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Der Gerechte

Der Gerechte

Titel: Der Gerechte
Autoren: Jason Dark
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Lenkrad gesetzt und war davon ausgegangen, sein Fahrzeug zu kennen. Leider nicht gut genug.
    Jetzt saß er im Knast fest.
    Er stöhnte, sein Magen produzierte Säure, er stieß auf und spürte das scharfe Zeug, das in die Höhe gedrückt worden war, mitten auf seiner Zunge.
    »Hast du was?« fragte der Mann neben ihm. Er hieß Stanley Nessé und war Franco-Kanadier, den es irgendwann nach London verschlagen hatte. Dort hatte er sich durch Überfälle auf kleine Lebensmittelläden einen traurigen Namen gemacht, aber er hatte nie einen Menschen getötet, nur verletzt, und so war er mit einer recht milden Strafe von knapp sechs Jahren davongekommen.
    »Ich könnte kotzen.«
    Nessé lachte leise. »Ich auch. Ist es der Fraß?«
    »Nicht nur.«
    »Die Scheiße hier, nicht?«
    Goldblatt nickte. »Ja, dieses verfluchte Elend. Der Knast, verstehst du? Der macht mich fertig.« Er schob den Teller weg. »Zu eintönig. Wenn man vor der Glotze sitzen will, muß man positiv bei den Wärtern aufgefallen sein, ihnen hinten reinkriechen. Ich könnte sie alle packen und in den heißen Ofen stecken, um ihre Asche nachträglich zu zertrampeln.«
    »Kenne ich.«
    »Was kennst du?«
    »Den Koller. Kriegen sie alle hier. Hatte ich auch. Geht vorbei, glaub mir.«
    »Mal sehen.«
    Ein Pfiff schrillte auf. Die Wächter machten sich einen Spaß daraus, die Gefangenen so auf Vordermann zu bringen. Und sie schauten kalt grinsend zu, wie sich die Männer erhoben. Manch einer spuckte noch auf seinen Teller, aber so, daß es kein Aufpasser sah, sonst hätte der Spucker seinen Teller noch ablecken müssen.
    Es war nicht einmal laut im Eßsaal. Aber die Ruhe konnte als trügerisch angesehen werden. Da brannte stets eine Lunte, deren Feuer nur einen bestimmten Punkt erreichen mußte, um hochzugehen. Noch war es nicht soweit.
    Natürlich hatte es immer mal eine Revolte gegeben, die aber waren schnell erstickt worden.
    Die Männer mußten sich aufstellen.
    In Zweierreihen wie die Schulkinder. Kassiber wurden noch schnell getauscht, Nachrichten geflüstert, dann ging es ab. Raus aus dem Grau, hinein in das Grau.
    Jeff Goldblatt und Stan Nessé gingen nebeneinander her. Ihr Gang war schlurfend, die Sohlen der Knastschuhe schleiften über den Steinboden. Goldblatt war ein stiernackiger Typ mit einem kurzen Bürstenhaarschnitt, der wie ein Schatten auf seinem Kopf wuchs. In seinem Gesicht fiel das eckige Kinn auf, ansonsten war es flach, und so konnte auch der Ausdruck in seinen Augen bezeichnet werden. Flach, dumpf und illusionslos. Er machte sich nichts mehr vor.
    Stan Nessé war kleiner, trug die Haare lang und zu einem Zopf im Nacken gebunden. Seine Nase stand wie ein spitzer Keil aus dem blassen, schmalen Gesicht hervor. Wer ihn so sah, hätte ihn nie und nimmer für einen gefährlichen Täter halten können. In seinen schmalen Händen konnte man sich kaum einen Revolver vorstellen. Dabei hatte er die Überfälle mit einem mehrschüssigen Schrotgewehr durchgeführt. Sie verließen den Trakt und gelangten in den Bereich der Zellen, die auf mehrere Stockwerke verteilt waren.
    Goldblatt und Nessé lagen im ersten. Sie teilten sich die Zelle ebenso wie das Klosett und das Waschbecken. In der Regel kamen sie relativ gut miteinander aus, aber es gab auch Tage und vor allen Dingen Abende, wo der eine dem anderen am liebsten den Schädel eingeschlagen hätte.
    Aus Platzgründen standen die Betten übereinander. Goldblatt lag oben. Wenn er den Arm ausstreckte, konnte er das Fenster berühren, dessen Scheibe aus dickem Glas bestand. Durch Eisenstäbe war das Fenster gesichert, eine Flucht somit unmöglich. Er legte sich auf den Rücken, verschränkte die Hände unter dem Kopf, starrte gegen die Decke und fing an, die Welt zu hassen. Eine Vision stieg vor seinem geistigen Auge hoch. Sich einen Flammenwerfer nehmen und damit durch den Gerichtssaal ziehen und all die in Brand setzen, die ihn in diesen Knast geschickt hatten.
    Unter ihm lag Nessé. Er hörte ein bekanntes Knistern. Der Francokanadier drehte sich einen Glimmstengel.
    »Willst du auch, Jeff?«
    »Nein.«
    »Dann nicht.«
    Goldblatt schwieg. Er hatte die Augen zu Schlitzen verengt, den Kopf etwas zur Seite gedreht und starrte gegen die Innenseite der dicken Tür mit der Luke darin, die jetzt geschlossen war, durch die aber gern die Aufpasser glotzten, um sich daran zu weiden, wie die Männer in den Zellen hockten.
    Würziger Rauch stieg von unten her hoch und kitzelte seine Nase. Er brachte zugleich
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