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Der Gerechte

Der Gerechte

Titel: Der Gerechte
Autoren: Jason Dark
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beugte sich dabei nach vorn. Ein nie erlebter Schmerz durchzuckte ihn. Er hatte den Eindruck, als wäre ihm die Luft genommen worden. Etwas war da, etwas umschnürte ihn mit einer gewaltigen Kraft, etwas wühlte in seinem Innern herum. Es ergriff von ihm Besitz, es war wie ein Tornado, der durch seine Blutbahnen jagte und dabei auch die schmerzempfindlichen Stellen traf. Der Mann warf seine Arme hoch.
    Es sah grotesk aus, als wollte er durch diese Bewegung die Nähe eines Götzen dokumentieren, den er allein anbetete, der für ihn vorhanden war.
    Raniel ging nach links, drehte sich, schaufelte mit den Händen die Luft durcheinander. Er torkelte weiter, er schwankte auf das Fenster zu, stolperte, fiel gegen die Scheibe, stieß sich den Kopf und taumelte wieder zurück, wobei er sich nach einigen Schritten drehte, über seine eigenen Beine fiel und zu Boden ging.
    Für einen Moment blieb er dort auf der Seite liegen. Unter Schmerzen leidend, schwer keuchend, die Beine angezogen wie ein Embryo im Mutterleib. Gedanken strömten wie Hilfeschreie durch seinen Kopf, explodierten in seinem Gehirn, hinterließen dort neue Schmerzwellen. Er trampelte mit den Füßen, rollte sich herum, einmal, zweimal, ein drittes Mal, bis er auf dem Rücken liegend zur Ruhe kam. Nicht sehr lange.
    Er gab seinem Körper Schwung, ohne es eigentlich zu merken, und schnellte wieder hoch.
    Aus seiner liegenden Position heraus gelangte er auf die Füße, blieb auch so und schwankte wieder durch den Raum. Er warf eine Vase um, hörte das Klirren nur wie nebenbei und ging weiter. Torkelnd, taumelnd, dabei stöhnend, als wollten ihm die Schmerzen alles aus seinem Kopf drücken, was noch menschlich war.
    Raniel fiel gegen die Wand.
    Er jaulte auf. Tränen rannen an seinen Wangen entlang. Allmählich aber hatte er sich an die Schmerzen gewöhnt und konnte sich darauf konzentrieren, was dahinter lag.
    Er spürte, daß es die andere Kraft war, die jetzt in ihm steckte. Der Engel hatte sich mit ihm vereinigt, aus zwei Personen war eine geworden, und die sich drehende Umgebung verlor etwas von ihrer tiefen Schwärze. Der Veränderte konnte wieder besser sehen. Er nahm die Umgebung wahr, er taumelte auch nicht mehr durch den großen Raum, sondern blieb in der Mitte stehen.
    Ich lebe noch!
    Dieser Gedanke schoß ihm durch den Kopf. Er war nur ein Strohhalm der Rettung, der sich allerdings zu einem Balken verdickte und ihn wieder klar denken ließ.
    Die Schmerzen verschwanden.
    Nicht so schnell, wie sie gekommen waren, sie zogen sich nur allmählich zurück, als hätten sie einen Befehl bekommen, ihn nicht mehr zu quälen. Er wartete.
    Zeit verging…
    Raniel konnte nicht sagen, ob es Sekunden, Minuten oder gar Stunden waren, die da verrannen, ohne daß sich bei ihm etwas veränderte. Wenigstens nicht körperlich. In seinem Innern jedoch tat sich einiges, denn er merkte sehr deutlich, daß es ihm besser ging. Er fand wieder zu seiner alten Kraft zurück.
    Er öffnete den Mund.
    Tief holte er Luft.
    Sie kam ihm anders vor als sonst. Sie war viel klarer und reiner. Und noch etwas verwunderte ihn, bereitete ihm jedoch keine Furcht. Seine Sehkraft hatte sich wesentlich verbessert. Noch immer hüllte die Dunkelheit den Raum ein, ihm aber war es möglich, sie zu durchdringen. Er konnte Einzelheiten erkennen, sah nicht mehr nur die Umrisse, sondern nahm sogar die kleinen Knöpfe an den Schubladen der Regale wahr, die wirklich nicht größer als Kirschen waren. Und das in der Finsternis…
    Raniel schluckte. Er wischte über seine Stirn. Er spürte den Druck hinter den Augen, und gleichzeitig stieg in ihm etwas hoch, das er mit den Begriffen Macht und Kraft bezeichnete.
    Er war ein Mensch!
    Tatsächlich?
    Ja und nein. Er fühlte sich besser, viel besser. Keine Schmerzen mehr, ein klarer Kopf. Euphorie erfaßte ihn. Plötzlich wußte er, was geschehen war. Wie ein Film lief alles vor seinem geistigen Auge ab, und er sah sehr deutlich die feinstoffliche Gestalt des Besuchers vor seinen Augen. Sie hatte ihr Versprechen gehalten und ihm die neue Seite im Buch des Schicksals aufgeschlagen.
    Und sie war nicht weg.
    Zwar konnte Raniel sie nicht mehr durch seine eigenen Augen sehen, das brauchte er auch nicht. Es gab da etwas, das viel besser war, das seine Euphorie steigerte.
    Der Engel war trotzdem noch bei ihm. Er hatte ihn erfüllt, er war in ihn hineingedrungen, und sie bildeten nun eine neue Symbiose. Ich bin wie du, du bist wie ich!
    So ähnlich hatte er gesprochen und
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