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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung
Autoren: Janny Wurts
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Miene strahlte sengenden Sarkasmus aus, als er in Begleitung der Prinzessin auf Deck erschien.
    Gemeinsam stiegen sie den Laufsteg hinunter, und Arithon hatte Mühe, unter all der üppigen Seide ihres Kleides Platz für seine Füße zu finden. Abfließendes Regenwasser von dem Baldachin vernebelte die Sicht, als er sich, anerkannter Thronfolger vor einem fremden Herrscher, respektvoll vor der ruhigen Gestalt König Eldirs verbeugte. Die beiden Männer hätten nicht unterschiedlicher sein können: Havishs gekrönter Regent, edel herausstaffiert, doch ein Musterbeispiel ungeschliffener, eherner Offenheit auf der einen Seite, der Herr der Schatten, hager, doch ausbalanciert wie eine todbringende Waffe, in dessen grünen Augen Funken des Spotts und der Selbstironie glitzerten, auf der anderen.
    Neben ihm die gnädige Frau Talith, deren Schönheit noch durch eine Haltung gekrönt wurde, die alles um sie herum verblassen ließ. Gleich einem Monument geopferten Stolzes wartete die geborene Etarranerin, während die königlichen Nachfahren von altem Blute Höflichkeiten austauschten, denen sie nur Verachtung entgegenbrachte.
    Als aber der Reichskanzler zu Havish sich räusperte, um den auswendig gelernten, formellen Gruß vorzutragen, begegnete der Herr der Schatten Eldirs ruhigem Blick, um gleich darauf mit gewinnender Ehrlichkeit das Wort zu ergreifen: »Ich denke, wir kommen auch ohne das Gerede aus. Das Wetter in Eurem Land rundet die ganze Sache wunderbar ab. Zweifellos bin ich der letzte lebende Geist, den ein König in dem edlen Reich zu Havish willkommen heißen sollte, hätte er denn die Wahl.«
    Ein Zucken kaum verhohlenen Erstaunens spielte um Eldirs Lippen. Viel zu sehr Mensch der Tat, als daß er diese Bemerkung für irgend etwas anderes als die schlichte Wahrheit hätte halten können, entgegnete er ohne eine Spur des Lächelns: »Mein Reich hat die Missetaten des Wahnsinnigen Propheten überstanden. Was könnt Ihr mit Euch bringen, das schlimmer wäre?«
    Arithons Lächeln bekam einen bösartigen Zug. Er trat vor, strich mit der flachen Hand über die tropfnassen Fransen des Baldachins, und kaum hatte der stete Wasserfall nachgelassen, da zog er die gnädige Frau in den Schutz des Leinendaches. »Ich bringe mit mir die Gemahlin Lysaer s’Ilessids.« Mit diesen Worten legte er Taliths zarte Finger in die Hand des jungen und plötzlich recht nervösen Hohekönigs zu Havish. »Prinzessin Talith, einst Talith von Etarra.«
    Beinahe hätte der staatsmännische Benimm einen Zusammenbruch erlitten. Eldir blieb die Luft weg, während sein starrer Blick an der lohbraunen Pracht vor seinen Augen klebte, und die Röte seiner Wangen hob sich schaurig vor der seines Wappenrocks ab. Perplex wie er war, fand er keine Worte für eine geistreiche Entgegnung, als Arithon ihm reumütig gestand, daß auch Dakar zur Delegation Rathains gehörte, wenn er auch derzeit noch im Laderaum war und die Arbeiten beim Löschen der Ladung königlicher Gaben beaufsichtigte, deren Hufe in ungehaltenem Zorn über die Planken im Bauch der Khetienn donnerten.
    Unfähig, eine würdevolle Haltung aufrechtzuerhalten, gab sich König Eldir einem seltenen Heiterkeitsausbruch hin und lachte aus vollem Hals. »Seid willkommen in meinem Königreich, gnädige Frau Talith«, begrüßte er sodann seinen unfreiwilligen Gast. »Dem Quacksalber, der Euch zu mir gebracht hat, werde ich die gleiche Höflichkeit erweisen, sobald er sich besserer Manieren befleißigt und Euch nicht länger als Quell potentieller Schwierigkeiten ankündigt.«
    Peinliches Schweigen beantwortete seine Herausforderung, und der Augenblick zog sich im prasselnden Regen dahin, während die Herren Minister die behüteten Häupter schüttelten, der Reichskämpe sich den Kopf verdrehte, um besser zu sehen, und der Caithdein die größte Weitsicht zeigte, indem er näher an seinen König herantrat und Arithon, dessen Haltung plötzlich ausnehmend steif war, nicht mehr aus den kühl dreinblickenden Augen ließ. Doch der Herr der Schatten hatte keineswegs Anstoß genommen. Vielmehr hatte sein Blick die Delegation gestreift und war an einer verschrumpelten Gestalt im Hintergrund hängengeblieben.
    Zwischen all den Juwelen, dem feuchten Samt und der anderen Pracht, trat, eingezwängt wie ein zerknitterter alter Lumpen, Sethvir aus der Bruderschaft näher. Mochte der Zauberer sich auch dafür entschieden haben, seinen Willkommensgruß als letzter zu entrichten, war doch die Wirkung seines
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