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Der Geheimcode

Der Geheimcode

Titel: Der Geheimcode
Autoren: Eoin Colfer
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Naturwissenschaften besser aus als die meisten Atomphysiker. Genau genommen stellte er unter dem Pseudonym Emmsey Squire des Öfteren Vorträge zu diesem Thema ins Internet. Offensichtlich war die Triebkraft der Kugel zu groß gewesen, als dass die Weste ihr hätte standhalten können. Wahrscheinlich war das Geschoss zur Erhöhung der Durchschlagskraft mit Teflon verstärkt gewesen.
    Am liebsten hätte Artemis den Körper des Leibwächters in die Arme genommen und um ihn geweint wie um einen Bruder. Doch er unterdrückte diesen Impuls. Jetzt war schnelles Denken angesagt.
    Butler unterbrach seine Überlegungen. »Artemis... Sind Sie das?«, fragte er keuchend.
    »Ja, ich bin's«, antwortete Artemis mit zittriger Stimme.
    »Keine Sorge. Juliet wird Sie beschützen. Ihnen wird nichts passieren.«
    »Nicht sprechen, Butler. Liegen Sie still. Die Wunde ist nicht gefährlich.«
    Butler röchelte statt eines Lachens.
    »Also gut, sie ist gefährlich. Aber mir fällt schon was ein. Bleiben Sie einfach still liegen.«
    Mit allerletzter Kraft hob Butler die eine Hand. »Adieu, Artemis«, sagte er. »Mein Freund.« Artemis ergriff die Hand. Jetzt liefen ihm die Tränen übers Gesicht. Ungehindert.
    »Adieu, Butler.«
    Die blicklosen Augen des Eurasiers waren ruhig. »Artemis, nennen Sie mich Domovoi.«
    Dieser Name verriet Artemis zwei Dinge. Zum einen war sein lebenslanger Begleiter nach einem slawischen Schutzgeist benannt worden. Zum anderen bekamen Abgänger der Schule von Madame Ko die Anweisung, ihrem Prinzipal unter keinen Umständen den eigenen Vornamen zu verraten. Das half, die Dinge auf einer unpersönlichen Ebene zu halten. Butler hätte diese Regel niemals missachtet... es sei denn, sie war nicht mehr wichtig.
    »Adieu, Domovoi«, schluchzte der Junge. »Adieu, mein Freund.«
    Die Hand glitt herunter. Butler war tot.
    »Nein!«, schrie Artemis und wich stolpernd zurück. Das war nicht richtig. So durfte die Geschichte nicht ausgehen. Aus irgendeinem Grund hatte er sich immer vorgestellt, dass sie zusammen sterben würden. Vielleicht in einer ausweglosen Situation an einem exotischen Ort. Vielleicht bei einem Ausbruch des Vesuv oder an den Ufern des mächtigen Ganges. Aber zusammen, als Freunde. Nach allem, was sie durchgemacht hatten, konnte Butler doch nicht einfach durch die Kugel eines großmäuligen, zweitklassigen Muskelprotzes sterben.
    Butler war schon einmal fast gestorben. Vor mehr als einem Jahr hatte ihn ein Troll aus den tiefen Tunneln unterhalb von Haven City in die Klauen bekommen. Damals hatte Holly Short ihn gerettet. Doch diesmal war keine Elfe in der Nähe, um seinen Leibwächter zu retten.
    Wenn er die Zeit dazu hätte, könnte er sich eine Taktik überlegen, um die ZUP zu kontaktieren. Wenn er Zeit hätte, könnte er Holly überreden, ihre Magie einzusetzen. Doch er hatte keine Zeit. Butler blieben vielleicht noch vier Minuten, bis sein Gehirn für immer abschaltete. Das reichte nicht, nicht einmal für einen Intellekt wie seinen. Artemis musste sich irgendwie Zeit erkaufen. Oder stehlen.
    Denk nach, Junge, denk nach. Überleg dir, was die Situation hergibt. Artemis brachte den Tränenfluss zum Stillstand. Er war in einem Restaurant, einem Fischrestaurant. Nutzlos! Wertlos! In einer medizinischen Einrichtung könnte er vielleicht etwas für Butler tun, aber hier? Was gab es schon? Einen Ofen, Spülbecken, Küchengeräte. Selbst wenn er die nötigen Instrumente hätte, würde es ihm nichts nützen, weil er das Medizinstudium noch nicht abgeschlossen hatte. Und für konventionelle Chirurgie war es ohnehin zu spät, es sei denn, es gab eine Methode der Herztransplantation, die weniger als vier Minuten in Anspruch nahm.
    Die Sekunden tickten vorüber. Artemis wurde immer wütender auf sich. Die Zeit war gegen sie. Die Zeit war ihr Feind. Die Zeit musste angehalten werden. Eine Idee zuckte als Neuronenblitz durch sein Gehirn. Er konnte zwar die Zeit selbst nicht anhalten, aber Butlers Reise durch die Zeit. Der Versuch war riskant, aber eine andere Chance gab es nicht.
    Mit dem Fuß löste Artemis die Bremse des Dessertwagens und begann, das Gefährt Richtung Küche zu manövrieren. Er musste mehrmals innehalten, um stöhnende Killer aus dem Weg zu räumen. Draußen näherten sich Rettungswagen mit heulenden Sirenen. Natürlich war die Explosion der Schallgranate nicht unbemerkt geblieben. Er hatte nur noch wenige Minuten, um sich eine plausible Geschichte für die Polizei auszudenken.
    Am besten, er
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