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Der gewagte Antrag

Der gewagte Antrag

Titel: Der gewagte Antrag
Autoren: Paula Marshall
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Kammerdiener in die Brust und riss ihn vom Pferd. Im Krieg war es den Franzosen nicht gelungen, Vinnie zu töten, doch irgendwelche Wegelagerer hatten es geschafft.
    Im nächsten Moment sah Charles die Bande durch das Moor auf sich zureiten. Sie versperrten ihm den Weg, feuerten ein weiteres Mal auf ihn und verlangten, er solle widerstandslos seine Wertsachen herausrücken.
    “Kampflos ergebe ich mich nicht!”, schrie er ihnen entgegen.
    Ein neuer Schuss krachte. Charles wurde in die Schulter getroffen und verlor die Kontrolle über das Gespann. Einer der Halsabschneider beugte sich vor und versetzte ihm mit einem Knüppel einen harten Schlag auf den Schädel. Er taumelte, verlor das Gleichgewicht und stürzte rücklings in die Kutsche.
    Benommen hörte er die Räuber das Gepäck abladen und plündern. Begeisterte Ausrufe wurden laut, als sie seine Duellpistolen und das Gewehr fanden. Ein Weilchen verging, bis man ihn vom Wagen zerrte. Bei schwindendem Bewusstsein versuchte er schwach, sich zu wehren, doch es half ihm nichts. Er wurde zu Boden geworfen, und dann zerrten ihm die Verbrecher den blutigen Carrick und alle übrigen Kleider vom Leibe, bis er nackt und zitternd im Gras lag.
    Der Anführer der Rotte, ein verwahrlost aussehender Kerl, der so groß wie sein Opfer war, zog sich die schmutzigen Sachen aus und die geraubten an, setzte sich grinsend den Kastorhut auf und befahl dann seinen Kumpanen, den Niedergeschlagenen in die Lumpen zu hüllen.
    Charles sträubte sich, erhielt einen weiteren Hieb auf den Kopf und verlor die Besinnung. Als er wieder zu sich kam, fand er sich in der Karriole wieder, den toten Kammerdiener zusammengesunken neben sich. Einer der Räuber saß auf dem Kutschbock, trieb das Gespann an und fuhr seinen inzwischen aufgesessenen Gefährten zu einem Steinbruch nach, den Charles zuvor aus der Ferne erblickt hatte. Am Rande hielten sie an; der Mann stieg aus, und seine Handlanger schwangen sich aus den Sätteln. Die Pferde vor der Karriole wurden ausgespannt und der Wagen dann mit vereinten Kräften über die Kante geschoben. Er kippte, fiel und krachte mit den Rädern gegen herausragendes Gestein. Charles wurde vom Sitz geschleudert und prallte in einem Gebüsch auf. Seine letzten klaren Gedanken waren, dass sein Vater nie erfahren und wohl auch keinen Wert darauf legen würde, was aus ihm geworden war, er selbst jedoch unter allen Umständen überleben wollte.
    Der Tag begann wie alle anderen. Nach dem Frühstück ging Elinor mit William Payne die Post durch und musste im Stillen zugeben, dass die Kritik des Onkels an ihrem Sekretär berechtigt war. Sie würde ihn bald in den Ruhestand entlassen müssen, denn er hatte seine beste Zeit längst hinter sich. Der Gedanke, einen jüngeren Nachfolger einzustellen, behagte ihr nicht sonderlich, da sie ihn mithilfe des Verwalters einarbeiten musste.
    Der Tag war sonnig, und nach einem kalten Mittagsimbiss beschloss sie, einen Ausritt zu unternehmen, um besserer Stimmung zu werden. Statt jedoch einen Lakaien mit dem Auftrag in den Stall zu entsenden, ihr das gesattelte Pferd zum Hauptportal zu bringen, begab sie sich gleich durch das große, von einem galoppierenden Zentaur gekrönte Tor über den Sattelplatz zum Marstall. Er bestand aus mehreren schönen, im Renaissancestil erbauten Gebäuden und bot den darin untergebrachten Rossen eine bessere Unterkunft, als viele Menschen sie hatten.
    Vor den Stallungen fand sie eine beträchtliche Menschenmenge in heftiger Diskussion versammelt, die von Aisgills Stimme übertönt wurde. Er redete heftig auf den Verwalter ein, der wie üblich einen schwarzen Gehrock zu gleichfarbigen Pantalons trug und sich mit seinem schmalen, intelligenten Gesicht sehr von den Umstehenden abhob.
    Sobald Stuart Aisgill endlich innegehalten hatte, um Atem zu schöpfen, sagte John Henson in kühlem, ruhigem Ton: “Campions kann nicht der Zufluchtsort für jeden Streuner sein, der von der Straße oder im Moor aufgelesen wird!”
    “Aber die Menschlichkeit verlangt …”, erwiderte Stuart, bemerkte die Countess of Malplaquet und schaute sie hilfesuchend an.
    “Worum geht es?”, erkundigte sie sich mit einem Blick auf die Stallburschen, Gärtner, Reitknechte und einige der übrigen Bediensteten, die sich vor der zum Quartier der im Marstall Beschäftigten drängten.
    Stuart und John begannen gleichzeitig zu sprechen.
    “Einer nach dem anderen!”, unterbrach Elinor sie und schlug zum ersten Male einen gebieterischen Ton
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