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Der Fremde ohne Gesicht

Der Fremde ohne Gesicht

Titel: Der Fremde ohne Gesicht
Autoren: Nigel McCrery
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eintraten, konnte Sam ihre Neugier nicht mehr zügeln. »Wo zum Teufel sind wir hier?«
    Sharman schob die Tür zur Diele auf und von dort traten sie in ein kleines, elegant möbliertes Wohnzimmer.
    »Das ist Kates Haus. Sie hat es ihrer Mutter hinterlassen. Ich löse den Haushalt für sie auf. Vielleicht kaufe ich es auch selbst. Ich habe schöne Zeiten hier verbracht.«
    Sam war immer noch verwirrt. »Aber warum sind wir hier?«
    »Weil in höchstens einer Stunde Adams seine Jungs zu Ihrem Haus und zu meiner Wohnung schicken wird, um uns festzunehmen. Wahrscheinlich zerbricht er sich jetzt gerade den Kopf, was zum Teufel eigentlich los ist. Ich wünschte, ich könnte sein Gesicht sehen. Von diesem Haus hier weiß er nichts. Das gibt uns Zeit, ein paar Dinge klarzulegen, bevor er uns schließlich erwischt.«
    »Was ist mit Ihrem Wagen?«
    Sharman lächelte. »Falls es Ihnen entgangen sein sollte, das ist nicht mein Wagen. Ich habe ihn gestern gemietet und in einiger Entfernung von meiner Wohnung abgestellt. Dachte mir schon, dass Adams irgendwas im Schilde führt. Wenn ich es ihm auch nicht zugetraut hätte, dass er das durchzieht.«
    Sam zog ihre Jacke aus und ließ sich auf das Sofa fallen. »Und was jetzt?«
    Er durchsuchte die Innentasche seines Sakkos und reichte Sam einen Umschlag, der an den Abgeordneten Mr. John Clarke adressiert war.
    »Wo haben Sie den denn her?«
    »Von Mark Anderson.«
    »Und wer ist das?«
    »Clarkes Briefträger. Ich habe ihn vor ein paar Jahren mal wegen Diebstahls eingelocht. Hat er bei seinem Einstellungsgespräch bei der Post dummerweise zu erwähnen vergessen.«
    »Sie haben ihn erpresst?«
    Er zündete sich eine Zigarette an. »Worauf Sie sich verlassen können. Und er ist noch lange nicht aus dem Schneider.«
    »Tut mir Leid, aber ich verstehe immer noch nicht.«
    Sharman zog lange an seiner Zigarette. »Werfen Sie mal einen Blick in den Umschlag.«
    Sie tat es. In dem Umschlag befanden sich mehrere Bankauszüge, die Auskunft über John Clarkes Kontobewegungen während der letzten zwölf Monate gaben.
    »Das dürfte jedenfalls illegal sein.«
    Sharman zuckte die Achseln. »Was er treibt, ist auch nicht gerade gesetzestreu, oder?« Er kramte wieder in einer Tasche und brachte diesmal das Sparbuch zum Vorschein, das Hudd bei Spades Leiche hatte mitgehen lassen. »Vergleichen Sie die Daten und Beträge der Einzahlungen auf Claires Sparbuch mit den Abbuchungen auf Clarkes Auszügen.«
    Sie tat es. Die Daten stimmten alle bis auf einen oder zwei Tage überein, und die Beträge waren genau die gleichen. Sie sah Sharman an. »Aber wie sind Sie daran gekommen?«
    »Clarke ist bis morgen unterwegs. Ich bin eingebrochen …«
    Er sagte es so beiläufig, dass sie einen Moment brauchte, um sich bewusst zu machen, was er gesagt hatte. »Sie sind eingebrochen?«
    Er nickte lächelnd. »Sicher doch. Wer hätte mich auch davon abhalten sollen? Mr. Anderson war so freundlich, für mich Schmiere zu stehen.«
    Sie staunte nicht schlecht über Sharmans Frechheit. »Und wenn er etwas sagt? Wenn er zu Adams geht?«
    »Keine Chance. Vor mir hat er mehr Angst als vor Adams.«
    »Und die Alarmanlage?«
    »Die habe ich ausgelöst und dann erst mal abgewartet, bis die Polizei kam. Bis dahin war noch keine Spur von einem Einbruch zu entdecken; also verbuchten sie es als falschen Alarm und weil seine Anlage so kompliziert ist, mussten sie die Firma anrufen, damit sie sie wieder zurückstellt. Das verschaffte mir ungefähr eine Stunde, mehr, als ich brauchte.«
    Es heißt, der Unterschied zwischen einem guten Polizisten und einem guten Kriminellen sei minimal. Sam fragte sich, wie nahe Sharman daran war, die Seiten zu wechseln.
    »Jedenfalls, als ich drinnen war, habe ich Bankauszüge bestellt, und dann habe ich meinen netten Briefträger veranlasst, sie zurückzuhalten und mir zu übergeben.«
    »Es ist doch gar nicht so einfach, an Bankauszüge zu kommen, oder?«
    Er grinste schief. »Wenn man weiß wie, ist es ein Kinderspiel.«
    Sie sah ihn zweifelnd an. »Was ist mit Passwörtern, Mädchennamen der Mutter und so weiter?«
    »Der Mädchenname seiner Muter war Russell.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Er zuckte die Achseln. »Es ist mein Job, solche Dinge zu wissen.«
    Sie war mit ihrem Kreuzverhör noch nicht fertig. »Und sein Passwort?«
    »Er hat sein Passwort auf einem Aufkleber an der Seite seines Computers stehen. Dort fiel es mir auf, als ich das letzte Mal im Haus war. Viele Leute machen das so.
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