Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fremde ohne Gesicht

Der Fremde ohne Gesicht

Titel: Der Fremde ohne Gesicht
Autoren: Nigel McCrery
Vom Netzwerk:
Kinder, hübsche Frau. Tja, Mr. Green, was würde wohl Ihre Frau sagen, wenn sie wüsste, dass Sie sich mit Damen aus dem horizontalen Gewerbe herumtreiben? Überrascht mich eigentlich, wo Sie doch so eine attraktive Frau haben. Sie wäre wohl einigermaßen stinkig, stelle ich mir vor. Und Ihre Kinder würden das sicher auch nicht gut verkraften, was meinen Sie?«
    Der Mann ließ den Kopf sinken.
    »Nun, wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, Mr. Green, dann vergessen Sie den heutigen Abend einfach. Verbuchen Sie ihn unter Lebenserfahrung. Und wenn Sie sich das nächste Mal ein Mädchen nehmen, dann zahlen Sie ihr, was Sie ihr schuldig sind. Auf die Dauer wird Ihnen das eine Menge Ärger ersparen.« Er wedelte mit dem Foto und dem Führerschein vor dem Gesicht des Mannes herum. »Ich behalte diese Sachen vorläufig, sagen wir, als eine Art Unterpfand, damit Sie sich auch in Zukunft so kooperativ zeigen. Sollten Sie allerdings wieder einmal Probleme machen, wäre ich gezwungen, sie Kate auszuhändigen, die sicher einen Weg finden wird, sie Ihrer Frau und Ihren Kindern zukommen zu lassen. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
    Der Mann nickte.
    Sharman gab ihm zufrieden einen sanften Klaps auf die Wange. »Gut, dann wollen wir kein Wort mehr darüber verlieren, in Ordnung?«
    Der Mann hob einlenkend die Hand und Sharman ging davon. Als er seinen Wagen erreichte, reichte er Kate die beiden Scheine. Sie riss sie ihm aus der Hand und verstaute sie hastig in ihrer Handtasche. »Ich hoffe, dafür erwartest du jetzt keinen Freischuss?«
    »Einen Freischuss? Ich habe gesehen, wie du mit Schnorrern umspringst. Ich bezahle lieber.«
    Kate lächelte beinahe, als Sharman den Rückwärtsgang einlegte und rasch aus der Gasse zurücksetzte.
     
    Sam schlenderte hinaus in ihren Garten. Sie genoss den Sommer. Obwohl ihre Lieblingsjahreszeit der Frühling war, mochte sie das frühe Morgenlicht und die langen Abende, die der Sommer mit sich brachte. Shaw strich um ihre Beine, offenkundig begierig auf sein Futter. Sie nahm den Kater auf den Arm und ging den Pfad hinauf. Hin und wieder blieb sie stehen, um die Levkojen und Rosenbüsche zu bewundern und tief atmend ihren süßen Duft auszukosten. Schon um sieben Uhr morgens war der Garten voller Leben, Farben und Gerüche. Von all ihren Sinnen war es immer noch der Geruchssinn, der ihr am wichtigsten war. Ob es daran lag, dass sie ihn fast verloren hatte, oder daran, dass er ihr den größten Genuss bereitete, wusste sie nicht genau – wahrscheinlich beides. Als sie das Ende des Gartens erreichte und eine besonders schöne Hortensie betrachtete, klingelte in der Küche das Telefon. Sie zögerte einen Moment und überlegte, ob sie drangehen sollte oder nicht. Anrufe zu ungewöhnlichen Tageszeiten konnten nur eines bedeuten: Arbeit. Die unerwartete Hitzewelle forderte ihren Tribut und die Leute starben wie die Fliegen, besonders die Alten und Kranken. Schon jetzt hatte sie siebzig Überstunden angesammelt und der Monat war noch nicht vorbei. Es riss einfach nicht ab. Sie sehnte sich nach einer erfrischenden Abkühlung, die die gegenwärtige Todesrate etwas bremsen würde.
    Sam arbeitete gern schnell, besonders, wenn es um Alltagsaufgaben ging. Jemand hatte sie einmal den ›Hurrikan Higgins‹ der Pathologie genannt, doch nun hatte selbst sie Mühe, mit der derzeitigen Arbeitsbelastung zurechtzukommen. Dass Fred sich ausgerechnet an dem Tag, als die Hitzewelle begann, in den Urlaub davongemacht hatte, sodass sie mit einem der anderen Assistenten arbeiten musste, war auch nicht gerade eine Hilfe. Sie tat das sehr ungern. Sie fand, dass sie und Fred als Partner ein unschlagbares Team waren. Trotz ihres unterschiedlichen Hintergrundes und Bildungsstandes verstanden sie einander perfekt. Manchmal war es richtig unheimlich, wie Fred jeden ihrer Wünsche vorauszusehen und darauf vorbereitet zu sein schien. Verglichen mit ihm musste jeder andere Assistent und Techniker, mit dem Sam zusammengearbeitet hatte, unweigerlich den Kürzeren ziehen. Zum Glück hatte es in der letzten Zeit, während die halbe Abteilung im Urlaub, auf Fortbildung oder auch krank war, keine außergewöhnlichen Vorfälle gegeben.
    Als sie das beständige, hartnäckige Klingeln des Telefons hörte, beschlich Sam eine Ahnung, dass es nun mit ihrer Glückssträhne vorbei war. Sie sah hinunter zu Shaw, der sie hungrig anstarrte. »Wem die Stunde schlägt, was? Was meinst du, mein Alter, soll ich drangehen oder Trevor zur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher