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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung
Autoren: Janny Wurts
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verstand und seine Verfolger beschämte, ja, allzu oft gar in peinliche Verlegenheit führte. Innerhalb von drei Stunden waren seine Wünsche jedermann bekannt. Ihm stand der Sinn nicht nach näheren Bekanntschaften, nicht nach weiblicher Gesellschaft und auch nicht nach einem Kreis begieriger Bewunderer. Auch würde er weder seine Gewalt über die Schatten noch seine Erziehung bei den Magiern in Dascen Elur jenseits des Westtores dazu mißbrauchen, eine Demonstration zur Belustigung der Gästeschar zu präsentieren.
    Das Kinn auf spitze Finger gestützt, beobachtete Eldir, wie seine Höflinge in niederschmetternder Weise zurückgewiesen wurden und seine Vergeltungsmaßnahme schlicht das Ziel verfehlte. Gedankenverloren ruhte der Blick aus den torfbraunen Augen auf dem Prinzen. »Euer Prinz ist gefährlich«, urteilte er Sethvir gegenüber mit schonungsloser Offenheit. »In seiner Brust schlägt kein Herz.«
    »Denkt Ihr das wirklich?« Ohne auf seinen langen Bart zu achten, der in Gefahr geriet, in der Soße zu landen, legte Sethvir eine Brotkruste zur Seite, ehe er sich zu deutlicheren Worten aufraffte. »Dann sollte ich Euch zu bedenken geben, daß Ihr einen Mann vor Euch seht, der zu lange gehetzt worden ist.«
    »Mein Caithdein, Machiel, verhält sich nicht so.« Mit der Messerspitze deutete Eldir auf Arithon, der sich in einer dunklen Ecke mit dem Rücken zur Wand niederließ, die Lippen in einem Ausdruck der Abscheu zu schmalen Strichen zusammengepreßt.
    Sethvirs Entgegnung fiel in besänftigender Ruhe. »Euer Reichsdiener hatte nur über sein Leben zu wachen. Dieser Prinz aber wird um seiner Seele willen belagert. Doch macht Euch selbst ein Bild.« Der Zauberer krümmte die Finger und winkte.
    So unauffällig die Geste schien, war sie Arithon doch nicht entgangen, und dem Hüter von Althain zum Gefallen eilte er mit scheinbar unvereinbarer Bereitwilligkeit herbei.
    »Die Förderung der Künste ist am Hof zu Ostermere noch nicht etabliert«, sagte er, als Arithon vor dem Podium stand. »Es mangelt an Reichtum, und die Handelsminister sind unkultivierte Männer. Selbst auf einen Barden muß seine Hoheit verzichten.« Nun ließ der Hüter des Althainturmes einen scharfen Verweis folgen, der Eldir erschrocken aufhorchen ließ. »Wenn Ihr schon nicht bereit seid, Euch in Konversation zu üben, so fordere ich Euch auf, Euch Eures Amtes zu besinnen. Ihr schuldet diesem Hof die Musik, die zu teilen ihr gelehrt wurdet.«
    Plötzlich spiegelte Arithons Haltung eisigen Zorn wider.
    Im Angesicht des s’Ffalennschen Zornes, nur einen halben Atemzug von einer Explosion entfernt, verzog Sethvir die Lippen zu einem Lächeln, das allein wegen seines Mitgefühls den Sieg davontrug. »Es schmerzt, ich weiß das, doch ich bitte Euch im Gedenken an Halliron. Dieses Reich ist neutral, und ich glaube, der alte Meister würde gewiß nicht wünschen, daß Euer Name aus den falschen Gründen geschmäht wird. Darum werdet Ihr spielen und nichts der Gnade und Ungnade herzlosen Geredes überlassen.«
    Den Pagen des Königs, der mucksmäuschenstill neben ihnen kauerte, wies er an: »Geh, hol eine Lyranthe.«
    Mit einem freundlichen Wort für den Knaben, jedoch ohne eine Verbeugung vor seiner Majestät, dem König, nahm Arithon bald darauf die Lyranthe entgegen. Selbst Sethvir jedoch würdigte er kaum eines Blickes. Er zitterte so sehr, daß es niemandem in seiner näheren Umgebung entgehen konnte. Ein Stuhl wurde herbeigebracht. Stumm setzte er sich und begann, die Lyranthe Saite um silbrige Saite zu stimmen.
    Dies war nicht das exquisite Instrument, daß er in der Vitrine der Kapitänskajüte auf seinem Zweimaster zurückgelassen hatte, und allein Talith und Sethvir teilten noch die Erinnerung an jene andere Lyranthe, die zu Etarra von Lysaers Hand in einem Anfall fluchgetriebener Gewalt zerschmettert worden war. Hier, an einem Ort, an dem ein unglückseliger Zufall reichte, auch die durchdachtesten Pläne zunichte zu machen, hatte Arithon sich entschlossen, die Kostbarkeit, die Halliron ihm hinterlassen hatte, keiner vermeidbaren Gefahr auszusetzen. Die Prinzessin wußte um seinen Rang als Barde, doch sie hatte ihn noch nie spielen hören; wie Eldir und seine Hofgesellschaft, wurde auch sie von dieser Erfahrung überwältigt.
    Seine Kunst zerriß ihre Herzen, ließ sie ausbluten, schlug sie mit der Mühelosigkeit einer natürlichen Brise in den Bann der betörend süßen Resonanz gleich dem leisen Klimpern zierlicher Münzen im Regen.
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