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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao
Autoren: Pauline Gedge
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verschwenden. Ja oder nein?« Der Bürgermeister wurde blass, sein Blick wanderte zu Mesehti an Kamoses linker Seite, und Kamose drängte. »Diese Fürsten haben mir bereits Treue geschworen und mir ihre eigenen Streitkräfte zur Verfügung gestellt«, sagte er brutal. »Frag sie, falls du mir nicht glaubst. Frag sie!« Doch der Bürgermeister schüttelte den Kopf.
    »Fürst, du bist tapfer, aber dumm«, sagte er kaum vernehmlich. »Und diese vornehmen Männer bei dir, die werden auch einen furchtbaren Preis für ihre so genannte Treue zahlen. Apophis wird euch alle zermalmen. Ihr scheint nicht zu begreifen, dass ich mir mit der aufgenötigten Vereinbarung meinen Anteil von Apophis’ berechtigtem Zorn zuziehe.« Ich habe ihn, dachte Kamose innerlich jubilierend. Aber er hütete sich, sich die Erleichterung an der Miene ablesen zu lassen.
    »Durchaus nicht«, sagte er. »Ich bitte dich und deine Stadt nicht um tatkräftige Mithilfe. Alles, was ich will, ist deine Zusicherung, dass du nicht gegen Waset ziehst. Das wäre ohnedies schwierig für dich, weil es hier keine Soldaten gibt, nur Steinhauer und Schiffsbauer. Falls Apophis mich besiegt, kann man dir meinetwegen nichts anhängen. Aber wenn ich bis Auaris siege und die Doppelkrone erringe, werde ich dem Mann und der Stadt, die meinem Sieg nicht im Wege gestanden haben, meine Dankbarkeit erweisen. Wie auch immer, Pi-Hathor kann man nichts vorwerfen.«
    Wieder herrschte Schweigen. Het-ui blinzelte, seufzte, blickte zur Decke und dann in seinen Schoß. Ipis Pinsel ruhte. Die Schatten zuckten nicht mehr über die Wände. Der Bürgermeister stieß die Luft aus. »Na schön, Fürst«, sagte er ärgerlich. »Du kannst deine Abmachung haben. Zwei Kopien, eine für dich und eine für mich zum Verstecken. Aber bereitwillig tue ich das nicht.«
    »Natürlich nicht«, sagte Kamose mit einem Lächeln. »Sei bedankt, Het-ui. Ich war auf deine Einwilligung vorbereitet und habe das Dokument bereits diktiert, und Ipi hat eine Kopie angefertigt.« Er winkte seinem Schreiber, der in die Ledertasche neben sich griff und Kamose zwei dünne Rollen reichte. Eine davon wurde in die ausgestreckte Hand des Bürgermeisters gelegt. »Wie du siehst«, wiederholte Kamose höflich, »enthält sie nur das, was wir besprochen haben, und ist sehr schlicht abgefasst.« Het-ui entrollte seine Rolle und überflog sie, dann blickte er auf.
    »Wer gewährleistet dir, dass ich diese Abmachung nicht auf der Stelle breche und dem König eine Warnung zukommen lasse«, meinte er. »Schließlich hast du mich bedroht und mich gezwungen, Hochverrat Vorschub zu leisten, und ich könnte dich verraten, ohne mir dabei Gewissensbisse zu machen.« Kamose blickte ihm fest in die Augen.
    »Aber du wirst sie nicht brechen«, sagte er ruhig. »Ob nun bereitwillig oder nicht, du hast dein Wort gegeben, und du bist ein Mann von Ehre. Du wirst sie so lange halten, wie es ohne schlimme Folgen für dich geht, und um mehr habe ich auch nicht gebeten, Het-ui. Man wird jedoch alle Boten und Herolde, die aus dem Süden kommen, in Waset anhalten und befragen. In diesen bösen Zeiten ist es, glaube ich, verzeihlich, wenn ich mich nicht allein auf mündliche oder geschriebene Abmachungen verlasse. Ipi, gib dem Bürgermeister einen Pinsel.« Het-ui kniff die Lippen zusammen. Ohne eine weitere Bemerkung nahm er den Pinsel, den Ipi ihm hinhielt, und jetzt zitterte seine Hand so, dass ein Tropfen schwarze Tusche auf den Schreibtisch spritzte. Kamose nahm die Rollen, unterschrieb und gab sie Ipi, und der gab ihm die andere und sah zu, während Kamose wieder seinen Namen schrieb. »Die hier behältst du«, sagte er und erhob sich. »Wir beleidigen dich nicht mit einer Bitte um Gastfreundschaft. Gesundheit und ein langes Leben, Het-ui.« Die anderen hatten sich auch erhoben. Het-ui verbeugte sich steif, erwiderte den Abschiedsgruß jedoch nicht, und Kamose war mit ein paar Schritten draußen.
    Er schickte einen der Soldaten los, dass er den anderen aus dem Bierhaus holte, und ging die Straße entlang. Jetzt war es vollends Nacht geworden. Aus geöffneten Türen, an denen er vorbeikam, drang Lampenlicht, legte sich in gelben Lachen auf den Dreck und schien schallendes Gelächter und rasche Unterhaltungen mitzutragen, doch die wurden gleich von der Dunkelheit verschluckt. Im heiligen Bezirk von Hathors Tempel ertönte leiser Gesang, aber die liebliche, hohe, weibliche Stimme gemahnte Kamose nur daran, dass er seiner Mutter sagen musste, sie
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