in goldenen Socken, von einem seidenen Gewande umflossen, mit dem köstlichsten Geschmeide geschmückt, die Haare um den Kopf in Flechten gewunden, schwebte als ein Fräulein einher. Noch ein anderer, mit Halbstiefeln, Schild, Helm und Dolch ausgerüstet, schien eben aus der Fechterschule zu kommen. Einer war auch da, der, mit einem purpurverbrämten Kleide angetan, Lictoren mit den Fasces vor sich her, eine Magistratsperson machte. Nicht minder sah man einen mit Mantel, Stock, Pantoffeln und langem Ziegenbarte den Philosophen spielen. Es fehlte auch nicht an solchen, die mit Leim und Angelruten den Vogelstellern und Fischern nachäfften. Auf einem Tragsessel prangte ferner ein zahmer Bär, in eine vornehme Dame verkleidet, daher. Ein Affe folgte ihm, wie der Mundschenk des Zeus herausgeputzt: einen Turban auf, einen safrangelben, gestickten Rock an und eine goldene Schale in der Hand. Den Beschluß machte ein Esel, dem man Fittiche angeklebt hatte und dem zur Seite ein schwacher Alter ging: Dieser sollte den Bellerophon vorstellen sowie jener den Pegasus; man mußte lachen, wie man sie sah.
    Nach diesen Possen, die dem umherschwärmenden Volke unsägliches Vergnügen machten, kam endlich die feierliche Prozession meiner Schutzgöttin einhergezogen. Weiber in blendend weißen Gewändern, bekränzt mit jungen Blüten des Frühlings, trugen voller Freude mancherlei Sachen. Den Schoß mit Blumen angefüllt, bestreuten die einen den Weg, welchen der heilige Zug nahm; andere führten auf dem Rücken schimmernde Spiegel, in denen der Göttin zahlreiches Gefolge als ihr entgegenkommend erschien. Einige hatten elfenbeinerne Kämme in den Händen und taten mit Gebärden und Bewegung ihrer Arme und Finger, als schmückten sie das königliche Haar der Isis. Noch andere besprengten die Gassen mit allerhand wohlriechenden Salben und mit köstlichem Balsam. Darauf folgte eine große Menge beiderlei Geschlechts mit Lampen, Fackeln, Wachskerzen und anderen Arten künstlicher Lichter, zu Ehren der Mutter der Gestirne. Allerlei liebliche Instrumente und Pfeifen ließen sich nun hören. Ein munterer Chor der auserlesensten Jugend, mit schneeweißen, ärmellosen Kleidern angetan, vermählte seine Stimmen mit ihren süßen Weisen und sang ein Lied, das ein großer Dichter unter Eingebung der Musen auf gegenwärtige Gelegenheit gedichtet hatte; bei diesen Sängern befanden sich die Pfeifer des großen Serapis. Auf Querpfeifen, die nach der rechten Seite gehalten wurden, bliesen diese die beim Dienste dieses Gottes gewöhnlichen Melodien. Jetzt kamen Herolde, die mit weitschallender Stimme ausriefen: »Platz, Platz für die Heiligtümer!« Hierauf strömten die in den heiligen Gottesdienst Eingeweihten einher, sowohl männlichen als weiblichen Geschlechts, jeglichen Standes, jeglichen Alters. Alle trugen leinene Kleider von blendender Weiße; die Weiber das gesalbte Haar in durchsichtigen Flor eingehüllt, die Männer das Haupt so glatt geschoren, daß die Scheitel glänzten. Diese irdischen Gestirne der erhabenen Religion machten mit ehernen, silbernen, ja auch goldenen Sistren eine sehr hellklingende Musik. Allein die Oberpriester, in einem naheanliegenden Gewande von weißer Leinwand, das ihnen bis auf die Füße hinabging, trugen die Symbole der allgewaltigen Götter. Der erste hielt eine helleuchtende Lampe, denen, welcher wir uns bei unsern Schmäusen bedienen, eben nicht ähnlich, sondern von Gold und in der Gestalt eines Nachens, in dessen Mitte eine breite Flamme aus einer Öffnung hervorloderte. Der zweite, eben wie jener gekleidet, führte in beiden Händen Altäre, die mit besonderem Namen Hilfsaltäre heißen, weil die Göttin sich vorzüglich hilfreich zu denselben herabzuneigen würdigt. Der dritte hielt einen Palmzweig, dessen Blätter sauber aus Gold gearbeitet waren, nebst einem geflügelten Schlangenstab, gleich dem des Mercurius. Der vierte trug das Sinnbild der Billigkeit zur Schau: eine offene linke Hand mit ausgestreckten Fingern, denn da die linke von Natur unbehend und langsam ist, so scheint sie der Billigkeit angemessener als die rechte. Eben derselbe Oberpriester trug ein goldenes Gefäß, in der Gestalt einer Brust gerundet, woraus er Milch opferte. Der
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