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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel
Autoren: Lucius Apuleius
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Sachen, die ich nicht sagen darf, in das Zimmer; saß auf meinem Stuhl nieder und gebot mir, einen Einweihungsschmaus zu veranstalten. Zuletzt zeigte er mir, zum Merkmal, woran ich ihn wiedererkennen möchte, daß an seinem linken Fuß der Knöchel dermaßen verrenkt sei, daß er hinke.
    Nach einer so offenbaren Willenserklärung der Götter waren alle meine Zweifel gehoben. Sobald also der Göttin Frühmette vorbei war, betrachtete ich mir alle Priester aufmerksam, ob keiner darunter sei, der, gleich meinem Traumgesicht, hinke. Ich entdeckte wirklich einen. Es befand sich jemand unter den Pastophoren (Erzpriestern), der nicht allein wegen des Merkmals am Fuße, sondern auch an Statur und Mienen vollkommen demjenigen ähnlich war, der mir im Traume erschienen. Wie ich nachher erfuhr, hieß er Asinius Marcellus (Dürr-Esel), ein Name, der mit meiner vormaligen Verunstaltung in Verwandtschaft stand.
    Unverzüglich trat ich ihn an. Er wußte aber schon, was ich ihm sagen wollte; denn er hatte gleichfalls Befehl erhalten, meinen Mystagogen abzugeben. In vergangener Nacht hatte es ihm geschienen, als habe ihm der große Gott, während er demselben Kränze aufsetzte, mit dem Munde, der aller Menschen Schicksal bestimmt, deutlich verkündet: Er werde ihm einen Madaurer zuschicken, den er trotz seiner Armut sogleich in seine Mysterien einweihen solle: weil dieser dermaleinst durch seine Fügung, sich sehr in den Wissenschaften hervorzutun, er aber einen ansehnlichen Schatz finden würde.
    Solchergestalt zur Einweihung auserwählt, wurd' ich gleichwohl durch meine wenige Barschaft, aber sehr wider meinen Willen, davon zurückgehalten. Nicht allein daß meine geringe Habe auf der Reise ziemlich geschmolzen war, so überstieg auch der zur Aufnahme erforderliche Aufwand in Rom bei weitem denjenigen, welchen ich in der Provinz dabei zu machen genötigt gewesen. Man kann nicht mehr als ich bei dieser Gelegenheit die drückende Last der Armut fühlen! Das Messer stand mir, mit einem alten Sprichworte zu reden, an der Kehle, da die Gottheit mich immerfort zur Erfüllung meines Berufes antrieb.
    Endlich, nachdem ich lange einmal über das andere vergebens erinnert worden und ich mir gar nicht anders mehr zu helfen wußte, so verkaufte ich meine Garderobe, womit ich denn, so gering sie auch war, die erforderliche Summe noch zusammenbrachte; zwar geschah es auch nur auf besondere Anmahnung.
    »Wie?« hieß es, »Du, der Du kein Bedenken tragen würdest, um ein nichtiges Vergnügen sogar Deinen Rock vom Leibe dahinzugeben: Du stehst noch an, Dich um so großer Geheimnisse willen einer verdienstlichen Armut in die Arme zu werfen?«
    Ich schaffte denn alles in Überfluß an, was nötig war; ließ mir wiederum zehn Tage lang an leblosen Speisen genügen, und nachdem ich nun auch in die nächtlichen Orgien des größten Gottes, Serapis , aufgenommen war, besucht ich noch fleißiger als zuvor den heiligen Gottesdienst, mit dem vollkommensten Vertrauen in die geschwisterliche Religion.
    In dieser Lage genoß ich nicht allein der größten Gemütsruhe, ungeachtet ich in der Fremde lebte, sondern ich hatte auch noch mein reichliches Auskommen: denn das Glück gab sein Gedeihen zu den Rechtshändeln, deren ich mich vor Gericht annahm.
    Indessen, es währte nicht lange, so erschienen mir, ehe ich mir's versah, die Götter aufs neue und heischten von mir, zum dritten Male mich weihen zu lassen.
    Sorgenvoll, wußte ich nicht, was ich darüber denken sollte. So sehr ich mir auch den Kopf zerbrach, so konnte ich doch auf keine Weise weder die Absicht der Himmlischen erraten noch mir vorstellen, was nach einer wiederholten Weihe mir noch fehlen könnte, wofern beide Hohepriester anders mich nicht hintergangen oder vielleicht mir manches vorenthalten hätten? Fast war mir ihre Ehrlichkeit verdächtig.
    Indem ich aber also auf diesem Meere unruhiger Gedanken umherschwankte und meinen Verstand bald darüber verloren hätte, so erhielt ich durch ein Traumgesicht folgende Offenbarung:
    »Sei unbesorgt! Nichts ist bei Deinen vorigen Einweihungen versehen worden! Wenn Du jetzt zu einer dritten aufgefordert wirst, so geschieht es bloß, weil Dir die Götter vorzüglich hold sind. Freue Dich denn und jauchze! Was andere kaum einmal, das wirst Du dreimal werden. Kraft dieser Zahl, glaub es fest, wirst Du ewig glückselig sein! Übrigens ist diese künftige Einweihung unumgänglich nötig. Bedenke nur, daß das Gewand der Göttin, welches Du in Griechenland
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