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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung
Autoren: Janny Wurts
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so verursacht hatte. Dennoch sprang Talith von ihrem Lager auf, den Kopf lauschend zur Seite gelegt. Leise Schritte überquerten das Deck: zu gleichmäßig, um von dem stämmigen Schreiner zu stammen, der Kapitän des Schiffes war, und zu sicher, als daß ein gewöhnlicher Seemann sie verursachen könnte. Im nächsten Augenblick wurde die Luke so behende aufgerissen, wie es nur ein Mann tun konnte, der mit der Art ihrer Befestigung wohlvertraut war.
    Blinzelnd erkannte die Prinzessin im abendlichen Zwielicht die Silhouette eines schwarzgekleideten Mannes, der trotz der Behinderung durch das Bündel unter seinem Arm mit einer Anmut in den Laderaum herabglitt, deren bedrohliche, unheimliche Vertrautheit ihr den Atem rauben wollte.
    Taliths böse Vorahnung machte sich in einer Explosion giftigen Zorns Luft. »Du!«
    »Das ist vielleicht ’ne Begrüßung!« Die Finger einer Hand nachlässig auf einer Leitersprosse, hielt der Eindringling inne und verbeugte sich höflich. »Willkommen in Los Mar, Prinzessin.«
    Angesichts dieser erneuten Demütigung aufgebracht wie selten zuvor, schnappte die Prinzessin: »Ihr setzt eine Menge voraus, Euer Hoheit von Rathain! Sagt mir, was hättet Ihr getan, hätte es mir an Mut zur Flucht gemangelt?«
    »Mut? Flucht?« Mit einer Andeutung sprachlosen Staunens, sog Arithon die Luft in seine Lungen. »Ihr selbst habt doch diese Form des Reisens gewählt. Meine Männer hatten unmißverständliche Befehle zu befolgen. Es war ihre Pflicht, Euch und Eure Juwelen zu einem von mir festgelegten Zeitpunkt hierher nach Havish zu bringen. Da mich diese Männer aus persönlichen Gründen so oder so zu verlassen gedachten, bat ich sie, dafür Sorge zu tragen, daß Ihr bereitwillig mit ihnen an Bord geht. Ist es meine Schuld, wenn Ihr und Euer Wagemut sie förmlich zwingt, sich einen Scherz auf Eure Kosten zu erlauben? Niemand hat schließlich ein finsteres Geheimnis daraus gemacht, daß es Ivels größtes Vergnügen ist, sich in Tücke und Bosheit zu ergehen.«
    Wenngleich sie sein Gesicht in der Dunkelheit nicht erkennen konnte, war doch sein amüsierter Tonfall unverwechselbar.
    »Ihr mögt Euch Euren Leidenschaften hingeben, wie es Euch gefällt, gnädige Frau. Wenn Ihr jedoch so zornig und haßerfüllt bleiben wollt, so solltet Ihr Euch mit dem Gedanken vertraut machen, erneut zum Werkzeug eines anderen zu werden.«
    »Euer Werkzeug, denkt Ihr wohl.« Wieder in Eiseskälte erstarrt, konterte Talith: »Was den Mißbrauch anderer Menschen betrifft, seid Ihr gewiß nicht kleinlich, sondern in unverzeihlicher Form rücksichtslos.«
    »Ich bediene mich lediglich Eurer Fehler«, korrigierte Arithon ungerührt. Er schleuderte sein Bündel auf die Pritsche, ehe er sich vorantastete und eine neue Kerze auf den Dorn des tropfenden Kerzenhalters spießte. Die junge Flamme umrahmte den Ausdruck maliziösen Sarkasmus’ in seinen Zügen, als er hinzufügte: »Ich weiß nicht, was Euch so sehr an Euer Mißtrauen bindet, und versucht bitte nicht, mich mit dem Hinweis auf Euren Gemahl in die Irre zu führen, meine Liebe. Ich war nie ein Freund von Schwächen, die sich allzu leicht in Abhängigkeiten wandeln lassen.«
    Von dieser unerfreulichen Wahrheit tief betroffen, duldete sie es still, als ihr Peiniger sich zu ihrem zerknautschten Bett herabbückte, das Bündel ergriff und die Knoten der Verschnürung löste.
    Drinnen, vom Schneider selbst kunstvoll gefaltet, lag ein Gewand aus prächtiger lohbrauner Seide, über und über mit Saphiren und Perlen verziert. Bis auf den letzten Edelstein glichen die Ornamente jenen, die sie zur Bezahlung der Überfahrt geopfert hatte. Arithon griff nach einer Falte des safranfarbenen Gewebes und ließ sie mit sinnlicher Geste durch seine Finger gleiten. »Den Rest Eures Goldes und Eurer Juwelen werdet Ihr zusammen mit der Garderobe erhalten, die jene ersetzen soll, die Ihr zerfetzt habt. Ich werde mich gewiß nicht des gemeinen Diebstahls bezichtigen lassen«, fuhr er fort, ehe er zum Schluß kam. »Das wäre eine Erniedrigung. Das Lösegeld wird für die Dienste der Näherin bezahlen, und mir bleibt noch genug, um meine Söldner zu entlohnen.«
    Zum ersten Mal in ihrem Leben war Talith überlistet worden, und ihr fehlten die passenden Worte, sich für die jüngste hinterlistige Schmach zu revanchieren. »Ist mir gestattet, ein Bad zu nehmen, ehe ich die Kleider wechsele?«
    »Aber selbstverständlich«, entgegnete Arithon s’Ffalenn. Ohne ein Wort über ihre erbärmlich
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