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Der Geheimcode

Der Geheimcode

Titel: Der Geheimcode
Autoren: Eoin Colfer
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machte sich aus dem Staub. Die Fingerabdrücke würden kein Problem darstellen, da sicher Dutzende von Gästen in dem Restaurant gewesen waren. Er musste nur zusehen, dass er verschwand, bevor Scotland Yard auftauchte.
    Die Küche war komplett aus Edelstahl gefertigt. Kochfelder, Abdeckungen und Arbeitsflächen waren mit Explosionstrümmern übersät. Fische lagen zappelnd in der Spüle, Krebse krabbelten über die Fliesen, und von der Decke kleckste Kaviar.
    Da! An der Rückwand stand eine Reihe Gefrierschränke, unentbehrlich in einem Fischrestaurant. Artemis stemmte die Schulter gegen den Dessertwagen und rollte ihn darauf zu.
    Der größte Schrank war eins der maßgefertigten Exemplare mit ausziehbarer Schublade, wie es sie oft in großen Restaurants gab. Artemis öffnete sie und fischte eilig die Lachse, Seebarsche und Hechte heraus, die in den Eissplittern vergraben lagen.
    Kryogenie. Das war die einzige Chance. Die Wissenschaft vom fachmännischen Gefrieren eines Körpers, bis die Medizin sich weit genug fortentwickelt hatte, um ihn wieder zu beleben. Von der Ärzteschaft im Allgemeinen als Scharlatanerie abgetan, verdienten entsprechende Institutionen für künstlichen Kälteschlaf jedes Jahr Millionen aus dem Nachlass reicher Exzentriker, die mehr als ein Leben brauchten, um ihr Geld auszugeben. Kryogentanks wurden normalerweise nach ganz exakten Vorgaben gefertigt, doch in diesem Fall reichte die Zeit nicht, um Artemis' gewohnte Ansprüche zu befriedigen. Der Gefrierschrank würde als Übergangslösung reichen müssen. Das Wichtigste war, dass Butlers Kopf gekühlt wurde, um die Gehirnzellen zu erhalten. Solange seine Hirnfunktionen intakt waren, konnte er theoretisch wieder belebt werden, selbst wenn das Herz nicht mehr schlug.
    Artemis rückte den Wagen hin und her, bis er genau parallel zu dem offenen Schrank stand, dann wälzte er Butlers Körper mithilfe eines Silbertabletts in das rauchende Eis. Es war knapp, doch mit leicht angewinkelten Beinen passte der Leibwächter hinein. Artemis häufte loses Eis auf seinen gefallenen Kameraden und stellte dann den Thermostat auf vier Grad minus, um eine Schädigung des Gewebes zu vermeiden. Butlers blicklose Augen starrten ihn durch eine Eisschicht hindurch an.
    »Ich bin bald zurück«, sagte der Junge. »Schlafen Sie gut.« Die Sirenen waren jetzt ganz nah. Reifen quietschten. »Halten Sie durch, Domovoi«, flüsterte Artemis und schloss den Gefrierschrank zu.
     
    * * *
     
    Artemis verschwand durch die Hintertür und mischte sich unter das Gewimmel auf der Straße. Da die Polizei vermutlich die Schaulustigen fotografierte, blieb er nicht an der Absperrung stehen und blickte nicht einmal zum Restaurant zurück, sondern ging zu Harrods und suchte sich einen Tisch im Café auf der Empore.
    Nachdem er der Kellnerin glaubhaft versichert hatte, dass er nicht nach seiner Mami suchte und genügend Bargeld dabei hatte, um seine Kanne Earl-Grey-Tee zu bezahlen, nahm er sein Handy heraus und drückte auf eine Kurzwahltaste.
    Beim zweiten Klingeln antwortete eine männliche Stimme.
    »Ja, bitte? Wer immer Sie sind, machen Sie's kurz. Ich bin im Moment sehr beschäftigt.«
    Die Stimme gehörte Detective Inspector Justin Barre von Scotland Yard. Ihren rauen Klang verdankte der Detective einem Jagdmesser, das er in den Neunzigern bei einer Kneipenschlägerei in die Kehle bekommen hatte. Wäre Butler nicht vor Ort gewesen, um die Blutung zu stoppen, Justin Barre wäre nie über den Rang eines Sergeant hinausgekommen. Es war an der Zeit, diese Schuld einzufordern.
    »Detective Barre, hier ist Artemis Fowl.«
    »Artemis, wie geht es dir? Und wie geht es meinem alten Kumpel Butler?«
    Artemis massierte sich die Stirn. »Leider gar nicht gut. Er braucht Ihre Hilfe.«
    »Jederzeit. Was kann ich tun?«
    »Haben Sie etwas von einem Zwischenfall in Knightsbridge gehört?«
    Kurzes Schweigen. Artemis hörte, wie ein Fax von der Rolle gerissen wurde.
    »Ja, ist gerade hereingekommen. In einem Restaurant sind ein paar Scheiben zu Bruch gegangen. Nichts Dramatisches. Einige Touristen haben einen leichten Schock erlitten. Ersten Nachforschungen zufolge soll es sich um ein örtlich begrenztes Erdbeben handeln, so unglaublich es klingt. Wir haben im Moment zwei Wagen vor Ort. Willst du mir etwa erzählen, dass Butler dahintersteckt?«
    Artemis holte tief Luft. »Ich möchte, dass Sie Ihre Männer von den Gefrierschränken fern halten.«
    »Das ist aber eine merkwürdige Bitte, Artemis.
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