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Der Gewinner Geht Leer Aus

Der Gewinner Geht Leer Aus

Titel: Der Gewinner Geht Leer Aus
Autoren: Richard Stark
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wandte den Kopf und rief gutgelaunt: »Hast du deine Handschuhe?«
    »Noch nicht.«
    Parker ging wieder in den Raum, suchte noch einmal gründlicher und spähte tiefer in die Regale. Die Zeit wurde knapp. Wenn das hier nicht funktionierte, würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als den Scheißkerl zu erschießen, die Treppe hinaufzugehen und zu sehen, was dann passierte.
    Da. Federn. Glatte Federn an einem dünnen Holzstab. Parker räumte zwei Paar Skistöcke zur Seite und sah einen braunen, mit indianischen Motiven bemalten Köcher aus Segeltuch, in dem ein halbes Dutzend Pfeile steckten. Daneben lag der Bogen.
    Er zog ihn aus dem Regal. Er war beinahe schwarz, aus sehr hartem Holz, etwa eineinhalb Meter lang und zu einer eleganten, geschwungenen Form gebogen, die an einen arabischen Buchstaben oder einen Notenschlüssel erinnerte. Die Sehne war nur an einem Ende des Bogens befestigt und wirkte zu kurz. Es war keine gewöhnliche Schnur – sie war aus vielen dünnen Fäden geflochten, damit sie reißfest war und nicht nachgab.
    Parker blickte zur Tür, konnte aber die Treppe von hier nicht sehen. Er stellte das Ende des Bogens, an dem die Sehne festgeknotet war, neben seinem Fuß auf den Boden und bog ihn, bis er die Schlaufe am oberen Ende der Sehne in die dafür vorgesehene flache Nut einhängen konnte.
    Hatte er jemals mit so etwas geschossen? Wenn ja, so konnte er sich nicht daran erinnern, aber dies war ja keine High-Tech-Waffe. Er nahm einen der Pfeile, der hinter den Federn eine Nocke hatte, die auf die Bogensehne passte. Er packte den Griff des Bogens mit der Linken, legte den Pfeilschaft auf seinen Daumen und probierte, wie er mit der rechten Hand den Pfeil halten und zugleich den Bogen spannen konnte. Es schien am besten zu gehen, wenn er den Pfeil zwischen Zeige- und Mittelfinger hielt.
    Beim Spannen des Bogens stellte er fest, dass dieser eine überraschende Zugkraft hatte. Wenn es ihm gelang, den Pfeil richtig abzuschießen, würde dieser eine enorme Durchschlagskraft haben, aber er merkte auch, wie leicht er etwas falsch machen konnte, so dass das Ding harmlos auf den Boden fallen würde – geradezu eine Einladung für die Kugel, die dann zurückkäme.
    Probeschüsse waren unmöglich. Aber es blieb ihm keine andere Wahl, es sei denn, er wollte sich von Bobs Freund Harry oder der Polizei über den Haufen schießen lassen.
    Parker ging zur Wand unmittelbar links neben der Tür. Wenn er hindurchtrat, würde er Bob schräg gegenüber auf der sechsten Stufe sitzen sehen, an die Wand und die siebte Stufe gelehnt, halb zu Parker gewandt, die Pistole im Schoß, Wiss und Elkins im Visier.
    Parker atmete ein und hielt den Atem an. Er streckte den linken Arm aus und zog die Bogensehne bis zum Ohr. Er machte einen Schritt durch die Türöffnung, zielte über den Pfeilschaft und öffnete die rechte Hand. Der Pfeil raste wie eine zornige Wespe durch den Raum und nagelte Bob durch die Brust an die Wand.

NEUN
    Bob versuchte, sich zu bewegen, zu atmen, am Leben zu bleiben. Wiss hielt den Bohrer an und starrte auf den Pfeil, an dem Bobs Hand kraftlos zerrte. Parker ließ den Bogen fallen, durchquerte den Raum mit raschen Schritten, deutete auf Wiss und den Bohrer und machte eine drehende Handbewegung. Wiss blinzelte, drückte auf den Schalter und bohrte Luft.
    Parker war bei Bob. Er sah hinauf zum Kopf der Treppe, legte zugleich die linke Hand auf Bobs Kehle und drückte zu. Bob befand sich im Schock, er hatte innere Blutungen und versuchte zurückzuweichen, aber Parker legte sein ganzes Gewicht auf die linke Hand und presste Bobs Hals und Kopf immer fester an die Wand, bis die Gegenwehr nachließ und schließlich ganz aufhörte.
    Parker drückte noch eine lange Minute fest zu und nahm dann die Pistole von Bobs Schoß. Das Blut, das aus Bobs Mund sickerte, versiegte, weil das Herz nicht mehr schlug.
    Während hinter ihm die Bohrmaschine in Wiss’ Hand surrte, schlich Parker langsam die Treppe hinauf. Oben hielt er inne, die Brust an die Kanten der Stufen gedrückt, und lauschte. Er sah nur einen Ausschnitt des Korridors: eine hellgrüne Wand, einen Teil eines Jagdgemäldes, einen Teil eines goldenen Kronleuchters mit vielen Glühbirnen.
    Wo war der andere? Wenn er sich nach links wandte und Harry war rechts, würde er eine Kugel in den Kopf bekommen.Das Geräusch der Bohrmaschine war nur noch ein leises Summen, und er lauschte auf Harrys Atem, auf eine Bewegung, ein Gähnen.
    Nichts. Wie weit war er entfernt?
    Eine
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